Das neue EU-Lieferkettengesetz: Safe Harbour – Sicherer Ausweg aus Haftungsproblematiken?
© wetzkaz / Adobe Stock

27. November 2023

Das neue EU-Lieferkettengesetz: Safe Harbour – Sicherer Ausweg aus Haftungsproblematiken?

Kategorien: Rechtsberatung

Inhaltsverzeichnis

Die Safe-Harbour-Regelung im Richtlinienentwurf des EU-Lieferkettengesetzes ermöglicht Unternehmen die Begrenzung von Haftungsrisiken in Geschäftsbeziehungen. Im Hinblick auf mögliche Haftungsprobleme sind derartige Regelungen daher besonders relevant. Alles, was Sie zur Safe-Harbour-Regelung im Richtlinienentwurf wissen müssen, erfahren Sie hier.

Hintergrund des Safe Harbours

Ein “sicherer Hafen” ist eine rechtliche Bestimmung in einem Gesetz oder einer Verordnung (Vereinfachungs- und Abmilderungsregelungen). Diese schützt Unternehmen vor rechtlichen oder anderen Strafen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

In Bezug auf den Richtlinienvorschlag handelt es sich bei Safe Harbour Regelungen nicht um einen Schwerpunkt. Der Safe-Harbour-Vorbehalt bietet dennoch eine Möglichkeit, die Schwere der Haftung abzumildern. Aus diesem Grund ist die Entscheidung über einen Safe-Harbour-Vorbehalt aus Unternehmerperspektive besonders interessant.

Der Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission enthält eine solche Safe-Harbour-Regelung in Art. 22 Abs. 2. Unternehmen müssen keine Haftung, vorbehaltlich besonderer Einzelfälle, für Schäden übernehmen, die durch die Tätigkeit eines indirekten Partners verursacht werden, mit dem eine Geschäftsbeziehung unterhalten wird. Dies gilt nicht nur für den Fall, dass die Eignung der Maßnahme zur Abwendung des Schadens nicht zu erwarten gewesen wäre (Satz 2).

Vorteile der Safe-Harbour-Regelung

Der Vorteil von Safe-Harbour-Regelungen besteht darin, dass sie Unternehmen keinen übermäßigen Haftungsrisiken aussetzen. Eine ausufernde Haftung kann so vermieden werden. Für die betroffenen Unternehmen wird Rechtssicherheit geschaffen, indem sie einen Überblick über den erwartbaren Haftungsrahmen erhalten. Die Safe-Harbour-Regelung ist ein nützliches Instrument, um die zivilrechtliche Haftung abzufedern.

Nachteile der Safe-Harbour-Regelung

Die im derzeitigen Vorschlag enthaltene Regelung stellt auch einen Schwachpunkt dar. Der Nachteil dieser Regelung ist, dass es eine gewisse Regress-Schranke gibt. Es ist daher fraglich, ob durch die Umsetzung einer solchen Regelung Haftungslücken entstehen, die dem ursprünglichen Ziel zuwiderlaufen, solche Lücken zu schließen. Zudem liegt hier eine relativ enge Safe-Harbour-Regelung vor, dessen Bewertung Auslegungssache ist. Wenn jedoch der Anwendungsbereich so eingeschränkt ist wie hier, kann der Nutzen einer solchen Regelung durchaus in Frage gestellt werden.

Unsere Einschätzung

Auch hier gilt: Ob die Europäische Kommission ihren ursprünglichen Vorschlag zur Einführung einer Safe-Harbour-Regelung umsetzen kann, um so die zivilrechtliche Haftung abzufedern, bleibt abzuwarten.

Grundsätzlich sind Ansätze zu solchen Regelungen zu befürworten. Ansonsten könnten Unternehmen in Zukunft ausufernden Haftungsrisiken ausgesetzt sein.

Aufgrund der Dynamik und der möglicherweise entstehenden Haftungsproblematiken behalten wir die weitere Entwicklung des Richtlinienentwurfs für Sie im Auge. Sprechen Sie uns gerne bei Fragen an.

Jens Bühner

Partner, Rechtsanwalt, LL.M., Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Expert:innen zu diesem Thema

Keine passenden Personen gefunden.

Das könnte Sie auch interessieren

  • Wegzugsbesteuerung zwischen der EU und der Schweiz nicht EU-rechtskonform

    Der Bundesfinanzhof hat mit seinem Urteil vom 06.09.2023 (Az. I R 35/20) zur Konformität der Wegzugsbesteuerung im Sinn des § 6 Außensteuergesetz (AStG) mit dem EU-Recht bei einem Wegzug in die Schweiz geurteilt. Danach ist die Ausgestaltung der Wegzugsbesteuerung in [...]

    Christian Kappelmann

    01. Feb 2024

  • Neue Verordnung zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr

    Im September 2023 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine neue Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr unterbreitet. Diese soll die aktuelle Zahlungsverzugs-Richtlinie 2011/7/EU ersetzen. Damit bleibt eine einheitliche europäische Regelungsgrundlage bestehen. Alles Wichtige zur neuen Richtlinie finden [...]

    Jens Bühner

    12. Jan 2024

  • EU-Meldepflichten im Fokus: A1-Bescheinigung und Posted-Workers-Notification

    Internationale Mitarbeiterentsendungen liegen nicht nur in der Hand der Unternehmen. Auch die Länder, in die sie ihre Mitarbeitenden entsenden, haben hier ein gewisses Mitspracherecht, vor allem in Sachen Sozialversicherung und Arbeitnehmerschutz. Wie die EU es geschafft hat, den Versicherungsstatus in [...]

    Julia Brey

    11. Jan 2024