8. September 2021

Unternehmensumwandlung und Umwandlungssteuergesetz im Detail erklärt

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In unserer neuen Beitragsreihe zu Umwandlungen befassen wir uns mit den steuerlichen und außersteuerlichen Anlässen von Umwandlungsvorgängen. Dabei erklären wir, was sich dahinter verbirgt, erläutern steuerrechtliche Folgen von Umwandlungen sowie den Ablauf einzelner Umwandlungsvorgänge. 
Im ersten Beitrag der Reihe möchten wir Ihnen zunächst einen allgemeinen Überblick über den Themenbereich Umwandlungen geben. 

Was bedeutet Umwandlung?

Unter Umwandlung versteht man, dass ein Unternehmen seine Rechtsform verändert. Je nach Ausgestaltung gehen dabei alle Rechte und Pflichten des Unternehmens auf den neuen Rechtsträger beziehungsweise das Unternehmen in neuer Rechtsform im Wege der sogenannten “Gesamtrechtsnachfolge” über. Durch die Gesamtrechtsnachfolge kann die Umwandlung in einem einheitlichen Vorgang erfolgen. Es ist damit beispielsweise nicht erforderlich, dass das Unternehmen an alle seine Vertragspartner:innen herantritt, um die in der alten Rechtsform geschlossenen Verträge zu beenden und in der neuen Rechtsform die Verträge neu abzuschließen. Zivilrechtlich werden die Umwandlungsformen in § 1 Abs. 1 Umwandlungsgesetz (UmwG) definiert. Es handelt sich dabei um die Umwandlung eines Rechtsträgers im Wege der

  • Verschmelzung,
  • Spaltung,
  • Vermögensübertragung oder des
  • Formwechsels.

Das Steuerrecht knüpft mit seinen Spezialregelungen im Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) grundsätzlich daran an, dass ein Vorgang im Sinne des Umwandlungsgesetzes vorliegt. Darüber hinaus sieht das Umwandlungsgesetz weitere Regelungen für bestimmte Formen von Einbringungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften, Unternehmen oder Unternehmensteilen im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge vor.

Welche Anlässe gibt es für Umwandlungen und wieso sind diese gesondert gesetzlich geregelt?

Im Laufe der Entwicklung eines Unternehmens kann es viele Gründe für eine Umwandlung geben.
Einer kann in der Beschränkung der persönlichen Haftung liegen, die ein Einzelunternehmen, eine GbR oder eine oHG mit sich bringen. Durch den Wechsel der Rechtsform in eine Kommanditgesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft kann die persönliche Haftung von Unternehmer:innen begrenzt werden. Weitere nichtsteuerliche Anlässe können beispielsweise die Verschlankung der Unternehmensstruktur, die Abgrenzung verschiedener Geschäftsfelder oder die Trennung von Gesellschafterstämmen sein.

Es gibt jedoch auch steuerliche Gründe für Umwandlungen. Einzelunternehmen und Personengesellschaften sind steuerrechtlich grundsätzlich transparent. Das bedeutet, dass die Gewinne des Unternehmens unmittelbar bei der Unternehmerin oder dem Unternehmer der Einkommensteuer unterliegen. Die transparente Besteuerung lässt sich vermeiden, indem die Rechtsform des Unternehmens zu einer Kapitalgesellschaft gewechselt wird. In der Folge werden die Gewinne auf Ebene der Kapitalgesellschaft versteuert. Bei der Unternehmerin oder dem Unternehmer kommt es nur dann zu einer Versteuerung des Gewinns im Rahmen der Einkommensteuer, wenn die Kapitalgesellschaft Gewinnanteile (Dividenden) ausschüttet. Zukünftig kommt als zusätzliche Möglichkeit für bestimmte Personengesellschaften die Anwendung der Option zur Besteuerung mit Körperschaftsteuer in Betracht.

