9. Juli 2021
Digitalisierung im Gesellschaftsrecht einfach erklärt
Die Corona-Pandemie hat das Thema Digitalisierung noch einmal stärker in den Fokus von Unternehmen und Gesellschaft gerückt. So sind Videokonferenzen statt Präsenzterminen mittlerweile gängige Praxis. Das gilt immer mehr auch für den Rechtsbereich. So ist es beispielsweise Ziel der Digitalisierungsrichtlinie (2019/1151/EU), die Kommunikationswege im Handels- und Gesellschaftsrecht digital auszugestalten. Die Richtlinie sieht dabei vor, dass die EU-Mitgliedsstaaten die Online-Gründung von Kapitalgesellschaften ohne physische Präsenz von Antragssteller:innen ermöglichen müssen. Lesen Sie hier alles zum Thema Digitalisierung im Gesellschaftsrecht und erfahren Sie, was Sie als Unternehmer:in dazu wissen müssen.
Digitalisierung im Gesellschaftsrecht und die Online-Gründung einer GmbH
Wie bereits beschrieben ermöglicht das neue Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (2019/1151/EU) zukünftig die Online-Gründung einer GmbH. Es wurde am 10. Juni 2021 vom Bundestag beschlossen.
Bei der Umsetzung hat der deutsche Gesetzgeber auf die sogenannte “Opt-Out-Möglichkeit” gesetzt. Das bedeutet, dass die Möglichkeit einer reinen Online-Gründung lediglich für GmbHs und UGs bestehen soll. Sie gilt damit also nicht für alle Kapitalgesellschaften.
Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie
Durch die Neuregelung verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, eine notarielle Beurkundung und Beglaubigung mittels Videokommunikation zu ermöglichen. Gleichzeitig werden die Grundsätze des notariellen Präsenzverfahrens bewahrt. Ein Notar oder eine Notarin soll Beschlüsse und den GmbH-Gesellschaftsvertrag zukünftig im Wege der Online-Videokonferenz mit Gesellschafter:innen und Geschäftsführer:innen beurkunden und beglaubigen können. An den materiellen Anforderungen der Gesellschaftsgründung soll sich nichts ändern. Das betrifft unter anderem das Stammkapital, die Kapitalaufbringung sowie Versicherungen der Geschäftsführer:innen.
Im Rahmen der praktischen Umsetzung der Online-Gründung wird der Bundesnotarkammer die Pflicht auferlegt, ein manipulationsresistentes Videokommunikationssystem zu betreiben. Auf dieses Videokommunikationssystem haben Notare und Notarinnen dann Zugriff. Das Gesetz sieht zudem vor, dass lediglich eine Bargründung einer GmbH online möglich ist. Eine solche setzt voraus, dass das Stammkapital tatsächlich eingezahlt wird. Eine Sachgründung ist allerdings nicht möglich. Dabei wird das Stammkapital durch eine Sacheinlage eingebracht.
Digitalisierung im Gesellschaftsrecht und die Vereinfachung der Offenlegung von Urkunden
Das bisherige Bekanntmachungswesen soll ebenfalls umgestellt werden. Zukünftig soll es nicht länger einer separaten Bekanntmachung von Registereintragungen in einem Bekanntmachungsportal bedürfen. Stattdessen wird die Eintragungen in den Registern zukünftig dadurch bekannt gemacht, dass sie in dem jeweiligen Register erstmalig (online) zum Abruf bereitgestellt werden (Once-Only-Prinzip).
So wird durch die Beschränkung auf eine Veröffentlichung im Unternehmensregister die Unternehmenspublizität vereinfacht. Denn gleichzeitig entfällt die Bekanntmachung von Daten im Bundesanzeiger.
Auch Jahresabschlüsse werden mithin nur noch im Unternehmensregister elektronisch eingespielt und offengelegt. Es soll zudem künftig für den Abruf von Daten aus dem Handelsregister oder von Dokumenten, die zum Register eingereicht wurden, generell auf die Erhebung von Abrufgebühren verzichtet werden. Zur Vereinheitlichung soll dies auch für das Vereins-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregister gelten.
Möglichkeit der digitalen Registeranmeldung
Auch zur Registeranmeldung ist ein persönliches Erscheinen des Anmeldenden bei Notar:innen nicht mehr erforderlich. Die zur Anmeldung erforderliche notarielle Beglaubigung des Handzeichens des Anmelders ist ebenso per Videokommunikation möglich. Die mittels Videokommunikation erstellten Urkunden können von Notar:innen online eingereicht werden.
Die Neuregelungen zur Umsetzung der Richtlinie sollen bis zum 1. August 2022 in Kraft treten.
Unsere Einschätzung
Vorteile der Online-Gründung und Registrierung sind niedrigere Kosten und eine absehbare Zeitersparnis. Leider sieht der deutsche Gesetzgeber Online-Verfahren bisher jedoch lediglich für ein begrenztes Spektrum von Rechtsformen vor. Online-Verfahren für weitere Rechtsformen über die Grenzen des GmbH-Gesetzes hinweg, wären wünschenswert gewesen. Weshalb Unternehmer:innen eine (kleine) AG, GmbH & Co. KG und KG nicht durch ein Online-Verfahren gründen können sollen, erschließt sich uns allerdings nicht.
Daneben drängt sich die Frage auf, wie Banken auf die Vorgaben des Gesetzgebers reagieren werden. Für die GmbH-Gründung ist die Überweisung des Stammkapitals auf ein GmbH-Bankkonto erforderlich. Dieses ist auch von der Geschäftsführerin oder dem Geschäftsführer zu versichern. Der Vorgang der Kontoeröffnung nimmt regelmäßig viel Zeit in Anspruch. Das muss sich ändern. Denn wenn diese Schnittstelle ein Flaschenhals bleibt, ist bringt die Schnelligkeit der Online-Gründung leider nichts.
Haben Sie Fragen zum Thema? Dann kommen Sie jederzeit gerne auf uns zu!