Grundsteuer: Musterklagen zum Bundesmodell werden kommen!
© Iryna / Adobe Stock

12. Mai 2023

Grundsteuer: Musterklagen zum Bundesmodell werden kommen!

Kategorien: Unkategorisiert

In der Literatur mehren sich Hinweise, dass das neue Grundsteuergesetz des Bundes verfassungswidrig ist. Neben Nordrhein-Westfalen gilt das Bundesmodell in zehn weiteren Bundesländern. Welche Hintergründe die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Grundsteuergesetzes haben und was Sie jetzt tun können, erfahren Sie hier.

Gutachten weckt Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit

 Hier finden Sie die relevanten Auszüge aus dem Gutachten zum Bundesmodell, das der Bund der Steuerzahler gemeinsam mit Haus & Grund Deutschland initiiert hat.

Bodenrichtwerte sind nicht vergleichbar
Fakt: Die Bodenrichtwerte sind wenig vergleichbar.

Beispiel Berlin: Die begehrte Wohnlage Wannsee hatte zum 1. Januar 2022 einen Bodenrichtwert von 1.500 Euro je m². In der weniger attraktiven Lage Neukölln ist der Wert gut doppelt so hoch: 3.200 Euro je m²!
Kritik: Die Bodenrichtwerte weisen „systematische Bewertungslücken“ auf. Die strikte Anwendung der Bodenrichtwerte stellt einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes dar.

Pauschalierungen verstoßen gegen das Grundgesetz
Fakt: Das Bundesmodell greift auf sehr viele Parameter zurück. Im Rahmen der pauschalen Nettokaltmieten müssen Gebäudeart, Wohnflächen, Baujahr, Mietniveaustufen (und Abschläge hiervon), Bewirtschaftungskosten, Liegenschaftszinssatz, Restnutzungsdauer und der abgezinste Bodenwert berücksichtigt werden.

Kritik: Der Bund hat eine äußerst komplexe Bewertung entwickelt, die im Massenverfahren nur schwer anwendbar ist. Manchmal sind die Parameter kompliziert zu ermitteln (Bruttogrundfläche), andere genutzte Kriterien sind realitätsfern und deshalb gleichheitswidrig (pauschale Nettokaltmieten, Bodenrichtwert).

Fazit: Das Recht ist nun deshalb so kompliziert, weil der Bund Kompetenzschranken eingehalten hat, die nach der Verfassungsreform im Jahr 2019 nicht mehr bestanden. Somit belastet das Bundesrecht die vielen Grundsteuerpflichtigen – ohne Grund – mit zu aufwändigen Mitwirkungspflichten. Damit werden die Grundrechte verletzt!

Steuerlast steht noch gar nicht fest
Fakt: Wie sehr die Grundstückseigentümer tatsächlich belastet werden, steht erst dann fest, wenn die Gemeinden über die Hebesätze entschieden haben. Dann werden die meisten Grundlagen-Bescheide aber schon bestandskräftig sein.
Kritik: Es droht eine Rechtsschutzlücke! Dennoch ist schon jetzt klar: Die Bewertung nach dem Bundesmodell verursacht im Vergleich zu den einfacheren Modellen in Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen tendenziell eine deutlich höhere finanzielle Belastung der Betroffenen.

Grundsteuer: Die Erklärungspflicht und Anzeigepflicht bleiben bestehen

 Ungeachtet der Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit, sollten Sie ihrer Erklärungs- und Anzeigepflicht unbedingt nachkommen. Das bedeutet, dass sie jede Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, die sich auf

  •   die Höhe des Grundsteuerwerts,
  •   die Vermögensart oder
  •   die Grundstücksart

auswirkt, gegenüber dem Finanzamt anzeigen müssen. Die Anzeige müssen Sie innerhalb eines Monats nach Ablauf des Jahres, in dem sich die Verhältnisse geändert haben, vornehmen. Ein Beispiel: Änderungen, die im Laufe des Jahres 2022 eingetreten sind, hätten Sie bereits bis Ende Januar 2023 gegenüber dem Finanzamt erklären müssen.

Unsere Einschätzung

Die verfassungsrechtlichen Zweifel können einen Einspruch gegen die Feststellungsbescheide rechtfertigen. Wir raten zur Abwägung, ob ein möglicher Einspruch gegen die Bescheide der Finanzverwaltung für Sie zielführend ist. Dafür stehen Ihnen unsere Experten gerne zur Verfügung.

Unabhängig von der juristischen Bewertung gilt die Erklärungs- und Anzeigepflicht. Auch dafür stehen wir Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.

Expert:innen zu diesem Thema

Keine passenden Personen gefunden.

Das könnte Sie auch interessieren

  • Die wichtigsten Entwicklungen 2023 aus Sicht der Steuerberater:innen - Steuerberater - Michael Simon scaled

    2023 war in jeder Hinsicht ein turbulentes Jahr. Die Auswirkungen von zwei Kriegen, Inflation und die Ausläufer der Corona-Pandemie halten Bürger:innen, aber auch Steuerberater:innen weiterhin in Schach. Dazu kommt natürlich noch das Tagesgeschäft. Das waren Ihre Steuer-Themen 2023. Schlussabrechnungen der [...]

    Michael Simon

    27. Dez 2023

  • Schätzungsankündigungen für die Grundsteuer kommen

    Im vergangenen Jahr wurde kaum ein Thema in der Steuerwelt so kontrovers diskutiert wie die neuen gesetzlichen Regelungen zur Bewertung von Grundvermögen. Der Gesetzgeber musste sie als Folge eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018 treffen. Daraufhin forderte der [...]

    Felix Medler

    06. Okt 2023

  • Die Grundsteuer: Was wäre, wenn wir sie abschaffen?

    Der Fiskus belegt aktuell jedes Wohngebäude, jedes unbebaute Grundstück, jede Gewerbeimmobilie mit der Grundsteuer.  Steuerliche Laien stoßen bei ihrer Berechnung schnell an ihre Grenzen. Muss das so kompliziert sein oder ginge das auch einfacher?  “Was wäre, wenn…” wir die Grundsteuer [...]

    Sven Rücker

    08. Aug 2023