16. April 2021
Berliner Mietendeckel verfassungswidrig: Was das Urteil in der Praxis bedeutet
Der Berliner Mietendeckel ist verfassungswidrig. So hat es das Bundesverfassungsgericht entschieden. Erfahren Sie, was das Urteil für Vermieter:innen und Mieter:innen bedeutet.
Die Verfassungsrichter:innen in Karlsruhe verwiesen in ihrer Entscheidung auf das durch den Bund geregelte Mietpreisrecht. Vielen Mieter:innen drohen nun hohe Nachzahlungen.
Was regelte der Berliner Mietendeckel?
Der Berliner Mietendeckel war eingeführt worden, um die immer stärker steigenden Mietpreise in der Hauptstadt bezahlbar zu machen. Die Mieten wurden auf dem Stand von Juni 2019 eingefroren, teilweise mussten Vermieter:innen die Mieten sogar senken. Zweifel an der Notwendigkeit des Mietendeckels hatte es bereits im Gesetzgebungsverfahren gegeben. Schließlich existiert auf Bundesebene mit der Mietpreisbremse bereits eine umfassende Regelung, um dem Problem zu begegnen.
Wieso das Bundesverfassungsgericht den Berliner Mietendeckel gekippt hat
Nun hat das Bundesverfassungsgericht entschieden: Das Land Berlin hat seine Kompetenzen überschritten und hätte das Gesetz zur Mietbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG Bln) nicht erlassen dürfen. (Beschluss des Zweite Senats des Gerichts: BVerfG, Beschl. v. 15.04.2021, Az: 2BvF 1/20, 2BvL 4/20 und 2 BvL 5/20). Wer nun seine gesparte Miete nicht zurückgelegt hat, wie es vom Berliner Senat aufgrund der ausstehenden juristischen Klärung empfohlen wurde, hat jetzt ein Problem.
Das Bundesverfassungsgericht ist in seiner Entscheidung eindeutig, argumentiert aber allein formell: Das Land Berlin durfte die Regelung zum Mietendeckel nicht treffen, weil es die Kompetenz dazu nicht besitzt. Die Berliner Regelungen zum Mietrecht unterfallen der sogenannten „konkurrierenden Gesetzgebung“, so das Bundesverfassungsgericht. Trifft der Bund hier für einen Bereich eine abschließende Regelung, entfällt die Regelungsbefugnis der Länder.
Aus der Sicht der Karlsruher Richter:innen hat der Bund mit der „Mietpreisbremse“ die im Jahr 2015 sogar im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert wurde, eine abschließende Regelung getroffen. Dabei verweist das Bundesverfassungsgericht darauf, wie umfangreich die Regelungen zur Mietpreisbremse in den §§ 556ff. BGB festgelegt wurden. Für eine Berliner Regelung auf Landesebene besteht also kein Spielraum.
Was bedeutet das Urteil für Vermieter:innen und Mieter:innen?
Eine Übergangsvorschrift wird es nicht geben. Der Landesgesetzgeber wird auch nicht nachbessern können. Am Bundesverfassungsgericht sind derzeit noch elf weitere Normenkontrollverfahren und rund 30 Verfassungsbeschwerden zum Berliner Mietendeckel anhängig. Wie hier nun entschieden wird, ist seit dem 15. April 2021 klar.
Die Mieter:innen werden den Vermieter:innen die Miete entsprechend den ursprünglich vereinbarten Mietverträgen nachzahlen müssen.
Unsere Einschätzung
Der Berliner Bausenator Sebastian Scheel (Linke) kündigte an, der Senat werde nun über Konsequenzen beraten. Es gehe nun darum, “sozial verträgliche Lösungen für Mieterinnen und Mieter zu entwickeln”. Nachdem das Bundesverfassungsgericht dem Land Berlin die Gesetzgebungskompetenz abgesprochen habe, sei es “die Aufgabe des Bundes, entweder ein wirkungsvolles Mietpreisrecht zu schaffen, das die soziale Mischung in den Städten sichert oder aber den Ländern die Kompetenz dafür zu übertragen.”
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist formaljuristisch korrekt. Inhaltlich haben die Karlsruher Richter:innen keine Stellung zu dem Mietendeckel bezogen.
Festzuhalten bleibt, dass der Berliner Senat einen juristisch nicht zu Ende gedachten Alleingang probiert hat. Die Leidtragenden sind nun die Mieter:innen, die man eigentlich schützen wollte. Sie müssen hohe Nachzahlungen fürchten. Generell sind zu starke Eingriffe in den Markt, wie sie der Mietpreisdeckel vorsah, aus unserer Sicht nicht geeignet, die ohne Zweifel bestehenden Probleme zu lösen. Sie führen zu Verunsicherungen und dem Stopp von Investitionen. Statt zu regulieren sollten nun Anreize für Investoren gesetzt werden, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.