12. Januar 2021

Indien als wachsende Wirtschaftsmacht in den 2020er Jahren? Chancen für investierende Unternehmen

Kategorien: Allgemein

Im ersten Teil zum potentiellen „indischen Jahrzehnt“ haben wir Ihnen einen Überblick über die Ausgangslage des Subkontinents und seiner Bevölkerung gegeben. Nun folgt ein weiterer Blick in die Details, die Voraussetzungen für eine mögliche indische Dekade sowie eine Einschätzung, mit der wir die Frage, ob sich Indien als wachsende Wirtschaftsmacht in den 2020er Jahren etablieren kann, beantworten.

Die notwendigen Voraussetzungen

Viel wird in den kommenden zehn Jahren davon abhängen, wie und ob die politische und wirtschaftliche Elite Indiens es schafft, die Rendite-hungrigen globalen Finanzmärkte davon zu überzeugen, in diese junge Nation zu investieren, die gleichzeitig zu den ältesten Zivilisationen des Planeten gehört. Möglich ist dies, wenn das verfügbare Kapital in Indien richtig eingesetzt wird. Denn es warten ein großer Konsum-getriebener Markt mit einer Bevölkerung, die zu 70 Prozent aus jungen, arbeitsfähigen Menschen besteht. Zusätzlich verfügt Indien über Land, Bodenschätze und andere natürliche Ressourcen. Die Voraussetzungen sind also gut, als Unternehmen in Indien eine hohe Rendite zu erzielen.

Indien als wachsende Wirtschaftsmacht nach der Corona-Pandemie

Einige Überlegungen, die für die Beurteilung eines “post-Corona-Indiens” relevant sein könnten, stellen wir im folgenden dar:

  1. Der Rohölpreis hat sich innerhalb der letzten 36 Monate halbiert. Da dies der größte Importposten der indischen Außenhandelsbilanz ist, spart Indien zukünftig Geld. Außerdem besitzt das Land mit 580 Milliarden US-Dollar ein Allzeithoch an Devisenreserven. Klar ist, dass Indien viele der Rohstoffe, die es benötigt, weiterhin importieren muss. Gleichzeitig exportiert das Land aber in hohem Maße Dienstleistungen und Produkte. Besonders im Fokus dabei stehen die Bereiche Pharma und Biomedizin. Experten schätzen, dass diese Produktgruppen zusammen mit Dienstleistungen zu den wichtigsten Waren im kommenden Jahrzehnt gehören werden.
  1. Das indische Gesundheitswesen ist seit Beginn der Pandemie deutlich robuster geworden. So wurde unter anderem ein verbesserter Zugang zu Intensivstationen ermöglicht und die landesweite Gesundheitsinfrastruktur deutlich gestärkt. Gleichzeitig hat Indien das Gesundheits- sowie Pflegepersonal drastisch aufgestockt. In Summe gab es deswegen auf dem Subkontinent im Jahr 2020 weniger als 100 Corona-Tote pro eine Million Einwohner. Indien belegt damit Platz 65 der „Covid-Mortalitäts-Weltrangliste“.
  1. Die Skepsis der Welt gegenüber China wird aufgrund der intransparenten Informationspolitik hinsichtlich des Beginns der Corona-Pandemie anhalten. Daher besteht weltweit der Trend, das Risiko langer Lieferketten zu verringern. Diese Gelegenheit wird Indien nutzen. Denn die indische Regierung ist unter anderem dabei, zahlreiche Arbeitsmarktreformen umzusetzen und den Startup-Bereich zu fördern.
  1. Indien arbeitet seit eineinhalb Jahrzehnten an stabilen fiskal- und geldpolitischen Grundlagen. Außerdem wird Bürokratie abgebaut und das Steuersystem vereinfacht. Eine starke digitale Infrastruktur für Bank- und Finanzdienstleistungen, eine hohe und eine wachsende Startup-Szene werden langfristig Wachstumsfaktoren sein.

Unsere Einschätzung

Zusammenfassend kann man sagen, dass es in Indien gleich mehrere starke Treiber gibt, die für ein „indisches Jahrzehnt“ sorgen könnten. Um das zu erreichen wird es allerdings stark darauf ankommen, wie die Regierung und die Gesellschaft insgesamt mit den Hauptrisiken umgehen, die dieses Ziel gefährden.

So wird wird Indien den Bankensektor stabilisieren müssen. Es werden Lösungen für eine schleppende Kreditvergabe sowie die signifikante Zahl notleidender Kredite in den Bilanzen der Banken zu finden sein. Erst dann wird das Vertrauen in das Wachstum Indiens und die notwendige Investitionssicherheit wiederhergestellt werden.

Auch wird Indien zur Versorgung der eigenen Bevölkerung den Weg der bereits begonnenen Agrarreformen stark beschleunigen müssen. Durch die angestrebte Verringerung der Abhängigkeit des Sektors von der Monsunzeit werden sich hier jedoch enorme Chancen für die deutsche Wirtschaft im Export von Agrartechnologie und -chemie ergeben.

Auch andere Sektoren bieten attraktive Wachstumsperspektiven. Prominent unter ihnen sind Biotechnologien, erneuerbare Energien, Gesundheitswesen, Infrastruktur, Bildung und Finanzdienstleistungen. Für diese Sektoren gibt es mehrere langfristige Faktoren, wie eine große Bevölkerung, die Produkte und Dienstleistungen benötigt, eine unterversorgte Verbraucherbasis, eine angemessene Ressourcenverfügbarkeit, günstige politische Rahmenbedingungen und andere Faktoren.

Angesichts der mit Liquidität überfluteten Finanzmärkte wird es weiterhin einen Trend zu Investments in Volkswirtschaften mit gesunden Fundamentaldaten geben. Indien bietet diese Plattform durch eine junge, konsumbereite Bevölkerung, einen hohen Grad an  Anpassungsfähigkeit sowie durch die Verfügbarkeit kostengünstiger qualifizierter Talente.

Sollten Sie Interesse haben in Indien zu investieren oder Geschäftsbeziehungen dorthin aufzunehmen, sprechen Sie uns gerne an.

 

Dheeraj Rathi und Johannes Dähnert

 

Johannes Dähnert

CSO, CCO, CHRO, Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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