1. März 2021

Heilberufe und Gründung – worauf Sie achten müssen

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Für viele Heilberufler:innen ist es das große Ziel: Endlich der eigene Chef oder die eigene Chefin sein. Bei einer Praxisgründung oder einem Praxisverkauf sind jedoch eine Vielzahl an Punkten zu beachten. Wir haben für Sie in diesem Beitrag einmal etwas ausführlicher beschrieben, worauf Sie achten müssen, wenn Sie sich mit den Themen Heilberufe und Gründung beschäftigen und eine Existenzgründung im Heilberufe-Bereich planen. Weitere Informationen zum Thema finden Sie in unserem Blogbeitrag „Was Sie bei der Existenzgründung steuerlich beachten sollten”. 

Diese Berufe zählen zu den Heilberufen

Zu den Heilberufen zählen im weitesten Sinne alle Berufe, die sich mit der Behandlung von Krankheiten und Behinderungen befassen.

Hierbei wird unterschieden in:

  • akademische Berufe (beispielsweise Arzt oder Ärztin, Zahnarzt oder Zahnärztin, Apotheker:innen und Psychotherapeut:innen)
  • teilakademische Berufe (beispielsweise Physio- oder Ergotherapeut:innenen)
  • nichtakademische Berufe (beispielsweise Kranken- oder Altenpfleger:in)

Der Heilpraktiker zählt ebenfalls mit zu den Heilberufen. Allerdings gibt es hierfür keine spezielle Ausbildung. Es muss jedoch eine staatliche Zulassungsprüfung absolviert werden.
Die Heilberufe zählen zu den freien Berufen.

Praxisgründung und Praxiskauf

Im Wege der Existenzgründung sind folgende Alternativen denkbar:

  • Neugründung einer Praxis (Einzelpraxis oder Zusammenschluss mit Kollegen, beispielsweise in Form einer Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft),
  • Kauf einer bestehenden Praxis oder
  • Eintritt in eine bestehende Gesellschaft.

Bei der Praxisgründung sollten Sie sich zudem überlegen, ob Sie einen Kassensitz der Kassenärztlichen Vereinigung erwerben möchte. Der Hauptvorteil: Der überwiegende Teil der Patienten ist gesetzlich versichert. Die Alternative ist, eine reine Privatpraxis zu gründen oder zu erwerben.
Besonders sinnvoll kann es sicherlich sein, beides zu tun. Also einen Kassensitz erwerben und zusätzlich Privatpatienten zu behandeln. An den Erwerb einer Kassenzulassung sind jedoch diverse persönliche und fachliche Anforderungen geknüpft. Zudem kann es – je nach Region und Fachrichtung – schwierig sein, einen Kassensitz zu bekommen.

Praxisgründung und Praxiskauf – die Vorteile und Nachteile

Vorteil eines Praxiskaufs ist beispielsweise, dass Sie direkt über eine geeignete Praxiseinrichtung, einen festen Patientenstamm und Mitarbeiter:innen verfügen. Negativ kann gegebenenfalls eine veraltete Praxiseinrichtung (Möbel und Gerätschaften) sein.
Vorteil einer Praxisneugründung ist, dass Sie quasi „auf der grünen Wiese“ starten und sich Ihren eigenen Patientenstamm aufbauen können. Das gilt auch für das Personal, das Sie selbst aussuchen können. Nachteil kann unter Umständen sein, dass es eine längere Zeit dauern kann, bis Sie sich eine profitable Praxis aufgebaut haben.
Bei einem Praxiskauf kann es ratsam sein, zunächst eine bestimmte Zeit vor dem Erwerb als Angestellte:r in der Praxis tätig zu sein. Dadurch können Sie sich mit den Praxis-Abläufen vertraut zu machen und mögliche Schwachstellen bereits im Vorfeld erkennen.

Heilberufe und Gründung – Anforderungen an Existenzgründer:innen

Sie sollten sich im Vorfeld unbedingt mit Ihren Stärken und Schwächen auseinandersetzen und sich die Frage stellen, ob Sie neben der fachlichen Eignung auch die persönliche Eignung zur Existenzgründung besitzen. Dies ist oftmals schlichtweg eine Typ-Frage.
Auch sollten Existenzgründer:innen gewisse kaufmännische Kenntnisse mitbringen oder sich aneignen.

Was Sie zum Zeitpunkt der Existenzgründung beachten müssen

Da die Heilberufe zu den freien Berufen zählen, müssen Sie kein Gewerbe beim zuständigen Gewerbeamt anmelden. Eine Ausnahme wäre beispielsweise jedoch ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in Form einer Kapitalgesellschaft (in der Regel GmbH). Auf das MVZ wird im Folgenden jedoch nicht weiter speziell eingegangen.
Es muss jedoch innerhalb von vier Wochen eine Anmeldung beim zuständigen Finanzamt erfolgen, welches Existenzgründerinnen und Existenzgründern nach Einreichung eines Fragebogens zur steuerlichen Erfassung eine Steuernummer zuteilt. Diese benötigen Sie unter anderem, damit Sie erste Rechnungen schreiben können.

