20. April 2021

DAC6-Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen

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Seit dem 01. Juli 2020 gilt die DAC6 zur Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen. Hier finden Sie einen Überblick zu den jetzt geltenden Bestimmungen.

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 29. März 2021 die Anwendungsvorschriften über die Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen finalisiert. Aggressive Steuergestaltungsmodelle multinationaler Konzerne wie zum Beispiel „Double Irish, Dutch Sandwich“ haben zu dieser neuen Regelung beigetragen. Auch die mediale Aufbereitung und Verbreitung der „Panama Papers“ oder „Paradise Papers“ haben den politischen Fokus verschoben. Im internationalen Steuerrecht ging es lange um die Vermeidung der Doppelbesteuerung. Inzwischen geht es um die Vermeidung der Minderbesteuerung.

Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen beschlossen

Am 21. September 2019 hat der Gesetzgeber in Deutschland das Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen beschlossen. Hiermit wurden die Empfehlungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie die Vorgaben der sechsten Änderungs-Richtlinie (EU) 2018/822 (DAC 6) umgesetzt. Das zum 1. Januar 2020 in Kraft getretene Gesetz hat insbesondere die §§ 138d bis 138k AO als Ergänzung des Unterabschnitts „Anzeigepflichten“ in die Abgabenordnung eingefügt.

DAC6 als grenzüberschreitende Steuergesetzgebung soll unerwünschte Gestaltungsspielräume schließen

Der deutsche Gesetzgeber verfolgt mit dem Umsetzungsgesetz ausdrücklich keine zusätzliche Abschreckungsfunktion. Er weicht damit von der EU-Änderungsrichtlinie sowie der OECD ab. Laut Gesetzesbegründung geht es um rechtspolitische und veranlagungsunterstützende Ziele. Mit Hilfe der offengelegten Informationen sollen Behörden und Gesetzgeber in die Lage versetzt werden, zeitnah gegen schädliche Steuerpraktiken vorzugehen. Auf diese Weise sollen unerwünschte Gestaltungsspielräume durch Rechtsvorschriften oder geeignete Risikoprüfungen geschlossen werden.

In diesen Fällen liegt eine mitteilungspflichtige grenzüberschreitende Steuergestaltung gemäß DAC6 vor

Das Schreiben vom 29. März 2021 des Bundesministeriums der Finanzen stellt zu den Voraussetzungen der Mitteilungspflicht unter Tz. 6 ein grafisches Prüfschema zur Verfügung. Ob eine mitteilungspflichtige grenzüberschreitende Steuergestaltung vorliegt, lässt sich demnach wie folgt ermitteln:

  1. Ist eine Steuer betroffen, auf die das EU-Amtshilfegesetz (EUAHiG) Anwendung findet?
  2. Liegt per se eine Steuergestaltung vor?
  3. Wer ist an der Steuergestaltung beteiligt und liegt ein grenzüberschreitender Bezug vor?
  4. Ist mindestens eines der Kennzeichen (engl.: hallmark) des § 138e I oder II AO erfüllt?

Persönlicher Anwendungsbereich grenzüberschreitender Steuergestaltungen für den Intermediär

Die Mitteilungspflicht richtet sich primär an den sogenannten Intermediär. Intermediär ist „wer eine mitteilungspflichtige grenzüberschreitende Steuergestaltung vermarktet, für Dritte konzipiert, organisiert oder zur Nutzung bereitstellt oder ihre Umsetzung durch Dritte verwaltet.“ (BMF, Schreiben v. 29.03.2021, IV A 3 – S 0304/19/10006 :010, S. 19) Steuerberater:innen, Wirtschaftsprüfer:innen oder Rechtsanwält:innen gehören dazu.

Nutzer:innen unterliegen einer subsidiären Mitteilungspflicht. Sofern die mitteilungspflichtige grenzüberschreitende Steuergestaltung von den Nutzer:innen selbst, also ohne Beteiligung eines Intermediärs, häufig sog. Inhouse-Gestaltungen, konzipiert worden ist, obliegt diesen selbst die komplette Mitteilung.
Darüber hinaus kann die Mitteilungspflicht partiell auf die Nutzer:innen übergehen. Dies ist der Fall, wenn ein inländischer Intermediär einer mitteilungspflichtigen grenzüberschreitenden Steuergestaltung einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegt und der/die Nutzer:in ihn trotz Hinweis hiervon nicht entbindet. Dann ist der/die Nutzer:in verpflichtet die persönlichen Angaben selbstständig mitzuteilen.

