
23. Januar 2025
Betriebsaufspaltung und Bilanzierungskonkurrenz: Voraussetzungen, Urteilsanalyse und Vermeidungsstrategien
Die Themen der Betriebsaufspaltung und einer sich daraus ergebenen möglichen Bilanzierungskonkurrenz sind im deutschen Steuerrecht von erheblicher Bedeutung, da sie wesentliche steuerliche Auswirkungen haben können. In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung, analysieren das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. September 2024 (Az.: IV R 5/20) und schließen mit Tipps zur Vermeidung von Bilanzierungskonkurrenzen.
Voraussetzungen einer steuerlichen Betriebsaufspaltung
Eine Betriebsaufspaltung erfordert zwei zentrale Kernvoraussetzungen:
- Sachliche Verflechtung
Es muss eine Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen (z. B. Grundstücke oder Maschinen) vom Besitzunternehmen an das Betriebsunternehmen vorliegen. Dies geschieht üblicherweise durch Vermietung oder Verpachtung. - Personelle Verflechtung
Die personelle Verflechtung liegt vor, wenn eine Person oder Personengruppe beide Unternehmen beherrscht und so einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen kann. Nach der Personengruppentheorie reicht es aus, wenn mehrere Personen zusammen in beiden Unternehmen die Mehrheit der Stimmen haben.
Die Folge einer steuerlichen Betriebsaufspaltung ist, dass das Besitzunternehmen als Gewerbebetrieb behandelt wird. Dies kann Auswirkungen auf die Gewerbesteuerpflicht und die Bilanzierung haben.
Das Urteil des BFH vom 19. September 2024 (Az.: IV R 5/20)
In diesem Fall entschied der BFH zu folgenden Aspekten:
Personengruppentheorie bei personeller Verflechtung
Der BFH stellte klar, dass die Personengruppentheorie auch in Fällen anwendbar ist, in denen eine Person allein eines der Unternehmen oder beide Unternehmen beherrscht. Entscheidend bleibt, dass ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille durch die Beteiligten in beiden Unternehmen durchgesetzt wird.
Bilanzierungskonkurrenz bei Sonderbetriebsvermögen
Sonderbetriebsvermögen entsteht grundsätzlich, wenn ein Mitunternehmer einer Personengesellschaft ein Wirtschaftsgut zur Nutzung überlässt. Das Wirtschaftsgut bleibt zivilrechtlich im Privatvermögen des Mitunternehmers, steuerlich handelt es sich jedoch um (Sonder-)Betriebsvermögen des Mitunternehmers bei der Personengesellschaft. Ähnlich wie bei der Betriebsaufspaltung, stellen die Einkünfte aus dem Sonderbetriebsvermögen gewerbliche Einkünfte dar.
Weil sowohl das Sonderbetriebsvermögen als auch die Betriebsaufspaltung zu gewerblichen Einkünften führen, kann es aufgrund der unterschiedlichen Qualifikation zu Bilanzierungskonkurrenzen kommen. Diese Bilanzierungskonkurrenzen können u.a. dazu führen, dass Veräußerungsgewinne im Zusammenhang mit den betroffenen Wirtschaftsgütern in unterschiedlichen Wirtschaftsjahren besteuert werden. Ebenso kann die Qualifizierung als Sonderbetriebsvermögen oder als Betriebsvermögen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung dazu führen, dass Steuervergünstigungen im Zusammenhang mit Veräußerungsgewinnen je nach Einzelfall zur Anwendung kommen.
Im Fall von Bilanzierungskonkurrenzen sind nach Ansicht des BFH zeitliche und qualitative Kriterien relevant. Der BFH betonte, dass vorrangig die zeitliche Reihenfolge entscheidend ist. Nur wenn die Voraussetzungen für die Behandlung als Sonderbetriebsvermögen zeitgleich entstanden sind, treten qualitative Kriterien in den Vordergrund.
Zusammenfassung und Tipps zur Vermeidung von Bilanzierungskonkurrenzen
Die steuerliche Betriebsaufspaltung und die Zuordnung bei Bilanzierungskonkurrenzen sind komplexe Themen, die sorgfältige Planung und präzise Dokumentation erfordern. Das BFH-Urteil verdeutlicht, dass eine falsche Zuordnung erhebliche steuerliche Konsequenzen haben kann.
Vermeidungsstrategien
- Vertragliche Klarheit: Gestalten Sie die Überlassungsverträge zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen eindeutig und steuerlich nachvollziehbar.
- Dokumentation der Verflechtungen: Dokumentieren Sie sowohl personelle als auch sachliche Verflechtungen sorgfältig. Dies vereinfacht die Nachweisführung gegenüber der Finanzverwaltung.
- Beachtung der zeitlichen Abfolge: Bei der Entstehung von Sonderbetriebsvermögen ist die zeitliche Reihenfolge der Ereignisse entscheidend, um spätere Bilanzierungskonflikte zu vermeiden. Daher sollten Sie die Entstehung von Sonderbetriebsvermögen ebenfalls vorher strukturiert planen.
- Regelmäßige steuerliche Überprüfung: Eine regelmäßige steuerliche Beratung hilft, neue Rechtsprechungen frühzeitig zu berücksichtigen und die Unternehmensstruktur gegebenenfalls anzupassen. Da Sachverhalte die Entstehung einer (ungeplanten) Betriebsaufspaltung aufgrund der Gewerblichkeit des Besitzunternehmens häufig enorme steuerliche Auswirkungen haben können, ist es umso wichtiger, potenzielle Anwendungsfälle bereits vor Entstehung der Betriebsaufspaltung mit einem Steuerberater zu besprechen.
Unsere Einschätzung
Das Thema Betriebsaufspaltung ist anspruchsvoll, bietet aber auch einige Gestaltungsmöglichkeiten. Wir empfehlen Unternehmen, frühzeitig steuerlichen Rat einzuholen, um Rechtsunsicherheiten und steuerliche Nachteile zu vermeiden. Bei Betriebsprüfungen der Finanzverwaltung ist die Betriebsaufspaltung grundsätzlich ein zentrales Kernthema. Häufig führen Betriebsaufspaltungen, die erst im Rahmen der Betriebsprüfung aufgedeckt werden, zu erheblichen Mehrergebnissen. Um solche unliebsamen Überraschungen zu vermeiden, ist es umso wichtiger, bei der Überlassung von Wirtschaftsgütern oder bei der Gestaltung neuer Mietverträge das Thema Betriebsaufspaltung im Blick zu behalten.
Die Entscheidung des BFH, dass es bei Bilanzierungskonkurrenzen auf die zeitliche Reihenfolge der Entstehung des Sonderbetriebsvermögens bzw. der Betriebsaufspaltung ankomme, bietet die Möglichkeit, im Vorfeld solche Fallkonstellationen möglichst steuereffizient zu planen.
Haben Sie Fragen zur Betriebsaufspaltung oder dem Sonderbetriebsvermögen? Möchten Sie eine individuelle Beratung? Unser Expertenteam aus Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen steht Ihnen gerne zur Verfügung.