Schaubild zum Drittelbeteiligungsgesetz mit Erläuterungen zur Arbeitnehmermitbestimmung im Aufsichtsrat.
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1. Juli 2024

Drittelbeteiligungsgesetz: Gesetz über die Drittelbeteiligung von Arbeitnehmer:innen im Aufsichtsrat

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Das deutsche Arbeitsrecht gewährleistet den Schutz und die Sicherheit der Arbeitnehmer:innen und soll ein ausgewogenes und faires Verhältnis zwischen Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in schaffen. In der deutschen Unternehmenslandschaft spielt die Unternehmensmitbestimmung von Arbeitnehmer:innen eine zentrale Rolle. Wesentlicher Bestandteil der Mitbestimmung ist das Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat, kurz Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG). 

Das Drittelbeteiligungsgesetz stellt eine besondere Regelung dar, die darauf abzielt, ein ausgewogenes Verhältnis der Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen zu fördern. Was genau das Gesetz regelt und in welchen Konstellationen das Gesetz zur Anwendung kommt, erfahren Sie hier. 

Regelungen des Gesetzes 

Beim Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) handelt es sich um ein Bundesgesetz, welches die aktive Teilnahme von Arbeitnehmer:innen an der Unternehmensführung vorsieht. Im Konkreten sieht das Gesetz vor, dass dem/der Arbeitnehmer:in das Recht auf Mitbestimmung im Aufsichtsrat eines Unternehmens gewährt wird. 

Das DrittelbG regelt die Beteiligung der Arbeitnehmer:innen an der Aufsicht des Unternehmens, indem es vorsieht, dass ein Drittel der Aufsichtsratsmitglieder von den Arbeitnehmer:innen gewählt werden muss. Es enthält Vorschriften über die Geltungsbereiche, die Beteiligungsstruktur, die Zusammensetzung, die Wahl, den Schutz und die Abberufung der Arbeitnehmervertreter.  

Arbeitnehmervertreter:innen können so einen bedeutenden Einfluss auf die Überwachung und strategische Ausrichtung des Unternehmens ausüben. Somit soll das Gesetz der Förderung des Dialogs zwischen der Unternehmensleitung und der Belegschaft dienen und auf diesem Wege zu einer ausgewogenen Entscheidungsfindung beitragen. 

Bedeutung des Aufsichtsrates 

Ein Aufsichtsrat stellt ein Kontrollgremium in einem Unternehmen dar. Seine Hauptaufgabe besteht in der Überwachung und Kontrolle des Vorstandes. Der Aufsichtsrat prüft in erster Linie die Einhaltung der maßgeblichen Gesetze, Regeln und Rechtsnormen. Darüber hinaus kontrolliert er die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung des Vorstandes.  

Die rechtliche Grundlage des Aufsichtsrates ist das Aktiengesetz. Die Bildung eines Aufsichtsrates ist in Abhängigkeit von der Unternehmensform entweder gesetzlich vorgeschrieben oder kann auf freiwilliger Basis erfolgen. Im Folgenden wird dargelegt, wann welche Unternehmensformen eines Aufsichtsrates bedürfen:  

  • Aktiengesellschaften (AG) und Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) sind gesetzlich dazu verpflichtet, einen Aufsichtsrat zu bilden. 
  • Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist die Gründung eines Aufsichtsrates ab 500 Mitarbeiter:innen verpflichtend. 
  • Genossenschaften haben ab zwanzig Mitgliedern die gesetzliche Pflicht, einen Aufsichtsrat einzurichten. 
  • Bei einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft sowie kleineren GmbHs kann ein freiwilliger Aufsichtsrat gebildet werden.  

Anwendbarkeit des DrittelbG 

Das Gesetz über die Drittelbeteiligung findet Anwendung auf die Rechtsformen der AG, KGaA, GmbH, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG) sowie Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, sofern die Gesellschaften in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmer:innen beschäftigen.  

Außerdem gilt das Gesetz auch für die AG und KGaA mit weniger als 500 Mitarbeitern, wenn diese bereits vor dem 10. August 1994 gegründet wurden und es sich bei diesen um keine Familiengesellschaft handelt. 

Für Unternehmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten ist das Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) maßgeblich.  

Voraussetzungen des DrittelbG  

Um die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer:innen im Aufsichtsrat umzusetzen, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: Die Arbeitnehmervertreter:innen werden von den Arbeitnehmer:innen gewählt, wobei die Wahl nach den Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) erfolgt. Wer Arbeitnehmer:in ist, richtet sich nach § 3 Abs. 1 DrittelbG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 BetrVG.
Der Aufsichtsrat setzt sich zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertreter:innen und zu zwei Dritteln aus von den Gesellschafter:innen bestellten Mitgliedern zusammen. Die Amtszeit der gewählten Arbeitnehmervertreter:innen beträgt in der Regel vier Jahre, wobei eine Wiederwahl möglich ist. 

Bezüglich der Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder gelten grundsätzlich keine Besonderheiten. Entsprechend des § 95 AktG sind jedoch mindestens drei Mitglieder vorgesehen und die Zahl muss durch drei teilbar sein. Die Einzelheiten ergeben sich aus dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag.  

