26. April 2022
Verlustabzugsbeschränkung nach § 8c KStG auf dem Prüfstand
Aktuell ist die Verlustabzugsbeschränkung nach § 8c KStG (Körperschaftsteuergesetz) auf dem Prüfstand des Bundesverfassungsgerichts. Warum das so ist und welche Folgen ein Urteil bringen könnte, erfahren Sie hier.
Hintergrund zur Verlustabzugsbeschränkung nach § 8c KStG
Seit Einführung des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 bergen Anteilswechsel (sowie auch die Kapitalerhöhung) an einer Kapitalgesellschaft, in der Verlustvorträge vorhanden sind, große steuerliche Risiken.
Denn wechseln innerhalb von fünf Jahren mehr als 50% der Gesellschaftsanteile an einer Kapitalgesellschaft, sind die bis dahin entstandenen Verlustvorträge meist in voller Höhe nicht mehr abziehbar. Dies führt bei künftigen Gewinnen der Kapitalgesellschaft zu einer erheblichen Steuermehrbelastung.
Darum gibt es die Verlustabzugsbeschränkung nach § 8c KStG
Eingeführt wurde die Verlustabzugsbeschränkung nach § 8c KStG, weil der Gesetzgeber Gestaltungsmissbräuche verhindern wollte. Diese Gestaltungsmissbräuche gab es besonders in Form sogenannter „Mantelkäufe“. Allerdings ist er mit der Formulierung (die mittlerweile teilweise angepasst wurde) über das Ziel hinausgeschossen.
In der Praxis sind Gesellschafterwechsel auch bei Kapitalgesellschaften alltäglich. Dabei werden oft mehr als 50% der Gesellschaftsanteile innerhalb von fünf Jahren veräußert oder übertragen. In den meisten Fällen sind somit nach damaligem Gesetzeswortlaut die Verlustvorträge untergegangen. Und zwar obwohl kein Gestaltungsmissbrauch, sondern vielmehr ein alltäglicher, wirtschaftlicher Vorgang umgesetzt wurde.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2017
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat bereits im Jahr 2017 einen Teil dieser Vorschrift als verfassungswidrig gekippt. Hierbei ging es um Änderungen der Beteiligungsverhältnisse zwischen 25% und 50% und einer damit verbundenen anteiligen Nichtberücksichtigung der sich steuermindernd auswirkenden Verlustvorträge in Höhe der Beteiligungsänderung.
Nun ist die Verfassungsmäßigkeit für die sogenannten „schädlichen Beteiligungserwerbe“ von mehr als 50% vom BVerfG zu klären. Insbesondere ist die Vereinbarung des §8c S. 2 KStG a.F. mit dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) sowie mit der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz) zu untersuchen. Hierzu hat der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) am 23. März 2022 gegenüber dem Bundesverfassungsgericht Stellung genommen.
Wie ist die aktuelle Situation?
Bei schädlichen Beteiligungserwerben von mehr als 50% im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2015 gehen die in der betroffenen Kapitalgesellschaft enthaltenen Verlustvorträge in voller Höhe unter. Dies führt zu einer Steuermehrbelastung bei künftigen Gewinnen der Kapitalgesellschaft. Dies sieht der DStV in seiner Stellungnahme an das BVerfG als verfassungswidrig an. Grund: Die Regelung ist nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Grundgesetz vereinbar.
Seit Anfang 2016 wurde der Verlustuntergang durch die Einführung des fortführungsgebundenen Verlustvortrags (§8d Körperschaftsteuergesetz) deutlich entschärft. Somit gehen die vorhandenen Verlustvorträge bei Vorliegen eines schädlichen Beteiligungserwerbs nicht pauschal unter. Auf Antrag bleibt der Verlustvortrag unter den Voraussetzungen des §8d KStG, welche sich im Wesentlichen auf die Fortführung des ursprünglichen Geschäftsbetriebes beziehen, bestehen. Hierdurch wird die Steuermehrbelastung für die genannten „alltäglichen, wirtschaftlichen“ Gesellschafterwechsel weitestgehend aufgehoben. Aus diesem Grund sieht der DStV die Regelungen des §8c KStG in der Fassung ab dem 1. Januar 2016 als verfassungsgemäß an.
Was kann sich für Betroffene ändern?
Insbesondere für schädliche Beteiligungserwerbe bis zum 31. Dezember 2015 ist die Entscheidung des BVerfG höchst interessant. Grund dafür ist, dass hier noch kein fortführungsgebundener Verlustvortrag beantragt werden konnte.
Sollte das BVerfG entscheiden, dass §8c S. 2 KStG a.F. verfassungsgemäß ist, bleibt die Nicht-Berücksichtigung der sich steuermindernd auswirkenden Verlustvorträge der schädlichen Beteiligungserwerbe und die damit einhergehende künftige Steuermehrbelastung der betreffenden Kapitalgesellschaften bestehen.
Unsere Einschätzung
Wird die eventuelle Verfassungswidrigkeit des §8c S. 2 KStG a.F. durch das BVerfG bestätigt, ist die Regelung rückwirkend auf den 1. Januar 2008 zu ändern. Hierdurch kann die Nichtberücksichtigung der sich steuermindernd auswirkenden Verlustvorträge in allen offenen Fällen rückwirkend verhindert werden. Aus diesem Grund sollten Sie in diesen Fällen unbedingt Einspruch mit Verweis auf die ausstehende Entscheidung des BVerfG einlegen.
Welche Einzelfälle bei Verfassungswidrigkeit der Vorschrift tatsächlich zu Gunsten der Steuerpflichtigen geändert werden können, hängt allerdings von verschiedenen Faktoren ab.
Haben Sie Fragen? Dann sprechen Sie uns gerne an.