Das sind die Mitteilungsfristen für grenzüberschreitende Steuergestaltungen

Deutschland hat neben zwei weiteren Mitgliedsstaaten von der optionalen Fristverlängerung der EU keinen Gebrauch gemacht. Darum sind die Vorschriften zur Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen seit dem 1. Juli 2020 anzuwenden. Unternehmen müssen Fristen einhalten. Grundsätzlich gilt ab dem 1. Juli 2020 für alle Fälle, bei denen das sogenannte maßgebliche Ereignis nach dem 30. Juni 2020 liegt (Neufälle), eine Frist zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen von lediglich 30 Tagen. Der Fristbeginn wird nach dem ersten Eintritt der folgenden drei Ereignisse (maßgebliches Ereignis) bestimmt:

  1. Bereitstellung der grenzüberschreitenden Steuergestaltung zur Umsetzung
  2. Eintritt der Umsetzungsbereitschaft des Nutzers
  3. Vornahme des ersten Schritts der Umsetzung der grenzüberschreitenden Steuergestaltung durch mindestens eine:n Nutzer:in

Sofern ein:e Nutzer:in einer partiellen Mitteilungspflicht unterliegt, beginnt die 30-tägige Frist zur Mitteilung der personenbezogenen Daten. Allerdings erst mit Ablauf des Tages, an dem die vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) vergebene und vom Intermediär weitergeleitete sogenannte Registrier- und Offenlegungsnummer zugeht. Für den Sonderfall der marktfähigen grenzüberschreitenden Steuergestaltungen herrscht zudem eine partielle Aktualisierungspflicht. Etwaige Änderungen sind innerhalb von zehn Tagen nach Ablauf des Kalendervierteljahres mitzuteilen.

So funktioniert das Verfahren zur Mitteilung bei grenzüberschreitenden Steuergestaltungen

Unternehmen müssen die Mitteilung einer grenzüberschreitenden Steuergestaltung in Form eines vorgeschriebenen Datensatzes über die amtlich bestimmte Schnittstelle elektronisch übermitteln. Dafür stehen drei Verfahren zur Verfügung:

  1. Einzeldatenübermittlung über das BZSt Online-Portal (BOP)
  2. XML-Web Upload im BOP
  3. die Elektronische Massendatenschnittstelle (ELMA).

Diese Angabepflicht besteht für die Steuererklärung durch DAC 6

Nutzer:innen müssen zur Veranlagungsunterstützung die mitteilungspflichtige grenzüberschreitende Steuergestaltung auch in der Steuererklärung für die Steuerart und den Besteuerungszeitraum oder -zeitpunkt angeben, in der sich der steuerliche Vorteil erstmals auswirken soll.

Die Angabepflicht wird durch Nennung der vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) oder von einer zuständigen Behörde eines anderen EU-Mitgliedstaates zugeteilten Registrier- und Offenlegungsnummer erfüllt. Liegen die zum Zeitpunkt der Abgabe einer betroffenen Steuererklärung nicht vor, muss gesondert auf die grenzüberschreitende Steuergestaltung hingewiesen werden.

Folgen bei Verletzung der Mitteilungspflicht

Wenn vorsätzlich oder fahrlässig etwaige Mitteilungspflichten oder aber auch Angabepflichten zu grenzüberschreitenden Steuergestaltungen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt werden, liegen Ordnungswidrigkeiten vor. In Deutschland werden diese mit einer Geldbuße von jeweils bis zu 25.000 Euro geahndet.

Unsere Einschätzung

Die Komplexität der Kennzeichen und der damit einhergehenden Problematik der Identifizierung von mitteilungspflichtigen Steuergestaltungen erfordert umfassende Kenntnisse im nationalen und internationalen Steuerrecht. Sie erhalten durch die interdisziplinäre Fach- und Branchenexpertise unserer Steuerberater:innen, Wirtschaftsprüfer:innen, Rechtsanwält:innen sowie Unternehmensberater:innen umfassende Unterstützung.

Die Prüfung hinsichtlich des Vorliegens Ihrer mitteilungspflichtigen grenzüberschreitenden Steuergestaltung sollten Sie aufgrund der stetigen Einzelfallbetrachtung und im Hinblick auf die knappe Frist von lediglich 30 Tagen rechtzeitig vornehmen. Neben der Fristwahrung sollten Sie zudem eine vollständige Übermittlung sicherstellen, um Bußgelder zu vermeiden. Gerne sind wir Ihnen bei der Prüfung sowie der technisch und inhaltlich korrekten Übermittlung behilflich. Im Rahmen unserer Mandatsbetreuung überwachen wir auch die erweiterten Angabepflichten im Rahmen der Steuerdeklaration. Besteht für Sie keine Mitteilungspflicht, erstellen wir Ihnen eine Negativdokumentation. Selbstverständlich stehen wir Ihnen auch als Ansprechpartner für weitere Gestaltungsberatung gerne zur Verfügung.

Julian Heesemann

Associate Partner, Steuerberater, Fachberater für die Umstrukturierung von Unternehmen (IFU /ISM gGmbH), Diplom-Finanzwirt, LL.M.

Tim Nöhring

Steuerassistent, LL.M

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