Die Berichterstattung von Treibhausgasemissionen nach den ESRS
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15. Februar 2024

Die Berichterstattung von Treibhausgasemissionen nach den ESRS

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Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) sehen umfangreiche Berichterstattungspflichten für mittelständische Unternehmen vor. Eine der Angabepflichten betrifft den CO2-Ausstoß, aber auch den Ausstoß weiterer Treibhausgase. Sie tragen wesentlich zum Klimawandel bei und werden daher als wichtig für die Berichtsadressaten erachtet. Die Ermittlung dieser Angaben ist besonders im Rahmen der Erstanwendung eine Herausforderung. Hier finden Sie einen Überblick zu den wichtigsten Anforderungen des ESRS E1.

Welche Angabepflichten sieht der Standard vor?

Die Berichterstattungspflicht ergibt sich aus dem ESRS E1 – Klimaschutz. Das Ziel: Festlegung von Angabepflichten, damit die Berichtsadressaten die Auswirkungen der unternehmerischen Aktivitäten auf den Klimawandel verstehen. Eine wesentliche Informationsquelle ist die Emission von Treibhausgasen durch das Unternehmen. Neben CO2 zählen hierzu Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O), teilfluorierte Kohlenwasserstoffe (HFKW), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFC), Schwefelhexafluorid (SF6) und Stickstofftrifluorid (NF3).

Konkret schreibt der Standard vor, dass das Unternehmen seine

  •   Scope-1-THG-Bruttoemissionen,
  •   Scope-2-THG-Bruttoemissionen,
  •   Scope-3-THG-Bruttoemissionen und
  •   seine THG-Gesamtemissionen

berichten muss. Wichtig zu wissen: Der Standard sieht eine Brutto-Berichterstattung vor. Das bedeutet, dass gekaufte, verkaufte oder übertragene Kohlenstoffgutschriften oder THG-Zertifikate bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden dürfen. 

Die Berichterstattung von Treibhausgasemissionen nach den ESRS - ESRS - Emissionen ESRS

European Sustainability Reporting Standards: Scope 1

Bei Scope 1 handelt es sich um direkte Treibhausgasemissionen aus Quellen, die dem Unternehmen gehören oder von ihm kontrolliert werden. Hierzu zählen Emissionen, die bei der Verbrennung von Brennstoffen in ortsfesten Quellen wie Kesseln, Öfen und Turbinen und bei anderen Verbrennungsprozessen wie Abfackeln entstehen. Scope 1-Emissionen resultieren aus der direkten Verbrennung fossiler Brennstoffe durch das bilanzierende Unternehmen.

Diese Emissionen lassen sich je nach Quelle des ausgestoßenen Gases in vier Unterkategorien einteilen:

1) Die stationäre Verbrennung bezieht sich auf Emissionen aus Brennstoffen, die in stationären Anlagen verbrannt werden, zum Beispiel Öl oder Gas in einer lokalen Heizungsanlage.

2) Emissionen aus der Verbrennung von Kraftstoffen durch die unternehmenseigene Fahrzeugflotte fallen unter die mobile Verbrennung.

3) Prozessemissionen entstehen durch physikalische oder chemische Prozesse, zum Beispiel Dämpfe, die während der internen Produktion oder durch andere industrielle Prozesse anfallen. Entstehen die Emissionen durch die Nutzung der eigenen oder direkt kontrollierten Anlagen des Unternehmens, fallen sie unter Scope 1.

4) Neben Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe umfasst Scope 1 auch diffuse Emissionen durch Kühlmittel und andere Gase. Diffuse Emissionen stammen beispielsweise aus Lecks, können aber auch durch die geplante schrittweise Freisetzung von Gas entstehen, etwa bei der Abwasseraufbereitung oder durch Kühltürme.

Wichtig: Scope 1 umfasst keine Emissionen aus der Produktion des Stroms, den das bilanzierende Unternehmen einkauft und verbraucht. Außer bei Energieunternehmen gelten diese als indirekte Scope 2-Emissionen.

European Sustainability Reporting Standards: Scope 2

Scope 2 beinhaltet indirekte Emissionen aus der Erzeugung von gekauftem oder erworbenem Strom, Dampf, Wärme oder Kälte, die vom Unternehmen verbraucht werden. Es handelt sich beispielsweise um die CO2-Emissionen, die bei der Erzeugung des bezogenen Stroms aus einem Kohlekraftwerk entstanden sind.

European Sustainability Reporting Standards: Scope 3

Unter Scope 3 werden alle indirekten Emissionen zusammengefasst, die nicht in Scope 2 enthalten sind und in der Wertschöpfungskette des berichterstattenden Unternehmens entstehen, einschließlich vor- und nachgelagerter Emissionen. Hierzu zählen beispielsweise die mit dem Transport und der Distribution von verkauften Waren durch einen Dritten verursachten CO2-Emissionen.

