7. September 2021
Abschluss eines Maklervertrags – auch ohne Unterschrift wirksam
Das Oberlandesgericht Dresden hat einen Beschluss gefasst, der aufhorchen lässt. Die Kammer ist der Meinung, dass ein Vertrag mit einem Makler oder einer Maklerin bereits dann zustande kommt, wenn jemand seine Kontaktdaten auf dessen oder deren Internetpräsenz hinterlässt und dann von dem oder der Makler:in angerufen wird. Details dazu finden sich unter dem Aktenzeichen 4 U 2372/20. Doch was bedeutet es konkret, wenn der Abschluss eines Maklervertrags auch ohne Unterschrift wirksam ist?
Neue digitale Vertriebswege für Versicherungsvermittler:innen
Die Pandemie hat das Thema Digitalisierung in das Bewusstsein der Bevölkerung gerückt. Entsprechend nutzen auch Versicherungsvermittler:innen vermehrt digitale Vertriebswege zur Gewinnung von Neukund:innen. Ein Weg sind repräsentative Internetseiten. Darauf finden potenzielle Kund:innen dann Kontaktformulare, die sie ausfüllen können. Ein Urteil des OLG Dresden bestätigt jetzt, dass die Zeiten, in denen Vermittler:innen zum Vertragsschluss persönlich und physisch Kontakt zu neuen Kund:innen aufnehmen müssen, vorbei sind. Allerdings birgt diese Entwicklung auch Gefahren. Denn der Kontakt zu Kund:innen ist keine Einbahnstraße, wie das Dresdner Oberlandesgericht nun ausführt.
Schadenersatz nur bei wirksamen Vertragsabschluss
Im Verfahren hatte sich das OLG Dresden mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein Versicherungsmaklervertrag auch ohne Unterzeichnung einer Maklervollmacht geschlossen werden kann. Im zu entscheidenden Fall hatte ein Versicherungsinteressent im Rahmen einer Recherche seine Kontaktdaten auf der Internetseite eines Maklerverbundes hinterlassen. Daraufhin hatte sich ein Versicherungsmakler telefonisch bei dem Interessenten gemeldet. Es folgte ein Austausch über den Wunsch des Interessenten. Dabei ging es um den Wechsel der Krankenversicherung. Der Makler teilte dem Interessenten abschließend mit, dass aufgrund etwaiger erheblicher Vorerkrankungen ein Wechsel aktuell nicht in Betracht käme. Tatsächlich ist jedoch im Rahmen einer Öffnungsaktion für Erst-Verbeamtete ein Wechsel in die private Krankenversicherung auch ohne Leistungsausschlüsse und ohne Risikoprüfung mit einem Beitragszuschlag von maximal 30 Prozent innerhalb der ersten sechs Monate möglich. Deshalb nahm der Interessent eine Falschberatung an und machte Schadensersatzforderungen gegen den Versicherungsmakler geltend. Grund: Dieser habe es unterlassen, ihn auf die Öffnungsaktion bei privaten Krankenversicherungen hinzuweisen. Der Makler vertrat hingegen die Auffassung, dass kein Versicherungsmaklervertrag geschlossen worden sei, weil keine Maklervollmacht unterzeichnet wurde. Der sei jedoch Voraussetzung für etwaige Schadensersatzforderungen.
Makler haftet auch ohne unterzeichnete Maklervollmacht
Das OLG Dresden folgte der Auffassung des Versicherungsinteressenten. Demnach ist eine unterschriebene Maklervollmacht keine zwingende Voraussetzung für den Abschluss eines Versicherungsmaklervertrages. Die Anfrage des Interessenten habe auf die Vermittlung eines Krankenversicherungsvertrages abgezielt. Für den Vermittler sei dabei erkennbar gewesen, dass der Interessent wegen einer anstehenden Verbeamtung in eine private Krankenversicherung wechseln wollte. Deshalb wollte er den Vermittler mit dem Nachweis einer dementsprechenden Abschlussmöglichkeit und einem Vergleich von verschiedenen Krankenversicherern beauftragen. Das Hinterlassen der Kontaktdaten auf der Internetpräsenz des Maklerverbundes und die anschließende telefonische Kontaktaufnahme durch den Makler sind laut Gericht ausreichend für die Annahme eines Rechtsbindungswillens hinsichtlich eines Vertragsabschlusses gewesen.
Unsere Einschätzung
Das Urteil zeigt, wie die Digitalisierung verstärkt neue Vertriebswege schafft, auf die sich die Vertragsparteien einstellen müssen. Um einer Haftung wegen einer Vertragspflichtverletzung vorzubeugen, müssen Versicherungsvermittler:innen in diesem Rahmen darauf achten, dass sie ihren Beratungs- und Dokumentationspflichten auch weiterhin hinreichend nachkommen. Denn keinesfalls dürfen ungewohnte Vertriebswege zu einem fahrlässigen Umgang diesbezüglich führen. Entsprechend hat das OLG Dresden ausgeführt, dass der Versicherungsvermittler sich gerade nicht darauf berufen könne, er habe lediglich im Rahmen eines Online-Vertriebes unverbindlich als sogenannter “Tippgeber” tätig sein wollen.
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