
9. Dezember 2025
Ehegatten‑Mietverhältnis steuerlich geprüft: BFH stärkt Fremdvergleich
Inhaltsverzeichnis
Im Urteil VIII R 23/23 hat der BFH klargestellt, wann ein Mietvertrag zwischen Ehegatten steuerlich anerkannt wird. Selbst wenn Mietzahlungen teilweise als Rückflüsse aus gemeinsamen Einlagen zurückfließen, ist das kein automatischer Ausschluss. Maßgeblich sind die Durchführung wie bei Dritten (Fremdvergleich) und eine nachvollziehbare Dokumentation. Damit stärkt der BFH die steuerliche Anerkennung von Ehegatten-Mietverträgen und setzt ein wichtiges Signal für den Fremdvergleich bei Angehörigenverträgen.
- BFH (VIII R 23/23): Kein pauschales Aus für Angehörigenmieten — Ehegatten‑Mietverhältnis steuerlich möglich bei Gesamtwürdigung.
- Rückflüsse aus gemeinsamen Einlagen sind kein automatischer Ausschluss.
- Empfehlung: marktübliche Vertragskonditionen, lückenlose Dokumentation, klare Begründung von Rückflüssen.
Streitfall zum Ehegatten‑Mietverhältnis und steuerliche Beurteilung (Az. VIII R 23/23)
Gegenstand des Verfahrens war ein über mehrere Jahre bestehendes Mietverhältnis zwischen Ehegatten, genauer: Die Ehefrau war Eigentümerin eines Gebäudes, die Räume wurden an den Ehemann vermietet, der sie für seine berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt/Notar nutzte. Für die Jahre 2011-2015 stellten sich die Finanzbehörden und das Niedersächsische Finanzgericht (FG) gegen die steuerliche Zulassung dieses Mietverhältnisses.
Der Streit drehte sich insbesondere um folgende Feststellungen
- Der Ehemann überwies die Mietzahlungen von seinem betrieblichen Konto auf ein Konto der Ehefrau.
- Von dem Konto der Ehefrau flossen erhebliche Beträge auf das Geschäftskonto des Ehemanns zurück, teilweise über Kontovollmachten und Einlagen aus gemeinschaftlichem Vermögen der Ehegatten.
- Mit Blick auf die wirtschaftliche Situation des Ehemanns argumentierten die Finanzbehörden, das Mietverhältnis sei faktisch nicht real durchführbar gewesen, da die Miete im Ergebnis „zurückfloss" – ein typisches Indiz für ein Scheingeschäft oder zumindest mangelnde wirtschaftliche Belastung.
Die steuerliche Anerkennung eines Ehegatten-Mietvertrags hängt also wesentlich davon ab, ob der Vertrag einem Fremdvergleich standhält und tatsächlich wirtschaftlich durchgeführt wird. Das FG lehnte die Anerkennung des Mietvertrags mangels Fremdüblichkeit ab und versagte den Abzug der Mietzahlungen als Betriebsausgaben. Die Kläger riefen daraufhin den BFH an.
BFH-Urteil VIII R 23/23: Scheingeschäft, Fremdvergleich und steuerliche Anerkennung von Ehegatten-Mietverhältnissen
Das Urteil beantwortet zentral die Frage, ob ein Ehegatten‑Mietverhältnis steuerlich als fremdüblich anzusehen ist und welche Prüfungsmaßstäbe gelten.
1. Scheingeschäft (§ 41 Abs. 2 AO) als vorgeordnete Prüfung
Der BFH bestätigt den Prüfungsaufbau: Zunächst ist zu untersuchen, ob der Vertrag als steuerlich unbeachtliches Scheingeschäft anzusehen ist (§ 41 Abs. 2 Satz 1 AO). Wird ein Scheingeschäft bejaht, ist auf das verdeckte Geschäft abzustellen. Im vorliegenden Fall verneint der BFH jedoch das Vorliegen eines solchen Scheingeschäfts. Das Gericht betont, dass die Prüfung auf ein Scheingeschäft voranzustellen ist; nur wenn ein Scheingeschäft vorliegt, ist auf ein mögliches verdecktes Geschäft abzustellen.