Ein Rechtsformwechsel oder eine Umstrukturierung kann auch dann sinnvoll sein, wenn das Unternehmens oder Teile davon verkauft werden sollen. Besonders aus steuerrechtlicher Sicht ist dazu eine möglichst frühzeitige Planung erforderlich. Denn das Umwandlungssteuergesetz sieht verschiedene Sperrfristen nach einzelnen Umwandlungsvorgängen vor. Diese Sperrfristen können zu einer rückwirkenden Besteuerung der Umwandlung führen, wenn beispielsweise ein Verkauf des Unternehmens innerhalb der Sperrfrist nach einer Umwandlung erfolgt.

Weitere steuerliche Anlässe für Umwandlungen können eine anstehende Unternehmensnachfolge oder die Planung des Umzugs von Unternehmer:innen ins Ausland sein.

Wieso gibt es das Umwandlungssteuergesetz als steuerrechtliches Spezialgesetz?

Ohne das Umwandlungssteuergesetz wären die im Umwandlungsgesetz beschriebenen Umwandlungsvorgänge nach den allgemeinen ertragsteuerlichen Regelungen des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes und des Gewerbesteuergesetzes zu beurteilen. Umwandlungen stellen steuerrechtlich im Regelfall Veräußerungsvorgänge dar. Ohne das Umwandlungssteuergesetz würden durch diese daher steuerpflichtige Veräußerungsgewinne realisiert. Die damit entstehende Steuerbelastung wäre ein Hemmnis für wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen und könnte der Entwicklung von Unternehmen im Wege stehen.
Das Umwandlungssteuergesetz sieht daher Regelungen vor, nach denen bestimmte Umwandlungsvorgänge steuerneutral umgesetzt werden können. Damit schafft das Gesetz die erforderlichen steuerrechtlichen Voraussetzungen für wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen.

Für welche Steuerarten gilt das Umwandlungssteuergesetz?

Das Umwandlungssteuergesetz regelt ausschließlich die steuerrechtlichen Konsequenzen für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer. Steuerliche Folgen von Umwandlungen für andere Steuerarten sind im Umwandlungssteuergesetz nicht geregelt. Bei Umwandlungsvorgängen, für die ertragsteuerlich optional eine Rückwirkung auf einen früheren Zeitpunkt vorgesehen ist, gilt diese daher nicht für die Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer ist deshalb noch bis zur Eintragung des Vorgangs im Handelsregister bei dem alten Rechtsträger zu veranlagen.
Da das Umwandlungssteuergesetz keine begünstigenden Regelungen für die Grunderwerbsteuer vorsieht, können Umwandlungsvorgänge zudem Grunderwerbsteuer auslösen. Die Befreiungsvorschrift des § 6a Grunderwerbsteuergesetz, die Umstrukturierungen im Konzern vereinfachen soll, greift nur in bestimmten Fallkonstellationen. Bei Umwandlungen von grundbesitzenden Unternehmen ist daher im Einzelfall zu prüfen, ob die beabsichtigte Umwandlung eine Besteuerung mit Grunderwerbsteuer auslöst.

Was ist unter der steuerlichen Rückwirkung im Umwandlungssteuergesetz zu verstehen?

Grundsätzlich können Rechtsvorgänge nicht mit steuerlicher Wirkung rückbezogen werden. Das Umwandlungssteuergesetz macht von diesem Grundsatz in bestimmten Fallkonstellationen eine Ausnahme. Während zivilrechtlich der bzw. die übertragende Rechtsträger:in bei Umwandlungen noch bis zur Eintragung der Umwandlung im Handelsregister besteht, ist ihm bzw. ihr steuerrechtlich bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen bereits kein Einkommen und Vermögen mehr ab dem steuerlichen Übertragungsstichtag zuzurechnen. Aktuell kann die steuerliche Rückwirkung auf maximal zwölf Monate vor dem Tag der Anmeldung der Umwandlung zum Handelsregister erfolgen. Erfolgt der Ansatz des steuerlichen Übertragungsstichtags auf das Ende des Wirtschaftsjahres des/der übertragenden Rechtsträger:in, so ist für diese:n im Wirtschaftsjahr des Rückwirkungszeitraums keine Einkommensteuererklärung, Körperschaftsteuererklärung oder Erklärung zur gesonderten (und einheitlichen) Feststellung der Besteuerungsgrundlagen und keine Gewerbesteuererklärung mehr abzugeben. Das gilt, wenn der/die übertragende Rechtsträger:in durch die Umwandlung fortan nicht mehr besteht.

