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17. Juli 2025

Corona-Hilfen: Schlussabrechnung erhalten – was bedeutet das (noch) nicht?

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Die Schlussabrechnungen zu den Corona-Überbrückungshilfen I-IV sowie den November- und Dezemberhilfen mussten eingereicht werden. Dabei waren mitunter einige Schwierigkeiten und Probleme zu bewältigen. Viele Unternehmen haben inzwischen Schlussbescheide zu den Corona-Wirtschaftshilfen in den Händen. Doch mit dem vermeintlichen Abschluss ist es nicht unbedingt getan: Die Verwaltung behält sich Nachprüfungen und Rückforderungen weiterhin ausdrücklich vor – und das mitunter für Jahre. 


Schlussbescheid ist nicht gleich endgültige Sicherheit

Auch wenn auf dem Bescheid „Schlussabrechnung“ steht: Rechtlich betrachtet ist dieser häufig noch mit einem sogenannten Vorbehalt der Nachprüfung versehen. Das bedeutet, dass Förderstellen auch Jahre später weitere Unterlagen anfordern oder Korrekturen vornehmen können – etwa bei entdeckten Rechenfehlern, geänderten Rechtsauffassungen oder neuen Prüfhinweisen. 

Was tun? 

Unterlagen aufbewahren, am besten digital geordnet nach Programm (z.B. Überbrückungshilfe III, Neustarthilfe) und Monat – mindestens zehn Jahre. 

Rückforderungen auch nach Jahren noch möglich

Selbst wenn bereits ein Schlussbescheid erging, können sich Rückforderungen/ Nachzahlungen durch spätere Prüfungen oder neue Erkenntnisse ergeben. Das ist insbesondere dann kritisch, wenn die Rücklagenbildung versäumt wurde oder betroffene Unternehmen bereits in Nachfolgegesellschaften überführt wurden. 

Was raten wir unseren Mandant:innen? 

  • Sicherheitsrücklagen bilden – und keine finanzielle Planung auf einer endgültigen Behaltenszusage aufbauen. 
  • Widerrufsvorbehalte wie 
    • Vertragsbeziehungen zu Ländern mit niedrigen Steuersätzen dokumentieren
    • Verwendungsnachweise für den Einsatz der erhaltenen Förderungen (Stichwort „Zweckbindung“) führen
    • Änderungen wie Insolvenz / Betriebsaufgabe melden 

Verjährung: Der Zähler läuft (noch) nicht

Viele denken: „Drei Jahre, dann ist alles vorbei.“ Doch das stimmt nur bedingt. Die Frist für die Festsetzungsverjährung beginnt erst mit Bekanntgabe eines endgültigen Bescheids ohne Vorbehalt. Läuft dieser unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, kann die Verwaltung noch viele Jahre aktiv werden – zum Teil bis 2030 und darüber hinaus. 

Was bedeutet das konkret? 

Keine Planungssicherheit bis zur Aufhebung des Prüfvorbehalts. Besonders kritisch für Betriebsübernahmen oder Unternehmensnachfolgen. 

Ungleichbehandlung bei Rückforderungen – ein Risiko

Ein weiterer Aspekt: Die Gleichbehandlung aller Antragstellenden ist verwaltungsrechtlich geboten, aber praktisch schwer umzusetzen. Einzelne Rückforderungen in vergleichbaren Fällen könnten als willkürlich empfunden werden, wenn andere unbeanstandet bleiben. Das schafft juristischen Zündstoff. 

Was können wir für Sie tun? 

Widerspruchsfristen bzw. Klagefristen müssen im Blick behalten werden. Im Zweifel ist Widerspruch bei den Bewilligungsstellen einzulegen. Wir organisieren auch Hilfestellung für Klageverfahren und beantragen Akteneinsicht. 

Dringend zu beachten: 

In Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen wurde das Widerspruchverfahren allerdings abgeschafft. Dort ist direkt Klage innerhalb eines Monats nach Erhalt des Bescheids bei den zuständigen Verwaltungsgerichten einzureichen. In den anderen Bundesländern erst nach Ablehnung oder Teilablehnung des Widerspruchs. Die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid sollte genau überprüft werden – dort steht klar und deutlich, ob Widerspruch oder Klage zulässig ist.

Kommunikation ist keine Einbahnstraße

Die Förderstellen versenden zwar Schlussbescheide – aber die Kommunikation endet dort nicht. Insbesondere bei Rückfragen oder Auffälligkeiten (z. B. ungewöhnliche Umsatzeinbrüche oder hohe Fixkosten) lohnt es sich, proaktiv und gut vorbereitet zu antworten.

Unser Tipp: 

Antworten Sie sachlich, aber klar dokumentiert – und legen Sie den Fokus auf Transparenz und Plausibilität. Frühzeitige Kommunikation kann helfen, spätere Rückforderungen zu vermeiden.

Keine Entwarnung trotz Schlussabrechnung: Unsere Einschätzung

Die Corona-Hilfen waren ein wichtiges Instrument in der Krise. Doch die Schlussabrechnung stellt nicht automatisch einen endgültigen Abschluss dar. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte Unterlagen langfristig sichern, sich bei offenen Punkten rechtlich beraten lassen und mit einer möglichen Rückforderung rechnen – selbst Jahre später. 

Sie haben Fragen zur Nachprüfung, zum Vorbehalt oder zur Verjährung?

Wir beraten Sie gerne – fachlich fundiert, vorausschauend und mit Blick auf Ihre individuelle Situation. Wenden Sie sich vertrauensvoll an unsere Expert:innen Lars Rinkewitz, Simon Schwertl oder Julia Kramer.

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