8. Juni 2021
Entwurf zum Hinweisgeberschutz: Wie Whistleblower geschützt werden sollen und was Unternehmen tun können
Inhaltsverzeichnis
- Entwurf zum Hinweisgeberschutz: Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes in deutsches Recht
- Drei Meldekanäle für Hinweisgeber:innen zum Schutz des Unternehmens
- Entwurf zum Hinweisgeberschutz: Verfahren bei internen Meldungen
- Wer ist von dem neuen Hinweisgeberschutzgesetz betroffen?
- Konfliktpotenzial mit Verschwiegenheitspflichten und dem Geschäftsgeheimnisgesetz
- Unsere Einschätzung
2019 verabschiedete die EU eine Richtlinie. Nun liegt ein Entwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz vor. Alle Infos zur Umsetzung in deutsches Recht, zum Schutz von Unternehmen, zu Meldekanälen und potentiellen Problemen erhalten Sie hier.
Whistleblower haben in den vergangenen Jahren immer wieder Skandale aufgedeckt und sind damit hohe persönliche Risiken eingegangen. Am 23. Oktober 2019 hat die EU deshalb die Richtlinie 2019/1937, zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, verabschiedet. Ziel ist, Hinweisgeber:innen besser vor Repressalien und Klagen durch die betroffenen Unternehmen und Branchen zu schützten. Durch die Umsetzung dieser Richtlinie möchte der europäische Gesetzgeber einen Mindeststandard durchsetzen, um auf diese Weise Manipulationen innerhalb der Europäischen Union vorzubeugen.
Entwurf zum Hinweisgeberschutz: Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes in deutsches Recht
Der deutsche Gesetzgeber hat noch bis zum 17. Dezember 2021 Zeit, die Richtlinie in deutsches Recht umzusetzen. Bundesjustizministerin Lambrecht hat in einem Interview mit dem Handelsblatt angekündigt, das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) so auszuarbeiten, dass nicht nur Verstöße gegen das Unionsrecht, sondern auch gegen deutsches Recht einfach zu melden sein werden. Dem stellt sich bisher jedoch die CDU/CSU noch entgegen und möchte nur eine Minimalumsetzung der EU-Richtlinie zulassen.
Drei Meldekanäle für Hinweisgeber:innen zum Schutz des Unternehmens
Sowohl die EU-Richtlinie, als auch der deutsche Gesetzesentwurf sehen drei verschiedene Meldekanäle für Hinweisgeber:innen vor. Zunächst hat eine Meldung, die anonym sowohl schriftlich als auch mündlich abgegeben werden kann, intern zu erfolgen. Unter internen Meldestellen sind zum einen Einrichtungen innerhalb des Unternehmens, wie E-Mail-Postfächer, Hotlines oder der postalische Weg zu verstehen. Es ist jedoch auch zulässig, als interne Meldestelle einen externen Anbieter wie Rechtsanwält:innen, Wirtschaftsprüfer:innen oder softwaregestützte Lösungen, zu nutzen.
Sollte auf diese Meldung keine Reaktion folgen, kann sich die hinweisgebende Person direkt an eine externe Meldestelle wenden, welche von Bund (§ 19 HinSchG-E) und Ländern (§ 20 HinSchG-E) betrieben werden. Nur wenn von den ersten Kanälen keine Rückmeldung kam oder eine unmittelbare Bedrohung der Allgemeinheit durch die Meldung der hinweisgebenden Person verhindert werden kann, ist die Offenlegung (§ 31 HinSchG-E) zulässig. Diese kann beispielsweise durch den Gang an die Medien erfolgen.
Entwurf zum Hinweisgeberschutz: Verfahren bei internen Meldungen
Sofern es zur internen Meldung eines Verstoßes kommt, hat das Unternehmen oder beauftragte Dienstleister:in gemäß § 17 HinSchG-E diesem Hinweis nachzugehen und ihn auf Stichhaltigkeit zu prüfen. Die hinweisgebende Person muss innerhalb einer Woche eine Eingangsbestätigung ihrer Meldung erhalten.