Wann sind Umwandlungsvorgänge nach dem Umwandlungssteuergesetz steuerneutral?

Das Umwandlungssteuergesetz sieht als Grundsatz vor, dass die Umwandlungsvorgänge steuerrechtlich zu gemeinen Werten (=Verkehrswerten) umgesetzt werden. Im Ergebnis ist also die Aufdeckung und Versteuerung sämtlicher stiller Reserven vorgesehen. Bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen, die von dem jeweiligen Umwandlungsvorgang abhängen, besteht aber das Wahlrecht, den Vorgang zum Buchwert und damit erfolgsneutral oder zu einem Zwischenwert und damit nur zum Teil steuerpflichtig umzusetzen. Da das Gesetz die Möglichkeit des Ansatzwahlrechtes eröffnet, kann im Einzelfall entschieden werden, welcher Ansatz am günstigsten ist.

In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, den Umwandlungsvorgang nicht zum Buchwert umzusetzen, um beispielsweise noch bestehende Verlustvorträge bei der übertragenden Gesellschaft zu nutzen, indem der Vorgang zum Verkehrswert oder auf Antrag zu einem Zwischenwert abgebildet wird und der daraus entstehende Gewinn mit den Verlustvorträgen verrechnet wird. Bei der übernehmenden Gesellschaft ergibt sich in der Folge ein erhöhtes Abschreibungspotenzial bei den übernommenen Wirtschaftsgütern, das zukünftig anfallende Gewinne mindert. Eine steuerneutrale Umsetzung des Umwandlungsvorgangs zu Buchwerten ist damit nicht zwingend die günstigste Lösung. Bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen liegt die Entscheidung bei der Unternehmerin oder dem Unternehmer und ist im Voraus gründlich zu überdenken.

Ausblick

Wie eingangs angekündigt, soll dieser Beitrag Ihnen zunächst einen allgemeinen Überblick über das weite Thema der Umwandlungsvorgänge verschaffen. In den folgenden Beiträgen dieser Reihe werden wir Ihnen Einzelheiten zu einigen Umwandlungsvorgängen genauer vorstellen. Dabei werden wir unter anderem auf die folgenden Vorgänge eingehen:

  • Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft
  • Einbringung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft im Wege des Anteilstauschs
  • Formwechsel eines Einzelunternehmens/einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft
  • Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in ein Einzelunternehmen/eine Personengesellschaft

Abschließend möchten wir Ihnen zudem das neu eingeführte Modell zur Option zur Körperschaftsbesteuerung für bestimmte Personengesellschaften vorstellen. Es tritt für Zwecke der Besteuerung zum 1. Januar 2022 in Kraft.

Unsere Einschätzung

Im Laufe der Entwicklung eines Unternehmens kann es immer wieder Anlässe für Umstrukturierungen in Form von Rechtsformwechsel, Anpassung der Beteiligungsstruktur, Abgrenzung von Geschäftsfeldern oder ähnliches geben. In dem Fall sollten sich Unternehmer:innen und ihre steuerliche Beratung immer damit beschäftigen, wie das jeweilige Ziel vor dem Hintergrund der geltenden Vorschriften steuerlich optimiert erreicht wird.
Insbesondere bei Vorgängen des Umwandlungssteuerrechts ist zu beachten, dass die gegebenen Formvorschriften und Anforderungen eingehalten werden müssen, wenn der Vorgang steuerneutral umgesetzt werden soll.

Gerne unterstützen unsere ECOVIS NRW-Expert:innen Sie daher bei geplanten Umstrukturierungen. Wir begleiten Sie von Beginn an und durchn den gesamten Prozess.

Sprechen Sie uns an, wenn bei Ihnen eine Umstrukturierung geplant ist!

Julian Heesemann

Associate Partner und Steuerberater

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