Betriebsprüfungen: Zwei neue BMF-Schreiben
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21. September 2023

Betriebsprüfungen: Zwei neue BMF-Schreiben

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Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat zwei neue Schreiben zur Betriebsprüfung veröffentlicht. Eins beschäftigt sich mit betriebswirtschaftlichen Begriffen, die in der steuerlichen Außenprüfung verwendet werden. Das andere behandelt die in der Betriebsprüfung eingesetzten IT-gestützten, betriebswirtschaftlichen sowie statistischen Prüfungsmethoden. Damit können die Besteuerungsgrundlagen des Steuerpflichtigen erprobt und auf Plausibilität geprüft werden. Hier finden Sie einen Überblick.

BMF-Schreiben 1: Zusammenstellung betriebswirtschaftlicher Begriffe für die Außenprüfung

Das BMF-Schreiben vom 05.09.2023 (IV D 3 – S 1445/20/10007 :005) ersetzt das Schreiben vom 11.11.1974. Es ist eine Zusammenstellung betriebswirtschaftlicher Begriffe, die Prüfer:innen in der steuerlichen Außenprüfung verwenden sollen. Es ist also ein Leitfaden auf 22 Seiten, mit dem Begriffe einheitlich ausgelegt werden können.

Die Zusammenstellung reicht von der steuerlichen Prüfungstechnik (Betriebsvergleich) bis zu allgemeinen betriebswirtschaftlichen Begriffen. Sie wurden unter Berücksichtigung der Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (LSP) nach der Anlage zur Verordnung PR Nr. 30/53 vom 21. November 1953 (Bundesanzeiger Nr. 244 vom 18. Dezember 1953) und den zwischenzeitlich dazu ergangenen Änderungsverordnungen ausgewählt.

Welche Begriffe werden im BMF-Schreiben definiert? 

Hier eine kleine Auswahl:

  • Steuerliche Kennzahlen
  • Ist-/Sollumsatz
  • Wirtschaftlicher Umsatz
  • Waren-(Material-)Eingang
  • Fremdleistungen
  • Wirtschaftlicher fertigungslohn
  • Wirtschaftlicher Rohgewinn
  • Rohgewinnsatz
  • Wirtschaftlicher Reingewinn

BMF-Schreiben 2: Quantitative Prüfungsmethoden in der steuerlichen Außenprüfung

Das zweite BMF-Schreiben vom 05.09.2023 (IV D 3 – S 1445/20/10007 :006) gibt eine Zusammenstellung zu den automationsgestützten quantitativen Prüfungsmethoden in der steuerlichen Außenprüfung und erläutert anschließende Schätzungsmethoden.

Die beschriebenen Prüfungsmethoden des BMF-Schreibens sind:

Zeitreihenanalyse (Zeitreihenvergleich)

Betriebswirtschaftliche Daten werden dabei in einem Diagramm periodisch auf einer Zeitachse aufgetragen, um Trends, Schwankungen und Ausreißer in Datenreihen sichtbar zu machen.

Ziffernanalyse

Prüfer:innen wenden Analyse der Zahlenstruktur der zu prüfenden Daten wird insbesondere bei Bargeldumsätzen an. Das soll Auffälligkeiten bei der Verwendung oder Nichtverwendung bestimmter Ziffern oder Ziffernfolgen aufzeigen. Empirischen Forschungen zur Folge weisen die „Erstziffer“ und „Zweitziffer“ in Wirtschaftsdaten eine Häufigkeitsverteilung auf, die deutlich von der zufälligen Gleichverteilung abweicht und sich in einer einheitlichen Funktion beschreiben lässt („Benford-Gesetz“ oder „Newcomb-Benford-Law“). Die Häufigkeitsverteilungen kann man mittels „Chi-Quadrat-Anpassungstest“ (gesamte Ziffernverteilung) oder „Binomialverteilung” (einzelne Ziffern) bewerten.

Wenn zum Beispiel Bareinnahmen auffällig häufig auf der Ziffer „3“ enden, könnte dies darauf hindeuten, dass „die Kasse“ ausgedacht wurde und dabei unbewusst die Ziffer 3 viel zu häufig verwendet wurde.

Struktur- und Verteilungsanalyse

Hier werden die zu untersuchenden Daten nach Klassen sortiert und ausgezählt, um die aufgetretene Verteilung mit der erwarteten Verteilung zu vergleichen. Ziel ist das Aufdecken von Unregelmäßigkeiten, die auf mögliche Fehler oder Manipulationen hinweisen. Durch die Struktur- und Verteilungsanalyse werden vergleichbare Daten nach gleichmäßigen Werteklassen ausgewertet und als Diagramm dargestellt. Für stark asymmetrische Verteilungen werden logarithmisch gleichmäßig definierte Werteklassen verwendet.

