19. Juli 2024
Reform des Postgesetzes: Neue Fristen im Steuerrecht ab 1. Januar 2025
Die Bundesregierung hat eine Gesetzesnovelle beim Postrecht vorgenommen. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 05.07.2024 dem Postrechtsmodernisierungsgesetz (PostModG) zugestimmt. Die Änderungen im Postrecht haben Auswirkungen auf die Vorschriften der Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, die wir in diesem Blogartikel beleuchten möchten.
Warum wird das Postgesetz reformiert?
Das Postrechtsmodernisierungsgesetz (PostModG) ist ein Gesetz, um die Rahmenbedingungen der Postbranche mehr als 25 Jahre nach Inkrafttreten des Postgesetzes zu modernisieren. Das Gesetz zielt darauf ab, die flächendeckende und erschwingliche Versorgung der Menschen mit Briefzustellungen und Paketzustellungen zu sichern, auch bei sinkenden Briefmengen. Dazu werden die Brieflaufzeiten angemessen verlängert und die Briefpreise unter dem europäischen Durchschnitt gehalten. Zudem soll Wettbewerbern der Deutschen Post besserer Zugang zum Briefmarkt und Paketmarkt ermöglicht werden.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird das Postrecht aus dem Jahre 1997 grundlegend novelliert. Ziel ist es nach Darstellung der Bundesregierung, auch in Zukunft flächendeckend angemessene und ausreichende Postdienstleistungen zu gewährleisten, den fairen Wettbewerb zu stärken, angemessene Arbeitsbedingungen zu fördern und Anreize für einen ökologisch nachhaltigen Postsektor zu setzen. Das wichtigste Ziel sei die flächendeckende, angemessene und ausreichende Gewährleistung von Briefbeförderungen und Paketbeförderungen, die den Bedürfnissen einer zunehmend digitalen Gesellschaft entsprechen soll (siehe Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Postrechts vom 22.12.2023, BR-Drucksache 677/23).
Wie sollen sich die Brieflaufzeiten verändern?
Bislang müssen Briefe in der Grundversorgung mit einer durchschnittlichen Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent am folgenden Werktag bei den Empfänger:innen ankommen und zu 95 Prozent am zweiten Werktag. Künftig müssen Standard-Briefsendungen zu 95 Prozent am dritten Werktag und zu 99 Prozent am vierten Werktag die Empfänger:innen erreichen. Die 95prozentige Zustellung verschiebt sich also um einen Tag, dafür ist am vierten Tag die Zustellung so gut wie sicher.
Auswirkungen des neuen Postgesetzes auf Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung
Das PostModG enthält unter anderem Änderungen der Abgabenordnung (AO) und Finanzgerichtsordnung (FGO). Diese Änderung sind für die Wahrung von Rechtsbehelfsfristen wichtig:
Aufgrund der Verlängerung der Laufzeitvorgaben im Universalpostdienst wird die bisherige gesetzliche Vermutung bei Bekanntgabe eines schriftlichen Verwaltungsakts im Inland durch die Post entsprechend angepasst. Anders als bisher wird bei der Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes nicht mehr auf drei Tage, sondern auf vier Tage nach der Aufgabe zur Post abgestellt werden. Zu diesem Zweck wird § 122 Absatz 2 Nummer 1 Abgabenordnung (AO) dahingehend geändert, dass ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post im Inland übermittelt wird, am vierten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gilt. Die Möglichkeit, einen späteren Zugang des Verwaltungsakts geltend zu machen, bleibt unverändert bestehen. Auch die Bekanntgabe-Vermutung von einem Monat im Falle der Übermittlung im Ausland bleibt unverändert.
Anpassung der Bekanntgabe-Vermutung
Im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit wird die bisherige gesetzliche Bekanntgabe-Vermutung in § 122a Absatz 4 Satz 1 AO bei Bereitstellung eines elektronischen Verwaltungsakts zum Abruf auf vier Werktage nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung angepasst. Dies vermeidet unterschiedliche Bekanntgabezeitpunkte in Abhängigkeit von der Übermittlung durch die Post oder der Abrufbereitstellung.
Schließlich wird § 133a Absatz 2 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dahingehend angepasst, dass formlos mitgeteilte Entscheidungen mit dem vierten Werktag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gelten. Es handelt sich ebenfalls um Folgeänderungen infolge der Anpassung der Laufzeitvorgaben nach § 18 des Postgesetzes.
Wann treten die Änderungen der Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung in Kraft?
Die Änderungen der AO in § 122 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 2a, § 122a Absatz 4 AO sowie § 123 Satz 2 AO sind auf alle Verwaltungsakte anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2024 zur Post gegeben, elektronisch übermittelt oder elektronisch zum Abruf bereitgestellt werden. Die Änderungen der FGO treten am 1. Januar 2025 in Kraft.
Unsere Einschätzung zur Reform des Postgesetzes
Künftig müssen Standard-Briefsendungen zu 95 Prozent erst am dritten Werktag ankommen. Die 95prozentige Zustellung verschiebt sich also um einen Tag, Mit der gleichzeitigen Umstellung der Bekanntgabe-Vermutungsregelung von drei Kalendertagen auf vier Werktage in der Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung ist damit nach Auffassung der Bundesregierung keine Verschlechterung der Position der Steuerpflichtigen verbunden.
Der ursprünglichen Gesetzesentwurf sah in Artikel 16 in seiner Nr. 1 Buchstabe c) noch die Einführung eines neuen § 122 Abs. 2b AO vor, welcher bestimmte, dass die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) einschlägige Fristenregelung des § 108 Absatz 3 AO im Fall der Übermittlung durch die Post (Absatz 2) als auch bei der elektronischen Übermittlung (Absatz 2a) nicht mehr anzuwenden sei. § 108 Abs. 3 AO regelt, dass eine Frist mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags endet, wenn das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt. Diese Vorschrift galt nach der Rechtsprechung des BFH bislang auch für die Bekanntgabe-Vermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO. Diese ursprünglich vorgesehene Änderung hätte zu einer Abkehr von der nunmehr schon mehrere Jahrzehnte geltenden Praxis geführt. Dies wurde u.a. durch die verschiedenen Interessenverbände thematisiert (vgl. Stellungnahme S 07/24 des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV) zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Postrechts) und dann vernünftigerweise gestrichen.
Haben Sie Fragen zum Postrechtsmodernisierungsgesetz oder möchten Sie sich beraten lassen? Kontaktieren Sie einfach unsere Experten Marcus Sauer und Sebastian Raphael Vogt – sie stehen Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.