26. Oktober 2022

Energiekrise und grüner Wasserstoff – Industrie fordert Regelungen 

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Grüner Wasserstoff gilt als eine der wichtigsten Energieformen der Zukunft. Doch aktuell gibt es noch zahlreiche Unklarheiten, die verhindern, dass die Produktion ausgebaut werden kann. So fehlt beispielsweise noch eine klare Definition der EU, was grüner Wasserstoff überhaupt ist. Doch diese Definition wird dringend benötigt. Lesen Sie hier, was der aktuelle Stand ist und wo die Probleme liegen.

Umbau der Energieversorgung und grüner Wasserstoff

Der Umstieg auf erneuerbare, klimafreundliche Energien ist alternativlos. Spätestens seit Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine ist außerdem klar, dass es hier noch schneller gehen muss als ohnehin geplant. Um unabhängig von russischem Gas zu werden, wird aktuell mit Hochdruck nach Alternativen gesucht. Eine besonders nachhaltige und vielversprechende scheint Wasserstoff zu sein.
Bevor allerdings eine flächendeckende Versorgung mit grünem Wasserstoff zustande kommen kann, müssen noch zahlreiche Probleme gelöst werden.

Was ist grüner Wasserstoff?

Bei der Definition von grünem Wasserstoff ergibt sich bereits das erste Problem. Denn eine einheitliche Definition gibt es derzeit weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene. Eine Richtung, was grüner Wasserstoff ist, gibt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in seinem Glossar vor. Dort heißt es, dass grüner Wasserstoff durch Elektrolyse von Wasser und Strom aus ausschließlich erneuerbaren Quellen hergestellt wird. Unabhängig von der gewählten Elektrolysetechnik erfolgt die Produktion von Wasserstoff damit CO2-frei.

Gibt es bereits gesetzliche Regelungen zum grünen Wasserstoff?

Bei dieser Frage ergibt sich das zweite Problem. Zwar hat der deutsche Gesetzgeber bereits im Juli 2021 begonnen, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Hier wurde eine Gesetzesnovelle im Energiewirtschaftsgesetz verabschiedet, die Wasserstoffnetze reguliert (§§ 28d ff.), eine Berichtspflicht zum weiteren Wasserstoffnetzausbau einführt (§ 112 Abs. 1 EnWG) sowie auch Anforderungen an die Herstellung von grünem Wasserstoff in der Erneuerbare-Energien-Verordnung regelt (§§ 12h ff.).
Vor der parlamentarischen Sommerpause 2022 hat der Bundestag zudem das Sofortmaßnahmenpaket beschlossen und den Rechtsrahmen für grünen Wasserstoff erneut nachgebessert.

Als Anreiz zur Herstellung von grünem Wasserstoff gegenüber dem herkömmlichen, günstigeren grauen Wasserstoff sieht das Gesetz über Erneuerbare-Energien in § 69b vor, dass der Strom, den die Erzeugung von grünem Wasserstoff braucht, von der EEG-Umlage befreit werden kann.

Soweit zu den Regelungen auf nationaler Ebene. Entscheidend wird aber letztlich eine europaweit einheitliche Definition und Lösung zu grünem Wasserstoff sein. Denn auch die Europäische Kommission hat ihren Nachholbedarf erkannt und den 27 Mitgliedsstaaten im Mai 2022 Maßnahmen zur Ausgestaltung der Wasserstoffproduktion vorgeschlagen.

Der „REPowerEU-Plan“ forciert neben dem verstärkten Ausbau erneuerbarer Energien den beschleunigten Hochlauf des Wasserstoffmarktes. Vor allem möchte die Kommission den Rechtsrahmen für grünen Wasserstoff durch delegierte Rechtsakte zur Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) ergänzen.
Ein Entwurf bezieht sich auf erneuerbare Kraftstoffe nicht-biologischen Ursprungs im Verkehrssektor und nennt zudem nähere Informationen für grünen Wasserstoff.

So sieht es weltweit bei grünem Wasserstoff aus

Hier ergibt sich nun das dritte Problem. Während der grüne Wasserstoff in Europa gefühlt verschlafen wurde und nun erst nach und nach Regelungen getroffen werden, sind andere Länder bereits weiter und haben sogar schon konkrete Pläne.

So wollen beispielsweise Japan und Südkorea eine Wasserstoff-Logistik etablieren, wenngleich bei diesem Vorhaben die Herstellung von sekundärer Bedeutung ist. China hingegen hat naturgemäß genug Raum und Ressourcen, um Platzhirsch auf diesem Gebiet zu werden.

Zudem starten nun auch die Amerikaner. So hat die US-Regierung einige Gesetzesvorhaben verabschiedet, die einfache Regelungen enthalten und jedem Unternehmen, das grünen Wasserstoff herstellt, attraktive Steuervergünstigungen über zehn Jahre garantieren. Expert:innen rechnen damit, dass Investitionen in Milliardenhöhe in der Folge nach Amerika oder Asien – und nicht nach Europa – fließen werden.

Grüner Wasserstoff: Die wichtigsten Player

Dieses Problem hat auch die hiesige Industrie erkannt. In einem Brief, der unter anderem an die EU-Kommission gerichtet war, fordern die Verbände “Hydrogen Europe” und “Renewable Hydrogen Coalition”, dass auch in Europa schnelle und einfache Lösungen gefunden werden. Verlöre man seine Führungsrolle bei einer der wichtigsten Lösungen unseres Zeitalters, drohe ansonsten ein Fiasko, so die Verbände.
In Deutschland beschäftigen sich außerdem unter anderem der Nationale Wasserstoffrat und die NOW GmbH mit dem Thema. Der Nationale Wasserstoffrat wurde von der Bundesregierung berufen und handelt als unabhängiges, überparteiliches Beratungsgremium. Die NOW GmbH ist ein bundeseigenes Unternehmen und arbeitet nach eigener Aussage für die Zukunft emissionsfreier Technologien in einem integrierten Energiesystem. Sie nimmt im Bereich nachhaltige Mobilität und Energieversorgung unter anderem Aufträge von Bundesministerien an.

Unsere Einschätzung

Schnelles und überlegtes Handeln ist das Gebot der Stunde. Während der deutsche Gesetzgeber bereits angefangen hat, grünen Wasserstoff in seine Gesetze einzubauen, fehlt es daran noch auf europäischer Ebene.

Diesen Rückstand, der erst aufgrund der extremen Abhängigkeit von russischem Gas durch den Ukraine-Krieg und die damit verbundenen Gas-Lieferstopps zutage trat, gilt es nun aufzuholen. Dabei erweist sich die bisherige Trägheit, beispielsweise keine einheitliche Definition für grünen Wasserstoff zu haben, als fatal.
Deshalb unser Appell: Die europäischen Politiker:innen müssen dieses extrem wichtige Thema jetzt sofort angehen und für Planungssicherheit sorgen.

Haben Sie Fragen rund um das Thema grüner Wasserstoff? Dann sprechen Sie uns jederzeit gerne an!

Marcus Büscher

Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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