Zudem müssen Sie – je nach Heilberuf zum Teil unterschiedlich – Anmeldungen bei folgenden Institutionen vornehmen (beziehungsweise sind sie empfehlenswert):

  • Gesundheitsamt
  • Ärztekammer, Psychotherapeutenkammer
  • Berufsverband
  • Berufsgenossenschaft (= gesetzliche Unfallversicherung)
  • Versorgungswerk (sofern vorhanden); gegebenenfalls Pflichtversicherung in der Deutschen Rentenversicherung prüfen.

Heilberufe und Gründung – Steuern und Gewinnermittlung

Als Freiberufler:in müssen Sie kein Gewerbe anmelden und unterliegen somit auch nicht der Gewerbesteuer. Bestimmte Leistungen (beispielsweise Zahnarzt oder Zahnärztin verkauft zusätzlich elektrische Zahnbürsten) führen jedoch zu gewerblichen Einkünften. Dafür müssen Sie ein Gewerbe anmelden und unter Umständen Gewerbesteuer zahlen. Zusätzlich sollten Sie auch prüfen oder prüfen lassen, ob eine zusätzliche gewerbliche Tätigkeit berufsrechtlich überhaupt zulässig ist. Erfolgt eine gewerbliche Tätigkeit im Rahmen einer ansonsten freiberuflichen Personengesellschaft, droht die Infizierung der gesamten Gesellschaft zu einem Gewerbebetrieb. Hier sollte direkt zu Anfang einen Steuerberater oder eine Steuerberaterin zu Rate gezogen werden!
Auch kann beispielsweise die Anstellung von mehr als drei Mitarbeitern (beispielsweise Ärzten, Physiotherapeuten, und so weiter) sowie die Einstellung eines fachfremden Freiberuflers zu einer Gewerblichkeit führen.
Der Gewinn aus der freiberuflichen Tätigkeit wird in der Regel im Rahmen einer „Einnahme-Überschuss-Rechnung“ (= vereinfachte Gewinnermittlung) ermittelt. Sie müssen diesen im Rahmen Ihrer privaten Einkommensteuererklärung versteuern.

Heilberufler sind grundsätzlich nach § 4 Nr. 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Jedoch gibt es hierbei auch bestimmte Ausnahmen, die zur Umsatzsteuerpflicht führen. Beispiele sind Schönheitschirurgie, tierärztliche Leistungen, bestimmte Leistungen von Physiotherapeuten und so weiter. Diesbezüglich sollte möglichst direkt zu Anfang Rücksprache mit Steuerberaterinnen oder Steuerberatern gehalten werden.

Heilberufe und Gründung – was Sie bei der Praxisgründung unbedingt beachten sollten

  • Durchdachte Standortwahl für die Praxis / Prüfung Wettbewerb (gute Verkehrsanbindung und Parkmöglichkeiten; bereits viel Konkurrenz in der Nähe? Gegebenenfalls Kooperationspartner in der Nähe (beispielsweise Nähe zu Alten- und Pflegeheimen).
  • Wahl der geeigneten Rechtsform (am besten mit einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin und Steuerberaterinnen oder Steuerberatern abstimmen). Gegebenenfalls kann – zum Beispiel aus Haftungsgründen – eine andere Rechtsform ratsam sein.
  • Rechtzeitige Personalplanung und -suche.
  • Zielgruppe definieren.
  • Marketing-Maßnahmen (orientiert an der Zielgruppe). Beispielsweise Homepage, Newsletter, Social Media-Auftritt, Flyer, etc. im Heilberufe-Bereich sind unbedingt gesetzliche Werbeeinschränkungen zu beachten.
  • Persönlichen Kranken- und Pflegeversicherung des Praxisinhabers beziehungsweise der Praxisinhaberin.
  • Abschluss von Praxisversicherungen (Rechtsschutz-, Praxisausfallversicherung etc.).

Zudem sollten Sie rechtzeitig im Vorfeld ermitteln, wieviel Kapital Sie benötigen. Gerade die Anschaffung von notwendigen Praxisgeräten kann schnell zu einer sehr kostspieligen Angelegenheit werden. Oftmals werden spezielle Existenzgründerkredite (beispielsweise durch die KfW) mit günstigen Zinskonditionen angeboten.
Die Bank wird für die Bewertung der Praxisgründung beziehungsweise des Praxiskaufs in der Regel auf die Einreichung eines Businessplans bestehen. Hierbei sind wir Ihnen gerne behilflich.

Unsere Einschätzung

Der Weg in die eigene Selbständigkeit ist mit vielen Chancen aber auch Risiken verbunden.
Sie sollten sich rechtzeitig mit einer Vielzahl von verschiedenen Themen beschäftigen und das nötige Startkapital beschaffen. Ebenso müssen Sie sich fristgerecht beim Finanzamt anmelden.

Haben Sie konkrete Fragen? Dann sprechen Sie uns gerne jederzeit an!

Stefanie Anders

Partnerin und Steuerberaterin

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