Der Eigentumsvorbehalt in der internationalen Rechnungslegung
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15. November 2023

Der Eigentumsvorbehalt in der internationalen Rechnungslegung

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Der Eigentumsvorbehalt gemäß § 449 BGB ist die häufigste Schutzform für deutsche Verkäufer und Lieferanten von Waren und wird regelmäßig in allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart. Im internationalen Umfeld gibt es immer wieder Zweifel bei der Umsatzrealisierung. Was ein Eigentumsvorbehalt ist und wie er sich auf international agierende Unternehmen auswirkt, erfahren Sie hier. 

Was bedeutet Eigentumsvorbehalt?

Der Eigentumsvorbehalt gemäß § 449 BGB bedeutet, dass der Verkäufer bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises oder bis zur Erfüllung anderer vereinbarter Bedingungen vorläufig Eigentümer der Sache bleibt. Der Verkäufer übt weiterhin das Eigentumsrecht aus, während der Käufer Eigentümer ist. Sobald die Ware vollständig bezahlt ist, geht sie in das Eigentum des Käufers über. Damit der Eigentumsvorbehalt gültig ist, müssen beide Parteien zustimmen. Die Einzelheiten werden in einem Vertrag festgelegt. Dort ist auch geregelt, dass der Vorbehaltsverkäufer berechtigt ist, die gelieferten Waren bei Rücktritt vom Vertrag wieder in unmittelbaren Besitz zu nehmen.

 449 BGB bezieht sich auf „bewegliche Sachen“. Ein Eigentumsvorbehalt an unbeweglichen Sachen oder Rechten wie Immobilien oder Patentrechten ist nicht möglich.

Unterschiedliche Ausgestaltungen des Eigentumsvorbehalts 

Der Gesetzgeber unterscheidet drei Arten des Eigentumsvorbehalts:

Einfacher Eigentumsvorbehalt

Die Ware geht erst mit vollständiger Bezahlung in das Eigentum des Käufers über. Der Eigentumsvorbehalt gilt daher bis zur Tilgung sämtlicher Schulden. Der einfache Eigentumsvorbehalt kann auch dann erlöschen, wenn die Sache an einen gutgläubigen Dritten weiterveräußert oder die Sache weiterverarbeitet wird. Der Eigentumsvorbehalt erlischt, wenn die Sache zerstört oder verbraucht wird.

Verlängerter Eigentumsvorbehalt

Der Verkäufer bleibt Miteigentümer der verarbeiteten oder weiterverkauften Produkte, bis die zur Herstellung der Waren verwendeten Materialien vollständig bezahlt sind. Der Vorteil für den Käufer ist, dass der Verkaufserlös zur Begleichung von Rechnungen verwendet werden kann.

Erweiterter Eigentumsvorbehalt

Die Ware bleibt Eigentum des Verkäufers, bis der Käufer alle Rechnungen bezahlt hat.

Auswirkungen des Eigentumsvorbehalts auf die Umsatzrealisation nach HGB und IFRS

Der Eigentumsvorbehalt ist ein Instrument der Warenkreditsicherung. Der Verkäufer hat das Recht, wenn der Kunde die Ware nicht bezahlt, vom Kaufvertrag zurückzutreten und die Ware zurückzunehmen. Auf die Umsatzrealisation wirkt sich die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts nicht aus, da diese nicht unmittelbar auf die Übertragung des Eigentums abstellt. Stattdessen ist sie vielmehr darauf aus, dass der Verkäufer dem Käufer die Ware frei von Sach- und Rechtsmängeln geliefert hat. In der HGB-Rechnungslegung werden auch Umsatzerlöse ausgewiesen, wenn für die gelieferten Waren noch der Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Bezahlung durch den Käufer gilt.

In der internationalen Rechnungslegung nach IFRS ist dies nicht anders. Auch hier gilt: Der Verkäufer realisiert den Umsatz, wenn er durch Lieferung der Ware eine Leistungsverpflichtung gemäß IFRS 15.31 erfüllt hat. 

Umsatzerlöse, die auch bei Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts im handelsrechtlichen Jahresabschluss ausgewiesen werden, dürfen im Financial Reporting nach IFRS angegeben werden. Eine Abweichung zwischen den beiden Rechnungslegungsstandards liegt hier nicht vor.

Eigentumsvorbehalt: Ausweis des Vorratsvermögens

Gleiches gilt auch für den Ausweis von Waren, die bis zur vollständigen Bezahlung im Eigentum des Verkäufers bleiben. Der Käufer bilanziert diese und die korrespondierende Verbindlichkeit sowohl nach HGB als auch nach IFRS.

Unsere Einschätzung

In der Bilanzierungspraxis kommt es häufig zu Diskussionen darüber, ob ein Umsatz unter Eigentumsvorbehalt auch nach IFRS realisiert ist. Das passiert insbesondere in Fällen, in denen ein handelsrechtlicher Abschluss auf ein IFRS-Reporting übergeleitet wird. Häufig ist der Eigentumsvorbehalt in den Jurisdiktionen des jeweiligen Mutterunternehmens unbekannt. Hilfreich ist dann der Verweis auf den Gesetzestext und eine ausführliche Erläuterung der Regelungen des § 449 BGB. Wenn Sie Fragen zum Eigentumsvorbehalt haben, sprechen Sie uns gerne an.

 

 

Thilo Marenbach

Partner, Vorstand, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Sustainability Auditor

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