2. Fremdvergleich und Durchführung im Vergleich zu Dritten
Ist kein Scheingeschäft festzustellen, richtet sich die Bewertung eines Mietvertrags nach dem Grundsatz des Fremdvergleichs — also danach, wie der Vertrag gegenüber Dritten gestaltet wäre. Wenn kein Scheingeschäft vorliegt, ist der Mietvertrag – auch bei Angehörigen – nach den Maßstäben des Fremdvergleichs zu prüfen. Der BFH betont, dass Abweichungen vom typischen Fremdvergleich nicht automatisch zur Versagung führen müssen – vielmehr ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände notwendig.
3. Rückflüsse aus Einlagen sind kein automatischer Ausschluss
Im Streitfall wurden Rückflüsse der Mietzahlungen teils durch Einlagen aus gemeinsamen Ersparnissen der Ehegatten ausgeglichen – und nicht ausschließlich durch Gelder, die ausschließlich der Vermieter-Ehegattin zuzurechnen waren. Der BFH sieht darin kein zwingendes Indiz für die Nichterkenntnis des Mietvertrags. Rückflüsse aus gemeinsamen Einlagen werden nicht automatisch als Beleg für eine fehlende wirtschaftliche Belastung gewertet; entscheidend bleibt die Gesamtwürdigung aller Umstände.
4. Rückverweisung und verbleibender Prüfungsbedarf
Da der Senat die Prüfung nicht abschließend führen kann, verweist er den Fall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Niedersächsische FG zurück.
Prüfungsmaßstäbe des BFH: Wann Ehegatten-Mietverträge steuerlich anerkannt werden
Der BFH betont, dass der Fremdvergleich das zentrale Kriterium für die steuerliche Anerkennung bleibt. Entscheidend ist, dass der Mietvertrag wie unter fremden Dritten vereinbart und tatsächlich durchgeführt wird.
Konsequenzen des BFH‑Urteils für die steuerliche Praxis von Ehegatten-Mietverhältnissen
Klarheit bei vertragsähnlichen Gestaltungen zwischen Angehörigen: Auch bei Mietverhältnissen zwischen Ehegatten ist eine pauschale Ablehnung aus steuerlicher Sicht nicht geboten – solange ein Fremdvergleich näherungsweise gewahrt und die Durchführung realistisch ist. Gerade Steuerberater:innen sollten dieses Urteil bei der Gestaltung oder Überprüfung von Ehegatten-Mietverträgen berücksichtigen, um Mandant:innen rechtssicher zu beraten und steuerliche Risiken zu vermeiden.
- Keine Generalklausel gegen Rückflüsse: Rückflüsse von Mietzahlungen aus Einlagen begründen nicht automatisch eine steuerliche Nichtanerkennung. Für die Praxis bedeutet das: Ein Ehegatten-Mietvertrag bleibt steuerlich anerkennungsfähig, wenn die Konditionen marktüblich sind und der Fremdvergleich standhält.
- Besondere Aufmerksamkeit auf Dokumentation und Begründung: Mietverträge sollten klar und marktüblich ausgestaltet sein; Rückflüsse oder Einlagen sind nachvollziehbar zu dokumentieren.
- Chancen für Anfechtung von Versagungen: Insbesondere, wenn Gerichte auf Einzelmängel abstellen, kann mit Berufung auf dieses BFH-Urteil argumentiert werden.
Unsere Einschätzung: Chancen, Grenzen und Empfehlungen
Der BFH setzt mit dem Urteil VIII R 23/23 wichtige Leitplanken: Die steuerliche Anerkennung von Mietverhältnissen unter Angehörigen bleibt möglich, wenn der Fremdvergleich gewahrt ist. Rückflüsse aus Einlagen sind kein Automatismus für eine Nichtanerkennung. Eine differenzierte Gesamtwürdigung ist entscheidend. Das Urteil unterstreicht: Nur wer den Fremdvergleich konsequent einhält, kann die steuerliche Anerkennung eines Ehegatten-Mietvertrags langfristig sichern. Wer Ehegatten-Mietverträge steuerlich sicher gestalten will, sollte auf klare Vertragsbedingungen und belegbare Zahlungsflüsse achten.
Für Steuerpflichtige und Steuerberater:innen heißt das: Sorgfalt, Dokumentation und klare Struktur. Gerade bei engen finanziellen Verflechtungen ist eine umsichtige Gestaltung unerlässlich. In der Praxis ist daher stets zu prüfen, ob ein Ehegatten‑Mietverhältnis steuerlich den Anforderungen des Fremdvergleichs genügt — nur so lassen sich Versagungsrisiken minimieren.
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