Fachekräfteeinwanderungsgesetz zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in Deutschland
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16. Januar 2024

Fachekräfteeinwanderungsgesetz zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in Deutschland

Kategorien: Rechtsberatung

Inhaltsverzeichnis

Nach Schätzungen des Instituts der deutschen Wirtschaft fehlten auch 2023 eine halbe Millionen Fachkräfte in Deutschland. Vor allem in den sogenannten Engpass-Berufsfeldern, wie zum Beispiel Informatik, Ingenieurwesen oder Humanmedizin macht sich der Mangel deutlich bemerkbar. Mit diesem Problem steht Deutschland aber nicht allein da. In der gesamten Europäischen Union kann der Bedarf an qualifiziertem Personal nicht durch die dort ansässigen Fachkräfte abgedeckt werden. Ein Grund dafür ist, dass selbst gut ausgebildete Arbeitnehmer:innen auf erhebliche bürokratische Probleme stoßen, die Arbeit und Aufenthalt innerhalb der Europäischen Union im Zweifel sogar verhindern können. Aus diesem Grund wurden auf europäischer Ebene Änderungen beschlossen, die Deutschland ab November 2023 durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung umgesetzt hat.

Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Was bringt die neue Blaue Karte EU 

Die neue Blaue Karte EU gilt seit November 2023 und ist eine der wichtigsten Aufenthaltstitel. Sie ermöglicht den legalen Aufenthalt bestimmter Drittstaaten-Angehöriger für die Erwerbstätigkeit. In Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/1883 hat der deutsche Gesetzgeber die Aufenthaltsmöglichkeiten mit der Blauen Karte EU neugestaltet. 

  • Die Gehaltsgrenze für Regel- und Engpassberufen ist deutlich abgesenkt. Sie liegt künftig bei einem Mindestgehalt von 45,3 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung für die Engpassberufe und Berufsanfänger:innen. 
  • Für alle anderen Berufe liegt die Gehaltsgrenze bei 50 Prozent. 
  • Berufsanfänger:innen mit Hochschulabschluss wurden neben IT-Spezialist:innen ohne Hochschulabschluss durch die Erweiterung des Personenkreises in das Gesetz aufgenommen.
  • Die Liste der Engpassberufe wurde erweitert und umfasst nun auch Führungskräfte in der Kinderbetreuung oder im Gesundheitswesen, Tierärzt:innen sowie akademische und vergleichbare Krankenpflege- und Geburtshilfefachkräfte.
  • Der Familiennachzug für Familienangehörige von Inhabern der blauen Karte EU wurde vereinfacht, wenn die Inhaber der blauen Karte bereits mit ihrer Familie in einem anderen EU-Staat gelebt haben.

Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Aufenthaltserlaubnisse für Fachkräfte mit Berufsausbildung oder akademischer Ausbildung 

Auch bei den beiden zentralen Aufenthaltstiteln für Fachkräfte mit Berufsausbildung gemäß § 18a AufenthG und Fachkräfte mit akademischer Ausbildung gemäß § 18b AufenthG gab es Änderungen.

Sind alle Voraussetzungen zur Erteilung des Aufenthaltstitels erfüllt, haben die Antragsteller:innen nunmehr einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte. Außerdem verzichtet der Gesetzgeber auf die Verbindung zwischen Qualifikation und der ausgeübten Beschäftigung. Wer also eine qualifizierte Berufsausbildung oder einen Hochschulabschluss hat, ist im Regelfall nicht mehr auf Beschäftigungen beschränkt, die in Verbindung mit dieser Ausbildung stehen.

Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Aufenthalt zur Anerkennung einer ausländischen Berufsqualifikation

Ab März 2024 gibt es neue Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen nach §16 d Abs. 1 AufenthG. Künftig werden die Möglichkeiten zum Aufenthalt für die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen in Deutschland ausgebaut und der Aufenthaltstitel dafür für 24 Monate, statt 18, ausgestellt. Auch eine Verlängerung um weitere 12 Monate bis zu insgesamt maximal 3 Jahren wird ermöglicht. Während dieses Zeitraumes dürfen angehende Fachkräfte eine Nebenbeschäftigung von maximal 20 Stunden pro Woche ausüben. Im Wege der neuen Anerkennungspartnerschaft ist es den angehenden Fachkräften künftig auch möglich, erst nach Deutschland einzureisen und dann das gesamte Anerkennungsverfahren vor Ort zu durchlaufen.

Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Chancenkarte und Westbalkanregelung

Schließlich kommen im Juni 2024 noch zwei wichtige Änderungen in der Einwanderungspolitik der Bundesrepublik hinzu. Drittstaatsangehörige können dann mit der Chancenkarte zum Zweck der Arbeitssuche einreisen. Fachkräfte mit voller Anerkennung ihrer Berufsqualifikation können auf diesem Weg ohne weitere Voraussetzungen einreisen.

Außerdem wird die Westbalkanregelung für Staatsangehörige von Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien entfristet. Gleichzeitig wird das Kontingent auf 50.000 Arbeitskräfte pro Jahr erhöht.

Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Vereinfachte Zustimmungserteilung für Berufskraftfahrende aus Drittstaaten

Um den Bedarf an Berufskraftfahrenden zu decken, wird das Zustimmungsverfahren der Bundesagentur für Arbeit für die Beschäftigung von Berufskraftfahrenden aus Drittstaaten vereinfacht. Zukünftig wird im Regelfall nicht mehr geprüft, ob die erforderlichen Fahrerlaubnisse und die Grundqualifikation vorliegen. Auch Sprachkenntnisse werden nicht mehr zwingend vorausgesetzt.

Unsere Einschätzung

Mit den vorstehenden Änderungen geht Deutschland einen wichtigen Schritt in die Zukunft des mobilen Fachkräftemarkts. Die vereinfachten Einreise- und Aufenthaltsmöglichkeiten bieten nicht nur Arbeitnehmern Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt, sondern eröffnen auch Arbeitgebern den Zugang zu hochqualifizierten internationalen Talenten. Bei allen Fragen zu Arbeits- und Aufenthaltsmöglichkeiten stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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