18. November 2021

Was Sie zur Fünftelregelung bei den Corona-Hilfen wissen müssen

Kategorien: Allgemein

Viele Unternehmer, die von der Corona-Pandemie betroffen waren, haben Corona-Soforthilfen, Überbrückungshilfen und andere Zuschüsse erhalten und müssen diese in ihrer Steuererklärung angeben und versteuern. 

Dazu müssen sie die Angaben in der Anlage “Corona-Hilfen” und Anlage EÜR machen. In vielen Fällen führt dies zu einer erheblichen Steuernachzahlung. Da stellt sich für viele die Frage: Können Unternehmer:innen die Tarifermäßigung nach der sogenannten Fünftelregelung (oder auch Fünftel-Regelung) nach § 34 EStG für Entschädigungen beantragen, wenn sie ihre Steuererklärung abgeben? Erfahren Sie hier alles Wissenswerte rund um Fünftelregelung und Corona-Hilfen.

Tarifermäßigung durch die Fünftelregelung für Entschädigungen

Entschädigungen sind nach der Fünftelregelung steuerbegünstigt. Voraussetzung: Sie werden als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt. Weitere Voraussetzung ist, dass es zu einer Zusammenballung von Einkünften kommt. Zusammenballung bedeutet, dass Unternehmer:innen durch die Entschädigung mehr erhalten haben, als sie bei einem normalen Betrieb der selbständigen, beziehungsweise gewerblichen Tätigkeit erhalten hätten.

Fünftelregelung für Corona-Hilfen – das sagt das Finanzamt

Die Bund-Länder-Ebene vertritt die Auffassung, dass es nicht möglich ist, eine Tarifermäßigung zu gewähren. Hierzu hat sich das Finanzministerium Schleswig-Holstein in einem aktuellen Schreiben geäußert.
Demnach wird die Tarifermäßigung für Corona-Hilfen nicht gewährt, weil es sich laut des Finanzministeriums bei den Corona-Hilfen nicht um den Ersatz von entgangenen oder entgehenden Einnahmen handelt. Vielmehr wurden Corona-Hilfen als Ausgleich von Ausgaben gezahlt. Ebensowenig liege eine Entschädigung für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit vor. Die Corona-Hilfen sind nach Auffassung des Finanzministeriums Schleswig-Holstein für die vorübergehende Schließung der Betriebe gezahlt worden. Außerdem liege keine Zusammenballung von Einkünften vor.
Beantragen Unternehmer:innen die Anwendung der Fünftelregelung mit Abgabe ihrer Steuererklärung, wird das Finanzamt diesen Antrag in der Regel ablehnen. Im Anschluss wird es einen abweichenden Steuerbescheid erlassen.

Unsere Einschätzung

Der Argumentation der Finanzverwaltung können wir uns in vielen Punkten anschließen. Aber es gibt aus unserer Sicht gute Gründe, die dagegen sprechen. Denn Unternehmer:innen konnten oder durften ihrer Tätigkeit nicht nachgehen oder zumindest nicht in gewohntem Umfang. Und deshalb haben sie Umsatzeinbußen erlitten. Aus diesem Grund sind die Corona-Hilfen nichts anderes als Entschädigungen. Rechtssicherheit kann allerdings nur eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes bringen.
Betroffene Unternehmen sollten die Tarifermäßigung beantragen und versuchen, den Steuerbescheid oder Einspruch möglichst lange offen zu halten bis es ein Musterverfahren gibt, auf das sie sich berufen können.

Haben Sie Fragen zur Fünftelregelung oder ähnlichen Themen? Dann kommen Sie jederzeit gerne auf uns zu!

 

Stephanie Ernst

Prokuristin, Steuerberaterin, Diplom-Finanzwirtin, Fachberaterin für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.)

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