26. Mai 2020
Erste gerichtliche Entscheidung zum Versicherungsschutz durch die Betriebsschließungsversicherung in der Corona-Krise
Inhaltsverzeichnis
- Mannheimer Landgericht bestätigt den Anspruch des Hoteliers
- Landgericht Mannheim: Corona löst Versicherungsfall der Betriebsschließungsversicherung aus
- Die Entscheidungsgründe des Mannheimer Landgerichts
- Mannheimer Richter setzen faktische mit bedingungsgemäßer Schließung gleich
- Individuelle Schließungsverfügung nicht nötig
- Einstweiliger Rechtsschutz abgelehnt
- Unsere Einschätzung
Ob Unternehmen Ansprüche aus einer abgeschlossenen Betriebsschließungsversicherung geltend machen können, wurde kontrovers diskutiert. Erstmalig äußerte sich nun das Landgericht Mannheim in einem einstweiligen Verfügungsverfahren zum Versicherungsschutz in der Corona-Krise und stärkte die Interessen der Versicherten. Wir geben einen Überblick.
Unzählige von der Corona-Pandemie betroffene Unternehmen und Einrichtungen warten auf Entschädigung durch ihre Versicherung. Nun bestätigten die Mannheimer Richter die Sichtweise eines Hoteliers und dessen Rechtsberatung.
Mannheimer Landgericht bestätigt den Anspruch des Hoteliers
Das Gericht musste sich mit dem Versicherungsschutz eines Hoteliers mit angeschlossener Gastronomie auseinandersetzen.
Der Unternehmer musste seinen Betrieb aufgrund einer Allgemeinverfügung gestützt auf das Infektionsschutzgesetz beschränken. In seiner Entscheidung stützte das Gericht annähernd vollumfänglich die Auffassung der Rechtsberater, die bereits zuvor in den meisten Fällen von dem Bestehen eines Anspruchs des Versicherungsnehmers ausgegangen waren.
Landgericht Mannheim: Corona löst Versicherungsfall der Betriebsschließungsversicherung aus
Einschlägig waren regelmäßig vorkommende Versicherungsbedingungen. Eine namentliche Aufzählung von Krankheiten und Krankheitserregern erfolgte indes nicht. Es wurde lediglich auf die im Infektionsschutzgesetz (§§ 6, 7) genannten Krankheiten verwiesen. Das Gericht urteilte, dass eine bedingungsgemäße, versicherte Betriebsschließung vorläge.
Damit entschied das Gericht erstmalig den primär bestehenden Streitpunkt, ob das Covid-19-Virus einen Versicherungsfall auslösen könne. Zu Beginn führte das Gericht dazu an, dass Versicherungsbedingungen stets aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers auszulegen seien und verbleibende Zweifel zu Lasten des Versicherers gingen.
Die Entscheidungsgründe des Mannheimer Landgerichts
In den Entscheidungsgründen führte das Gericht aus, dass es sich um eine allgemeine, dynamische Verweisung in den Versicherungsbedingungen handele, da diese keine konkrete Gesetzesfassung ausdrücklich erwähnten.
Somit seien auch alle nachträglichen Gesetzesänderungen im Infektionsschutzgesetz umfasst. Für den Versicherungsschutz waren also die zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger entscheidend, damit auch Covid-19.
Mannheimer Richter setzen faktische mit bedingungsgemäßer Schließung gleich
Dem Argument der Versicherer, dass weiterhin der Übernachtungsbetrieb für geschäftliche Zwecke möglich sei und von einer Betriebsschließung im Rahmen der Bedingungen daher nicht mehr gesprochen werden könne, folgte das Gericht nicht.
Es argumentierte, dass eine faktische Schließung – wie sie die Corona-Pandemie mit sich brachte (u.a. Home-Office, Absage von Großveranstaltungen und Messen) – eine bedingungsgemäße Schließung darstelle. Die aktuelle Situation in der Pandemie schließe einen wirtschaftlich sinnvollen Betrieb aus. Der Sinn und Zweck der Versicherung spreche indes dafür, auch faktische Schließungen unter den Versicherungsschutz zu fassen.
Individuelle Schließungsverfügung nicht nötig
Auch verneinte das Gericht die viel diskutierte Frage, ob eine individuelle Schließungsverfügung gegenüber dem betroffenen Betrieb nötig sei, um den Versicherungsschutz auszulösen.
Mit Heranziehung des Wortlauts der Bedingungen sei dies mitnichten zu fordern. Eine Gefahr, die vom behördlich geschlossenen Betrieb selbst ausgehe, müsse nicht vorliegen.
Einstweiliger Rechtsschutz abgelehnt
Trotz alledem lehnte das Gericht den einstweiligen Rechtsschutz ab. Begründet wurde dies damit, dass die Höhe des Schadens nicht ausreichend dargelegt wurde und ein Verfügungsgrund nicht vorgelegen habe.
Im einstweiligen Rechtsschutz könne dem Versicherten nur der Betrag zustehen, der zur Abwendung einer existenziellen Notlage notwendig und geeignet wäre. Aufgrund der Tatsache, dass der Betrieb zusätzlich bereits Kurzarbeitergeld und Soforthilfen beantragt hatte, mangele es an einer hinreichenden Darlegung.
Unsere Einschätzung
Wir raten weiterhin dazu, keinesfalls vorschnell auf etwaige Kulanz-Angebote Ihrer Versicherer einzugehen.
Eine gründliche Prüfung und Auslegung der Versicherungsbedingungen bleibt weiter zentral für die Geltendmachung Ihres Anspruchs. Insbesondere bei der Darlegung der Schadenshöhe sollten Sie sorgfältig vorgehen.