Während Scope 1 und 2 Emissionen mehr oder weniger direkt mit der Tätigkeit des Unternehmens in Verbindung stehen und somit auch messbar sind, können Scope 3 Emissionen in der Regel nur geschätzt werden. Gleichwohl können diese bei vielen Unternehmen den Hauptbestandteil des Treibhausgasinventars ausmachen, da die gesamte Wertschöpfungskette zu betrachten ist.

Das Greenhouse Gas Protocol (THG-Protokoll) unterteilt Scope 3 Emissionen in 15 Kategorien:

  1. Eingekaufte Waren- und Dienstleistungen
  2. Investitionsgüter
  3. Energie- und brennstoffbezogene Aktivitäten
  4. Vorgelagerter Transport und Distribution
  5. Abfall
  6. Geschäftsreisen
  7. Wege zwischen Wohnen und Arbeit
  8. Gemietete oder geleaste Sachanlagen
  9. Nachgelagerter Transport und Distribution
  10. Verarbeitung verkaufter Produkte
  11. Nutzung verkaufter Produkte
  12. End-of-Life Treatment verkaufter Produkte
  13. Vermietete oder verleaste Sachanlagen
  14. Franchise
  15. Investitionen

ESRS: So werden die Treibhausgasemissionen berechnet

Der Standard enthält Leitlinien für die Berechnung von Treibhausgasemissionen, die im Wesentlichen auf Grundsätze, Anforderungen und Leitlinien des Unternehmensstandards des THG-Protokolls, die Empfehlung (EU) 2021/2279 der Kommission und die Norm EN ISO 14064 verweisen.

Der Standard gibt die folgenden Hinweise zur Berechnung der Emissionen für den jeweiligen Scope.

Scope 1 – Das Unternehmen berechnet oder misst die Treibhausgasemissionen aus der stationären Verbrennung, der mobilen Verbrennung, Prozessemissionen und flüchtigen Emission und verwendet geeignete Aktivitätsdaten, die den Verbrauch an nicht erneuerbaren Brennstoffen umfassen.

Scope 2 – Für die Berechnung der Scope-2-THG-Emissionen existieren zwei Methoden, die standortbezogene und die marktbezogene. Bei der standortbezogenen Methode werden die Scope-2-Emissionen auf der Grundlage von durchschnittlichen Emissionsfaktoren für die Energieerzeugung an bestimmten Orten, einschließlich lokaler, subnationaler oder nationaler Grenzen quantifiziert. Bei der marktbezogenen Methode werden die Emissionen auf der Grundlage der Emissionen der Erzeuger quantifiziert, von denen das Bericht erstattende Unternehmen vertraglich Strom erwirbt.

Scope 3 – Die Berechnung der Scope-3-Emissionen erfolgt aufgrund von Schätzungen für die 15 Scope-2-Kategorien des THG-Protokolls oder alternativ nach der Norm EN ISO 14064-1:2018. Diese Schätzungen sind jährlich für die signifikanten Kategorien auf der Grundlage aktueller Tätigkeitsdaten zu aktualisieren. Mindestens alle drei Jahre oder bei Auftreten eines signifikanten Ereignisses oder einer erheblichen Änderung der Tätigkeiten oder der Struktur des Unternehmens bzw. der vor- oder nachgelagerten Wertschöpfungskette ist das gesamte THG-Inventar zu aktualisieren.

ESRS: Diese Übergangsvorschriften gelten für die Scope 3 Berichterstattung

Unternehmen oder Gruppen mit maximal 750 Beschäftigten können die Datenpunkte zu den Scope-3-Emissionen und den THG-Gesamtemissionen im ersten Jahr der Erstellung Ihrer Nachhaltigkeitserklärung auslassen. Scope 1 und Scope 2 hingegen müssen bereits im ersten Jahr berichtet werden.

Unsere Einschätzung

Der Aufbau eines unternehmensbezogenen THG-Inventars ist ein umfangreiches Projekt, da für Scope 1 und 2 Emissionen die notwendigen Daten im Unternehmen zusammengestellt und aufbereitet werden müssen. Die Ermittlung der Scope 3 Emissionen stellt eine weitere Herausforderung dar, da die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet werden muss. Hier kann sicherlich auf Erkenntnisse aus der Materialitätsanalyse zurückgegriffen werden, da auch hier die Wertschöpfungskette Gegenstand der Betrachtung ist.

Wir empfehlen Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und damit zur Anwendung der ESRS verpflichtet sind, frühzeitig mit der Ermittlung der THG-Emissionen zu beginnen. In der Regel dürfte die Einbindung von Experten erforderlich sein.

Hierbei ist auch zu beachten, dass Scope 1 und 2 Emissionen jährlich ermittelt werden müssen. Darum sollte auch ein entsprechendes Reporting implementiert werden. Die Angaben nach ESRS E1 werden auch Gegenstand der Prüfung sein, zunächst mit begrenzter, später mit hinreichender Sicherheit. Grundsätzlich sollte die Datenermittlung auch im Hinblick auf spätere Prüfungen sorgfältig dokumentiert werden.

Thilo Marenbach

Partner, Vorstand, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Sustainability Auditor

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