Summarische Risikoprüfung (SRP)

Das ist ein System von quantitativen Prüfungsmethoden, das verschiedene einzelne quantitative Prüfungsmethoden in systematischen Prüfungen miteinander verknüpft und durch IT-gestützte Vorlagen unterstützt. So sollen einzelfallbezogene Prüffelder festgestellt und eingegrenzt werden können.

Stichprobenverfahren

Stichprobenverfahren sind statistische Methoden, die zur Überprüfung der Richtigkeit oder der Plausibilität von Daten genutzt werden. Es wird eine zufällig ausgewählte Teilmenge des Datenbestands analysiert, um Rückschlüsse auf den Gesamtdatenbestand zu ziehen. Hierzu gehört insbesondere das „Monetary Unit Sampling“ (MUS). Das ist eine Methode, die auf der Grundlage mathematisch-statistischer Auswertung einer qualifizierten Zufallsstichprobe eines Prüffeldes Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit zulässt. Die Methode wird bei großen Datenmengen und einer geringen Fehlererwartung eingesetzt. Beispielsweise beim Vorsteuerabzug, bei der Steuerfreiheit von Umsätzen oder bei der Rückstellungsprüfung.

Schätzungsmethoden

Nach der Prüfung kann eine Schätzung vorgenommen werden. § 162 AO gibt dazu die Möglichkeiten. Besteht dem Grunde nach die Notwendigkeit, eine Schätzung durchzuführen, so können quantitative Prüfungsmethoden zur Auswahl der geeigneten Schätzungsmethode herangezogen werden.

BMF-Schreiben: Folgende Schätzungsmethoden sind denkbar

Diese Zusammenstellung soll nicht als abschließend verstanden werden:

Zeitreihenbasierte Schätzung

Ergebnisse von Zeitreihenanalysen bilden die Grundlage für die Festlegung der Hinzuschätzungshöhe. Diese Schätzungsmethode basiert auf betriebsinternen Daten und sollte deshalb externen Ansätzen vorgezogen werden. Bei der zeitreihenbasierten Schätzung können betriebliche Besonderheiten berücksichtigt und verbleibende Unsicherheiten in einer Sensibilitätsanalyse, unter Umständen mit Sicherheitsabschlägen, berücksichtigt werden.

Quantilsschätzung

Dies ist eine Schätzungsmethode zur internen Ermittlung einer sachgerechten Schätzungshöhe mit Hilfe von betriebswirtschaftlichen und statistischen Standardwerkzeugen. Dazu werden Prozentränge (Quantile) als Ausgangswerte genutzt. Für die Ermittlung einer sachgerechten Schätzungshöhe, zum Beispiel für den Rohgewinnaufschlagssatz, können in den Datenbestand alle konkreten Erkenntnisse eingepflegt werden, die durch Prüfungsmaßnahmen beziehungsweise durch die Mitwirkung des Steuerpflichtigen gewonnenen worden sind.

Schätzung nach Monetary Unit Sampling

Wenn bei der Überprüfung einer Stichprobe in den Daten materielle Mängel festgestellt werden, kann die ursprüngliche Hypothese zum Prüffeld nicht mehr aufrechterhalten und das Prüffeld nicht als ordnungsgemäß anerkannt werden. Wenn die im Prüffeld vorhandenen Fehler nicht vollständig identifiziert werden können und eine Behebung der Fehler nicht möglich ist, muss der geschätzte Betrag der Fehler berechnet werden. MUS bietet hierzu die Möglichkeit, den Anteil der Fehler in der Stichprobe auf die Gesamtheit zu extrapolieren.

Wahl der Schätzungsmethode

Die Wahl der geeigneten Schätzungsmethode hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Der Steuerpflichtige hat keinen Anspruch auf eine bestimmte Schätzungsmethode. Die Auswahl der Schätzungsmethode liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde.

Unsere Einschätzung

Die BMF-Schreiben geben Definitionen und Beschreibungen für Leser:innen wieder, die im Regelfall mit der Materie ohnehin vertraut sind. Steuerpflichtige, die sich noch nie damit auseinandergesetzt haben, finden schwer Zugang. Somit ist das Schreiben in erster Linie für die Finanzbeamt:innen und Steuerberatungen gedacht. Aber beachten Sie: Sollte sich bei den Prüfmethoden Auffälligkeiten ergeben, müssen Betriebsprüfer:innen immer noch konkrete formelle oder materielle Fehler für eine Hinzuschätzung finden.

Haben Sie Fragen? Sprechen Sie uns einfach an.

Lars Rinkewitz

Prokurist, Steuerberater, Diplom-Kaufmann

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