Was Sie bei einer inkongruenten Gewinnausschüttung beachten müssen
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2. Mai 2023

Was Sie bei einer inkongruenten Gewinnausschüttung beachten müssen

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Eine Gewinnausschüttung ist die Verteilung des erwirtschafteten Gewinns einer Kapitalgesellschaft an ihre Anteilseignender. Die Verteilung folgt dabei den Beteiligungsverhältnissen, sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderes festgelegt ist. Die inkongruente oder disquotale Gewinnausschüttung weicht davon ab. Was Sie dazu wissen sollten, erfahren Sie hier. 

Was ist eine inkongruente Gewinnausschüttung?

Wie bereits dargestellt, weicht eine inkongruente Gewinnausschüttung von den Beteiligungsverhältnissen ab. Diese Abweichung kann dauerhaft oder temporär sein. Sie sind gesellschaftsrechtlich zulässig und werden, sofern korrekt umgesetzt, von der Finanzverwaltung anerkannt. Aber dazu im weiteren Verlauf mehr.

Welche Gründe gibt es für eine abweichende Gewinnverteilung?

Die Gründe für eine inkongruente Gewinnausschüttung sind vielfältig:

  • Sparerfreibeträge bei natürlichen Personen als Anteilseignender
  • Gemischte Anteilseignender, beispielsweise Kapitalgesellschaften und natürliche Personen mit unterschiedlichen Steuersätzen
  • Unterschiedliche Verlustvorträge bei den Gesellschaftern
  • Abgeltung von wirtschaftlichen Sonderleistungen des Gesellschafters, wie beispielsweise unentgeltliche Geschäftsführertätigkeit oder besondere Kundenakquise.

Die Aufzählung ist nicht vollständig. So unterschiedlich Unternehmen und Wirtschaftszweige sind, so vielfältig sind die Gründe für eine inkongruente Gewinnverteilung.

Welche zivil- und steuerrechtlichen Voraussetzungen hat eine inkongruente Gewinnausschüttung?

Die zivilrechtlichen Voraussetzungen für eine von den Beteiligungsverhältnissen abweichende Gewinnverteilung sind eindeutig im Gesetz geregelt. Dies betrifft Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) und im Bezug auf das Aktiengesetz (AktG). Dabei kommen diese Möglichkeiten in Betracht:

  • In der Satzung der Gesellschaft steht ein entsprechender Passus
  • Die Satzung beinhaltet eine Öffnungsklausel
  • Ein zivilrechtlich zulässiger, satzungsdurchbrechender Beschluss wird gefasst

Eine inkongruente Gewinnausschüttung funktioniert auch ohne Satzungsänderung durch einen Notar und Eintragung ins Handelsregister. Dafür muss ein zivilrechtlich ordnungsgemäßer, wirksamer und nicht anfechtbarer Gesellschafterbeschluss vorliegen. Das beschleunigt den ganzen Vorgang.

Bei einer dauerhaften Änderung der Gewinnverteilung reicht ein „einfacher“ Beschluss nicht aus: Die Satzung muss geändert werden. Das erfordert die materiellen und formellen Grundsätze einer Satzungsänderung. Erst dann ist die Änderung zivilrechtlich wirksam.

Wie wird eine inkongruente Gewinnausschüttung steuerlich anerkannt?

Dazu gab es in den letzten Jahren eine Vielzahl an Entscheidungen der Finanzgerichte. Der Bundesfinanzhof bezog explizit Stellung und vertritt eine klare Meinung: Wenn ein inkongruenter Gewinnverteilungsbeschluss zivilrechtlich wirksam ist, dann wird dieser auch steuerlich anerkannt. Erst kürzlich machte der Bundesfinanzhof (BFH) mit seinem Urteil vom 28.09.2022 noch einmal deutlich: Die Finanzverwaltung muss auch einen zivilrechtlich wirksamen abweichenden satzungsbrechenden Gewinnverteilungsbeschluss steuerlich anerkennen.

Außerdem bestätigen BFH und das Finanzgericht FG: Inkongruente Gewinnausschüttungen stellen keinen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO dar. Selbst steuerliche Gründe, wie zum Beispiel die Nutzung von Verlustpotenzialen oder niedrige Besteuerung der Gewinnausschüttung, schließt die Entscheidung mit ein. Dennoch ist es ratsam, die Gründe für eine abweichende Gewinnverteilung schriftlich festzuhalten und mit Datum und Unterschrift zu versehen; das hilft bei Rückfragen der Finanzverwaltung.

Unsere Einschätzung

Die inkongruente oder disquotale Gewinnausschüttung ist ein rechtssicheres Gestaltungsinstrument. Die Urteile und gesetzlichen Vorgaben zeichnen ein klares Bild. Anteilseigner können auf individuelle Bedürfnisse eingehen, solange sie sich an die zivilrechtlichen Voraussetzungen halten. Eine Beratung sollte im Vorfeld stattfinden, damit Sie auf der sicheren Seite sind. 

Denken Sie über eine inkongruente Gewinnausschüttung nach, brauchen Sie Unterstützung bei der Erstellung des entsprechenden Beschlusses oder der Satzungsänderung? Dann melden Sie sich gerne bei uns. Unser Team aus Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen unterstützt Sie gerne.

 

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