Anschließend sind durch Kontakt mit dem Hinweisgeber oder der Hinweisgeberin oder Dritten weitere Informationen zu beschaffen, anhand derer Folgemaßnahmen (§ 18 HinSchG-E) eingeleitet werden können. Entweder nimmt die Meldestelle selbst eine Untersuchung bei dem gemeldeten Unternehmen auf oder sie leitet die hinweisgebende Person bzw. das Verfahren an eine zuständige Stelle oder Behörde weiter. Sollte die Prüfung der Stichhaltigkeit negativ ausfallen, kann die Meldestelle das Verfahren selbst sofort einstellen. Spätestens drei Monate nach der Eingangsbestätigung muss der Hinweisgeber bzw. die Hinweisgeberin über den Verlauf und das Ergebnis der Untersuchung informiert werden.
Wer ist von dem neuen Hinweisgeberschutzgesetz betroffen?
Das neue HinSchG wird für alle Unternehmen gelten, die mindestens 50 Angestellte beschäftigen (Umkehrschluss aus § 12 Abs. 2 HinSchG-E), wobei es unerheblich ist, ob diese in Voll- oder Teilzeit beschäftigt werden. Außerdem wird das neue Gesetz auch für den öffentlichen Sektor und Gemeinden einschlägig sein, sofern diese mehr als 10.000 Einwohner:innen oder 50 Angestellte haben. Zusätzlich wird die Richtlinie auch für sämtliche in der Finanzbranche tätigen juristischen Personen, sowie für Institutionen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus gelten.
Jedoch haben die Unternehmen die Möglichkeit frei zu wählen, welche Art von Meldesystem sie nutzen möchten. Als Erleichterung wird es eine zweijährige Übergangsregelung (§ 41 HinSchG-E) für Arbeitgeber mit bis zu 249 Beschäftigten geben, um diesen die Möglichkeit zu gewähren die erforderlichen Meldestellen einzurichten.
Konfliktpotenzial mit Verschwiegenheitspflichten und dem Geschäftsgeheimnisgesetz
Die Identitäten der hinweisgebenden Personen sowie möglicherweise beteiligter Dritter sind unbedingt stets geheim zu halten. Auch im Falle von Gerichtsverhandlungen ist fallbezogen zu prüfen, ob eine Herausgabe der Identität der hinweisgebenden Person notwendig ist. Es ist verboten, Hinweisgeber:innen durch Gerichtsverhandlungen unter Druck zu setzen oder einzuschüchtern (§ 35 HinSchG-E). Außerdem sind Hinweisgeber:innen nicht haftbar für die Weitergabe oder den Zugriff auf Informationen, sofern sie diese rechtens erlangt haben und davon ausgehen konnten, dass durch die Weitergabe ein Verstoß aufgedeckt werden kann (§ 34 HinSchG-E).
Unsere Einschätzung
Die Standardisierung des Hinweisgeberschutzes durch die EU verdeutlicht, dass es in diesem Bereich in einigen Ländern, starke Verbesserungspotenziale gibt. Dazu gehört auch Deutschland. Schlussendlich bleibt abzuwarten, wie die Koalitionspartner sich bezüglich des neuen Gesetzes einigen. In unseren Augen wäre eine einheitliche Anwendung für europäisches und deutsches Recht sinnvoll. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass jede hinweisgebende Person weiß, welches Recht nur für Deutschland gilt und welches EU-weit. Außerdem bestünde durch eine Minimalumsetzung die Gefahr, dass manche Verstöße nicht gemeldet werden könnten.
Bezüglich der Implementierung eines Meldesystems sind den Unternehmen jegliche Freiheiten gegeben. Nicht nur auf Grund des HinSchG raten wir zur Einrichtung eines solchen Systems. Wir tun dies auch vor dem Hintergrund des bevorstehenden Verbandssanktionengesetzes (VerSanG). Denn durch interne Untersuchungen können strafrechtliche Sanktionierungen infolge des VerSanG milder ausfallen.
Haben Sie Fragen bezüglich des Hinweisgeberschutzes oder zur Einrichtung eines Meldesystems? Dann kontaktieren Sie uns gerne.