17. August 2023
ESRS: EU-Standards für Nachhaltigkeitsberichte
Inhaltsverzeichnis
Am 31. Juli 2023 hat das Europäische Parlament die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) verabschiedet. Sie sind für alle Unternehmen, die im Anwendungsbereich der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sind, verpflichtend. Ziel der Standards: mehr Transparenz über Nachhaltigkeitsaspekte für die Stakeholder.
Ziel des European Green Deal: Transformation der Wirtschaft zur Nachhaltigkeit
Dafür sollen Finanzströme in nachhaltige Unternehmen und Produkte gelenkt werden. Das setzt Transparenz sowie eine Weiterentwicklung der Unternehmensberichterstattung voraus. Verpflichtend war bislang lediglich die Finanzberichterstattung von Unternehmen, die nicht-finanzielle oder Nachhaltigkeitsberichterstattung eine freiwillige Angabe. Erst mit der NFRD im Jahre 2014 wurde die Nachhaltigkeitsberichterstattung für große, kapitalmarktorientierte Unternehmen verpflichtend. In Zukunft werden finanzielle und nicht-finanzielle Berichterstattung gleichermaßen gefordert. Stakeholder sollen zusätzlich zur finanziellen Bewertung auch eine Entscheidung darüber treffen, wie nachhaltig ihre Investition in ein Unternehmen ist.
Für welche Unternehmen gilt die neue Berichtspflicht?
Der Anwenderkreis der ESRS wird künftig deutlich vergrößert. Er ergibt sich aus der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die im November 2022 durch das Europäische Parlament verabschiedet wurde. In Deutschland wird sie noch in nationales Recht umgesetzt. In der EU werden etwa 15.000 Unternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet, bisher waren es etwa 550. Ab 2025 sind erstmals weite Teile des deutschen Mittelstands gesetzlich zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet.
Was bedeutet doppelte Wesentlichkeit?
Die doppelte Wesentlichkeit ist ein Kriterium für die Offenlegung von Informationen.
Man betrachtet sowohl den Impact als auch die finanzielle Auswirkung eines Themas auf ein Unternehmen. Beides ist für die Berichterstattung nach den ESRS relevant.
Die Berichterstattung nach den ESRS erfordert sowohl eine Wesentlichkeitsanalyse als auch einen Stakeholder-Dialog. Damit wird der Rahmen der Berichterstattung abgesteckt. Die Regelungen stehen im ESRS 1, der Basis zur Anwendung der ESRS Standards.
Grundsätzlich gilt, dass bestimmte Angaben unabhängig von der unternehmensspezifischen Wesentlichkeitsanalyse erfolgen müssen. Darüber hinaus müssen Angaben gemacht werden, die für Stakeholder relevant sind. Dabei gelten zwei Perspektiven, die sogenannte doppelte Wesentlichkeit.
- Impact-Wesentlichkeit, die Inside-Out-Perspektive.
- Finanzielle Wesentlichkeit, die Outside-In-Perspektive. Damit sind Risiken und Chancen gemeint.
Ein Impact hat entweder tatsächlich oder potenziell erhebliche Auswirkungen auf Menschen oder Umwelt. Finanziell wesentliche Themen schaffen Risiken und Chancen, die zukünftige Cashflows und damit den Unternehmenswert beeinflussen. Wichtig ist die Oder -Verknüpfung beider Wesentlichkeiten. Ein Thema ist im Sinne des ESRS 1 relevant, wenn es entweder aus Impact-Perspektive oder aus finanzieller Sicht als wesentlich identifiziert worden ist, oder wenn beides zutrifft.
ESRS: Wertschöpfungskette und Stakeholder im Blick behalten
Wirtschaftliche Aktivität findet immer in Wertschöpfungsketten statt, die für den Nachhaltigkeitsaspekt des unternehmerischen Handelns relevant sind. Daher endet die Berichtsgrenze nach ESRS nicht mit dem eigenen Unternehmen, sondern weist darüber hinaus.
Ausgangspunkt ist ein Mapping der Wertschöpfungskette mit Nachhaltigkeitsthemen zur Verortung. Dazu gehören relevante Geschäftsbereiche, Produktionsprozesse oder Produktgruppen. Häufig nehmen interdisziplinäre Teams eine Analyse des Wertschöpfungsprozesses vor und geben dabei bereits eine Einschätzung zu den potenziellen Wesentlichkeiten, zum Beispiel von Luftverschmutzung, Wasserverbrauch oder Arbeitsbedingungen ab.
Die daraus entwickelte Long-List hilft bei der Betrachtung von Geschäftsbeziehungen und Identifizierung von Stakeholdern. Die Einbeziehung von Stakeholdern ist ein zentraler Baustein der Wesentlichkeitsanalyse.
Auch der Nachhaltigkeitsbericht wird geprüft
Die Nachhaltigkeitsangaben nach den ESRS unterliegen, wie die finanzielle Berichterstattung, einer Prüfungspflicht. Eine nachprüfbare Dokumentation der Aufstellung zur Berichterstattung ist geboten. Darüber müssen Prozesse und ein internes Kontrollsystem aufgebaut werden, damit eine standardkonforme Berichterstattung und eine prüffähige Dokumentation gewährleistet ist.
Unsere Einschätzung?
Die ESRS liegen nun in ihrer finalen Form vor. Der Konsultationsprozess hat zu Erleichterungen für Anwender:innen geführt. Grundsätzlich stellen die Standards aber eine Herausforderung dar. Unternehmer:innen sollten sich intensiv mit der Nachhaltigkeit ihres Unternehmens befassen. Der durch die CSRD erweiterte Anwenderkreis wird für das Berichtsjahr 2025 erstmals Berichte aufstellen. Das reine Abarbeiten einer Checkliste ist nicht ausreichend. Erstanwender:innen müssen eine grundlegende Analyse des eigenen Unternehmens durchführen und darauf aufbauend die Wertschöpfungskette betrachten, deren Bestandteil sie sind. Daran anschließend ist ein Stakeholder-Dialog zu starten. Wie komplex dieser wird, bestimmt der Einzelfall. Eine umfangreiche Befragung von Mitarbeiter:innen, Kund:innen und Lieferanten sowie Teilen der allgemeinen Öffentlichkeit ist weder grundsätzlich geboten noch zielführend. Dennoch erfordert die Regelung zeitlichen Aufwand und Ressourceneinsatz.
Wenn Sie Fragen dazu haben oder Unterstützung wünschen, melden Sie sich gerne bei uns.