Haager Übereinkommen: ausländische Urteile in Zivil- oder Handelssachen
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15. September 2023

Haager Übereinkommen: ausländische Urteile in Zivil- oder Handelssachen

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Am 01.09.2023 ist das Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in Zivil- oder Handelssachen (HAVÜ) in Kraft getreten. Das hilft vor allem Urteilen aus der Ukraine. Hier erfahren Sie mehr über das Abkommen und seine konkreten Auswirkungen.

Was ist das Haager Übereinkommen?

Das HAVÜ macht es möglich, dass ausländische Urteile auch auf dem Territorium eines Vertragsstaates des Abkommens anerkannt und vollstreckbar bleiben. Die Bundesregierung will mit diesem Gesetzentwurf die Rechtssicherheit sowie die Vorhersehbarkeit grenzüberschreitender Rechtsstreitigkeiten verbessern. Vor dem inzwischen in Kraft getretenen Übereinkommen fand ein Ratifizierungsprozess statt, in dem neben der Europäischen Union auch die Ukraine ihre Beitrittsurkunde hinterlegt hat.

Haager Übereinkommen: Was ändert sich?

Neu ist insbesondere die Zuständigkeitsregelung in § 722 ZPO. Die Norm erhält zwei weitere Absätze und unter anderem auch eine Verordnungsermächtigung.

Bisher galt für die Anerkennung ausländischer Urteile die Norm des § 328 ZPO mit Ausnahme der Vollstreckbarkeit, die durch § 722 ZPO eine besondere Regelung erfährt. Wollen Gerichte aus dem ausländischen Urteil im Inland vollstrecken, kann dies gemäß § 722 Abs. 1 ZPO nur durch die gesonderte Anordnung des Vollstreckungstitels erfolgen.

Die in § 722 Abs. 2 ZPO ursprüngliche Alternativzuständigkeit des Amts- oder Landgerichts ist gestrichen. Nun ist einzig das Landgericht für die Klage auf Erlass des Urteils zuständig.

Zudem regelt der neu eingefügte § 722 Abs. 3 ZPO, dass der bzw. die Vorsitzende einer Zivilkammer als Einzelrichter:in zuständig für die Entscheidung ist. Eine Ausnahme: Die Regelung in § 348 Abs. 3 ZPO.

722 Abs. 4 ZPO regelt, dass eine Rechtsverordnung der Landesregierung die Zuständigkeit anordnen kann, wenn in einem Land mehrere Landgerichte bestehen.

Unsere Einschätzung

Das Inkrafttreten des Übereinkommens bedeutet nicht, dass es in jedem Fall unmittelbar angewendet wird. Im Verhältnis der Mitgliedstaaten der Europäischen Union erhält eher die Brüssel 1a-Verordnung den Vorzug.

Der Anwendungsbereich beschränkt sich derzeit auf das Verhältnis zur Ukraine. Ukrainische Urteile können anerkannt und vollstreckt werden, wenn die Voraussetzungen des § 722 ZPO erfüllt sind. 

Die zunehmende Anerkennung und erleichterte Vollstreckung von Urteilen ist für den (internationalen) Handel eminent wichtig. Wenn Sie Fragen haben, sprechen Sie uns gerne an. Durch unser Netzwerk von aktuell 100 Ländern weltweit können wir auch im internationalen Kontext effektiv Hilfestellungen geben.

 

Jens Bühner

Partner, Rechtsanwalt, LL.M., Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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