4. März 2021

So meistern Sie die größten Herausforderungen beim Aufeinandertreffen von Erb- und Gesellschaftsrecht

Kategorien: Allgemein

Erbrecht und Gesellschaftsrecht sind vom Gesetz nicht aufeinander abgestimmt. Treffen sie aufeinander kann es zu Interessenkollisionen kommen. Erfahren Sie, was die größten Herausforderungen beim Aufeinandertreffen von Erb- und Gesellschaftsrecht sind und wie Sie diese meistern.

Das sind die größten Herausforderungen beim Aufeinandertreffen von Erb- und Gesellschaftsrecht

Die größten Herausforderungen

  1. Das materielle Erbrecht muss mit abweichenden Wünschen und Zielvorgaben des/der zukünftigen Erblasser:in vereinbart werden.
  2. Die engen Bezüge und Wechselwirkungen zum Handels- und Gesellschaftsrecht sind zu beachten.
  3. Besondere Achtsamkeit verlangen Konstellationen, in denen Unternehmensanteile zum Nachlass des/der Erblasser:in gehören.

In der Praxis zeigt sich zunehmend, dass letztwillige Verfügungen des/der Erblasser:in nicht hinreichend mit den spezifischen gesellschaftlichen Regelungen harmonisiert sind. Hier erfahren Sie, wann derartige Kollisionsfälle entstehen können und was Sie für eine Synchronisation unbedingt beachten sollten.

Herausforderungen beim Aufeinandertreffen von Erbrecht und Gesellschaftsrecht: Gesamtrechts- oder Sonderrechtsnachfolge?

Der zivilrechtliche Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge (sog. Universalsukzession) sieht vor, dass mit dem Tod einer Person deren Vermögen als Ganzes auf den Erben übergeht. Gibt es mehrere Erbinnen und Erben, geht der gesamte Nachlass ungeteilt auf die Gemeinschaft der Erbinnen und Erben über. Es entsteht gemeinschaftliches Eigentum, das sogenannte Gesamthandseigentum.
Anteile an Kapitalgesellschaften unterliegen der Universalsukzession und fallen bei mehreren Erb:innen immer in die Erbengemeinschaft. Auch ein Einzelunternehmen unterliegt der erbrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge.
Abweichend davon kann ein:e Erb:in meist nicht ohne besondere, explizite Regelung in eine Gesellschaft eintreten. Anteile an Personengesellschaften unterliegen der Einzelrechtsnachfolge (Singularsukzession). Das bedeutet, dass sich neben den begünstigten Erbinnen und Erben zusätzlich eine Erbengemeinschaft über den sonstigen, von der Einzelrechtsnachfolge nicht betroffenen Nachlass bilden kann, zu der auch die oder der Einzelrechtsnachfolger:in selbst gehören kann.

Zur Sicherstellung, dass auch nach dem Todesfall einer Gesellschafterin oder eines Gesellschafters die Gesellschaft unproblematisch mit den gewünschten Erbinnen und Erben fortgeführt werden kann, müssen die Gesellschafter:innen eine für sie passende Vertragsgestaltung in Form von sogenannten Fortsetzungs-, Eintritts-, oder Nachfolgeklauseln wählen.

Herausforderungen beim Aufeinandertreffen von Erb- und Gesellschaftsrecht: So harmonisieren Sie Testament und Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag

Die Abstimmung der letztwilligen Verfügung der Gesellschafterin oder des Gesellschafters einer Personengesellschaft mit den Regelungen des Gesellschaftsvertrags steht an vorderster Stelle. Eine mangelhafte Synchronisation kann im Ernstfall zu einem Verlust des Gesellschaftsanteils führen, denn die Gestaltungsüberlegungen der Erblasserin oder des Erblassers unterliegen dem Erb- als auch dem Gesellschaftsrecht. Dabei sind die Bestimmungen des Gesellschaftsrechts vorrangig zu beachten. Konkret: Die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen legen fest, inwiefern die Mitgliedschaft an einer Gesellschaft vererblich ist. Das Erbrecht baut auf dieser Prämisse auf und kann nur insoweit ausgestalten, wie es das Gesellschaftsrecht vorsieht.

Herausforderungen beim Aufeinandertreffen von Erbrecht und Gesellschaftsrecht: Individualvertragliche Gestaltung durch die Gesellschafter:innen

Nach dem Tod eines Gesellschafters oder einer Gesellschafterin wird die Gesellschaft gemäß den §§ 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) fortgesetzt, wenn dies im Gesellschaftsvertrag bestimmt ist. Für die Gesellschafter:innen besteht aufgrund der Vertragsautonomie die Möglichkeit, die Frage der Vererbung von Gesellschaftsanteilen individualvertraglich im Gesellschaftsvertrag zu regeln. Dabei können sie ihre individuellen Vorstellungen einbringen. Zudem ist es möglich, die Nachfolgefrage für jede:n Gesellschafter:in gesondert zu formulieren. Die verschiedenen Ausgestaltungen bringen Vor- und Nachteile mit sich.

Unsere Einschätzung

Aufgrund der mannigfaltigen Fallgestaltungen muss stets eine Prüfung des Einzelfalls erfolgen, damit die erbrechtlichen Überlegungen nicht ins Leere laufen und der Verlust eines Gesellschaftsanteils vermieden werden kann.
Sie sollten zunächst prüfen, ob ihr Gesellschaftsvertrag eine Erbklausel (im weitesten Sinne) enthält. Einem möglichen Spannungsfeld zwischen der gewünschten testamentarischen Regelung mit den Interessen des Unternehmens bzw. dem Gesellschaftsvertrag sollte frühzeitig vorgebeugt werden, um allen Interessen gerecht zu werden.

Sprechen Sie uns an. Wir helfen Ihnen gerne dabei, die vermeidbaren Untiefen sicher zu umschiffen.

 

Johannes Dähnert

CSO, Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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