Auswirkungen der Drittelbeteiligung 

Die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer:innen im Aufsichtsrat bietet auch für die Arbeitgeberseite Vorteile. Einerseits wird durch die Einbindung der Arbeitnehmervertreter:innen die Transparenz in den Entscheidungsprozessen des Unternehmens erhöht. Die Arbeitnehmer:innen erhalten Einblicke in strategische Überlegungen und können ihre Perspektiven mit einbringen. Andererseits fördert die regelmäßige Interaktion mit den Arbeitnehmervertreter:innen den Dialog und das Verständnis für die jeweiligen Interessen und Anliegen. Dies trägt zu einer besseren Zusammenarbeit und einem harmonischeren Betriebsklima bei. 

Auch wird die Mitbestimmung der Arbeitnehmer:innen gestärkt, indem die Möglichkeit eröffnet wird, auf die Unternehmenspolitik Einfluss zu nehmen. Durch die frühzeitige Einbindung der Arbeitnehmer:innen in Entscheidungsprozesse können zudem potenzielle Konflikte frühzeitig erkannt und gemeinsam Lösungen erarbeitet werden. 

Das Drittelbeteiligungsgesetz soll zur sozialen Gerechtigkeit beitragen, indem es der Stimme der Arbeitnehmer:innen Gehör verschafft und ihre Interessen in der Unternehmensführung Berücksichtigung finden. Durch die Unternehmensmitbestimmung wird die soziale Verantwortung des Unternehmens gestärkt. 

Rechte & Pflichten der Arbeitnehmervertreter:innen 

Die Arbeitnehmervertreter:innen treffen in Bezug auf ihre Stellung als Vertreter:innen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit sowohl Rechte als auch Pflichten. 

Rechte 

  • Teilnahme an den Sitzungen des Aufsichtsrats 
  • volles Stimmrecht  
  • Informationsrecht über Angelegenheiten des Unternehmens 
  • Mitwirkungsrechte 
  • Recht zur Anhörung bei bestimmten Entscheidungen des Unternehmens 
  • Schutz vor Benachteiligungen  

Pflichten 

  • Wahrung der Interessen der Arbeitnehmer:innen im Unternehmen 
  • Vermeidung von Interessenkonflikten 
  • Verschwiegenheitspflicht über vertrauliche Informationen 
  • Berücksichtigung der Sorgfaltspflicht  

Arbeitnehmervertreter:innen unterliegen während ihrer Amtszeit sowie zwölf Monate darüber hinaus grundsätzlich einem besonderen Kündigungsschutz. Nur in besonders schwerwiegenden Fällen ist eine Kündigung möglich und zulässig.  

Im Fall der Amtsniederlegung oder Ausscheidung aus dem Amt eines/einer Arbeitnehmervertreter:in, ist eine Nachwahl durchzuführen. Der/die gewählte Nachfolger:in übernimmt sodann die Amtszeit des/der Vorgänger:in. 

Risiken und Herausforderungen in der Unternehmenspraxis

Für Unternehmen ist zu beachten, dass es zum Beispiel durch Fusionen dazu kommen kann, dass Unternehmen plötzlich die „500-Mitarbeiter-Grenze“ überschreiten und dann unerwartet unter das Drittelbeteiligungsgesetz fallen. In einem solchen Fall müssen Unternehmen schnell agieren, um die gesetzlichen Regelungen der Drittelbeteiligung im Aufsichtsrat zu gewährleisten.  

Unternehmen sollten sich rechtzeitig auf mögliche Veränderungen vorbereiten und gegebenenfalls Anpassungen in ihrer Unternehmensstruktur und -kultur vornehmen. Die Einbindung von Arbeitnehmervertreter:innen kann die Entscheidungsprozesse im Aufsichtsrat komplexer machen. Unternehmen sollten daher sicherstellen, dass die Aufsichtsratsmitglieder gut zusammenarbeiten und effektiv kommunizieren.  

Unternehmen werden zudem angehalten, ihren Mitarbeiter:innen die Möglichkeit zur Mitbestimmung zu gewährleisten und die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmervertreter:innen im Auge zu behalten. 

Im Falle von Verstößen gegen das Drittelbeteiligungsgesetz oder bei einer Behinderung der Arbeitnehmer:innen bei der Wahl ihrer Vertreter:innen kann das Arbeitsgericht auf Antrag der betroffenen Arbeitnehmer:innen oder des Betriebsrates die Einhaltung der Gesetze anordnen und unter Umständen Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung ergreifen. Darüber hinaus kann ein solches Verhalten als Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gewertet werden, was zu hohen Schadensersatzforderungen führen kann.  

Unsere Einschätzung 

Das Drittelbeteiligungsgesetz stellt eine wichtige Säule der Mitbestimmung in deutschen Unternehmen dar. Es gewährleistet, dass die Interessen der Arbeitnehmer:innen im Aufsichtsrat vertreten sind und trägt zu einer ausgewogenen und transparenten Unternehmensführung bei. 

Unternehmen, die unter das Drittelbeteiligungsgesetz fallen, profitieren von einem intensiveren Dialog mit der Belegschaft, einer stärkeren Identifikation der Mitarbeiter:innen mit dem Unternehmen und einer insgesamt harmonischeren Betriebsatmosphäre.  

Für Unternehmen gilt es, die Vorgaben des Drittelbeteiligungsgesetzes zu beachten und Vorkehrungen zu treffen, um so auf etwaige Veränderungen in der Unternehmensstruktur schnellstmöglich reagieren zu können. 

Sollten Sie rechtliche Fragen zur Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer:innen im Aufsichtsrat haben, wenden Sie sich an unsere Rechtsanwältinnen Louisa Reitemeier und Paola Koudela 

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