28. Juni 2024
DSGVO-Auskunftsanspruch gegen das Finanzamt
Inhaltsverzeichnis
- Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO
- Müssen sich auch Finanzbehörden an die DSGVO halten?
- Welche gesetzlichen Vorschriften regeln den Datenschutz in der Finanzverwaltung?
- Wer hat nun Anspruch auf Auskunft über personenbezogene Daten beim Finanzamt?
- Welche Informationen erhält man durch diese Auskunft?
- Gibt es Einschränkungen?
- Wie können Steuerpflichtige dieses Urteil nun für sich nutzen?
- Unsere Einschätzung
Der Bundesfinanzhof (BFH-Urteil vom 12.03.2024, Az. IX R 35/21) hat entschieden, dass die Steuerverwaltung ebenfalls an die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gebunden ist. Dieses Urteil gibt eine klare Leitlinie für den Umgang mit personenbezogenen Daten durch Steuerbehörden vor. In diesem Beitrag erfahren Sie, was dieses Urteil bedeutet und wie die DSGVO im Steuerrecht angewendet wird.
Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO
Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist eine Verordnung der Europäischen Union, die den Schutz personenbezogener Daten gewährleistet und den freien Datenverkehr innerhalb des europäischen Binnenmarktes ermöglicht.
Personenbezogene Daten umfassen alle Informationen, die eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person betreffen, wie Name, Adresse, Steuernummer oder Bankdaten. Artikel 15 der DSGVO gewährt den betroffenen Personen das Recht, von Verantwortlichen eine Bestätigung über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten und Auskunft darüber zu verlangen.
Müssen sich auch Finanzbehörden an die DSGVO halten?
Das Urteil ging aus einem Rechtsstreit zwischen einem Steuerpflichtigen und einer Finanzbehörde hervor. Der Steuerpflichtige hatte beanstandet, dass die Finanzbehörde seine personenbezogenen Daten im Rahmen einer Steuerprüfung in unzulässiger Weise verarbeitet habe. Der Bundesfinanzhof (BFH) musste entscheiden, inwieweit die DSGVO auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Steuerverwaltung anwendbar ist und ob Steuerpflichtige Auskunftsansprüche gegen Steuerbehörden zustehen. Das klare Urteil des BFH: ja!
Welche gesetzlichen Vorschriften regeln den Datenschutz in der Finanzverwaltung?
Der Datenschutz in der Finanzverwaltung wird durch die DSGVO und die nationale Abgabenordnung (AO) geregelt. Die DSGVO gilt unmittelbar in allen EU-Mitgliedstaaten und hat Vorrang vor nationalem Recht. Nationale Gesetze wie die AO ergänzen die DSGVO, insbesondere in spezifischen Anwendungsbereichen wie der Steuerverwaltung.
Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte, dass die DSGVO grundsätzlich auch im Bereich der Steuerverwaltung anwendbar ist. Steuerbehörden müssen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten die Grundsätze der DSGVO, wie Rechtmäßigkeit, Zweckbindung und Datenminimierung, beachten.
Wer hat nun Anspruch auf Auskunft über personenbezogene Daten beim Finanzamt?
Jede betroffene Person, deren Daten von einer Finanzbehörde verarbeitet werden, hat Anspruch auf Auskunft über diese Daten. Das Finanzamt kann die Auskunft jedoch verweigern, wenn der Anspruch offensichtlich unbegründet oder exzessiv ist oder wenn die Rechte und Freiheiten anderer Personen beeinträchtigt würden.
Welche Informationen erhält man durch diese Auskunft?
Steuerpflichtige haben gemäß DSGVO ein Recht auf transparente Information über die Verarbeitung ihrer Daten. Die Finanzbehörden sind verpflichtet, Betroffene umfassend zu informieren, insbesondere über den Zweck der Datenverarbeitung, die Rechtsgrundlage und die Rechte der Betroffenen wie das Auskunftsrecht und das Recht auf Berichtigung.
Eine Auskunft muss Informationen über die verarbeiteten personenbezogenen Daten, die Verarbeitungszwecke, die Empfänger der Daten, die geplante Speicherdauer und die Rechte der betroffenen Person enthalten.
Neben dem Auskunftsrecht hat eine betroffene Person auch das Recht auf Berichtigung und Löschung ihrer Daten, die Einschränkung der Verarbeitung und Datenübertragbarkeit und kann Widerspruch gegen die Verarbeitung ihrer Daten einlegen.
Zusätzlich gilt das Prinzip der Datenminimierung, wonach nur die für den jeweiligen Zweck unbedingt erforderlichen Daten erhoben und verarbeitet werden dürfen. Steuerbehörden müssen zudem angemessene technische und organisatorische Maßnahmen treffen, um die Sicherheit der verarbeiteten Daten zu gewährleisten.
Gibt es Einschränkungen?
Der Auskunftsanspruch besteht unabhängig von der Art der Aktenführung, der Dokumentenart oder der Form der Datenverarbeitung durch die Finanzverwaltung. Auch ist der Anspruch nicht von der Steuerart abhängig, für die die Datenverarbeitung erfolgt.
Der Auskunftsanspruch umfasst dagegen nicht die Zurverfügungstellung von Kopien von ganzen Akten oder bestimmten Dokumenten. Nur ausnahmsweise, wenn der Steuerpflichtige diese zwingend benötigt, um seine Rechte nach der Datenschutz-Grundverordnung durchsetzen zu können, sind solche durch die Steuerbehörden zur Verfügung zu stellen.
Wie können Steuerpflichtige dieses Urteil nun für sich nutzen?
Unsere Einschätzung
Das Urteil stärkt die Betroffenenrecht und verpflichtet die Finanzverwaltung zu mehr Transparenz. Steuerpflichtige können einfach schriftlich einen Auskunftsantrag beim zuständigen Finanzamt stellen und Informationen zu Ihren personenbezogenen Daten erhalten. Benötigen Sie dabei Unterstützung oder haben Sie Fragen zum Datenschutzrecht? Kontaktieren Sie gerne unsere Rechtsanwältin Esengül Aslan oder unseren Experten im Bereich Prozessberatung und Verfahrensdokumentation Robin Steingans.