8. Oktober 2020
Insolvenzen infolge der Corona-Krise mithilfe von EU-Richtlinie vermeiden
Inhaltsverzeichnis
- Pflicht zu Frühwarnsystem soll Insolvenzen vorbeugen
- Insolvenzen infolge der Corona-Krise mithilfe von EU-Richtlinie vermeiden: der Restrukturierungsplan
- Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens zum Schutz der Handlungsfähigkeit des Unternehmens
- Möglichkeit der gerichtlich bestellten Sanierungsmoderation
- Insolvenzen infolge der Corona-Krise mithilfe von EU-Richtlinie vermeiden: Änderungen des Insolvenzrechts
- Unsere Einschätzung
Der Bund hat im September den Referenten-Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungsrechtsfortentwicklungsgesetz) vorgelegt. Er folgt damit der Vorgabe einer EU-Richtlinie aus dem März 2019. Gerade aufgrund der drohenden Insolvenzen infolge der Corona-Krise kommt der Entwurf zur rechten Zeit. Hier erfahren Sie, wie die Umsetzung der EU-Richtlinie helfen kann, Insolvenzen infolge der Corona-Krise zu vermeiden und bekommen eine erste juristische Einschätzung des Entwurfs.
Ab dem 1. Januar 2021 sollen die neuen gesetzlichen Regelungen gelten. Mit ihnen wird eine EU-Richtlinie erfüllt, die bis Mitte 2021 in nationales Recht umzusetzen ist. Eine zentrale Idee der Richtlinie ist die Implementierung eines präventiven Restrukturierungsrahmens in Deutschland.
Pflicht zu Frühwarnsystem soll Insolvenzen vorbeugen
Der Gesetzentwurf sieht vor, Frühwarnsysteme einzurichten. Sie sollen Hinweise auf die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens geben. Das passiert beispielsweise, indem die Unternehmensleitung automatisch Hinweise auf ausbleibende Zahlungen erhält. Für Leiter von Unternehmen wird die Krisenfrüherkennung und das Krisenmanagement verpflichtend. Ein Verstoß gegen diese Pflichten führt zur Haftung.
Insolvenzen infolge der Corona-Krise mithilfe von EU-Richtlinie vermeiden: der Restrukturierungsplan
Wenn Frühwarnsysteme anschlagen, müssen Unternehmen einen Restrukturierungsplan – das Kernelement des Entwurfs – erarbeiten. Darin muss das Unternehmen Angaben zu Vermögenswerten, Verbindlichkeiten, Umfang der Krise und möglichen Maßnahmen der Restrukturierung machen.
Diesem Plan müssen betroffene Gläubiger zustimmen, die den wirtschaftlichen Interessen nach in Gruppen eingeteilt werden. Innerhalb der jeweiligen Gruppen braucht es 75 Prozent Zustimmung für den Restrukturierungsplan. Unter besonderen Voraussetzungen ist es möglich, einzelne Gruppen zu überstimmen.
Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens zum Schutz der Handlungsfähigkeit des Unternehmens
Während der Erarbeitung des Restrukturierungsplans ist der laufende Geschäftsbetrieb vor Störungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger geschützt. Die Insolvenzantragspflicht ruht in dieser Phase, wird jedoch durch eine „Anzeigepflicht im Restrukturierungsverfahren“ ersetzt. Die schwierige wirtschaftliche Situation des Unternehmens wird in dieser Phase noch nicht mit einer Insolvenzbekanntmachung öffentlich gemacht.
Möglichkeit der gerichtlich bestellten Sanierungsmoderation
Für die betroffenen Unternehmen besteht die Möglichkeit, die Leistungen eines gerichtlich bestellten Sanierungsmoderators in Anspruch zu nehmen. Der Sanierungsmoderator soll als unabhängige, in Sanierungs- und Restrukturierungsfragen sachkundige Person bei der Ausarbeitung einer Sanierungslösung unterstützen, um zu vermeiden, dass später ein Insolvenzverwalter bestellt werden muss. Die Bestellung erfolgt zunächst für einen Zeitraum von drei Monaten.
Insolvenzen infolge der Corona-Krise mithilfe von EU-Richtlinie vermeiden: Änderungen des Insolvenzrechts
Außerdem ist geplant, auch die Insolvenzordnung im Rahmen der Umsetzung der EU-Richtlinie anzupassen.
Erfüllt ein Unternehmen zwei der folgenden Kriterien:
- Bilanzsumme von mindestens sechs Millionen Euro,
- mindestens zwölf Millionen Euro Umsatz,
- mindestens 50 Arbeitnehmer,
soll das Unternehmen Anspruch auf ein Vorgespräch mit dem zuständigen Insolvenzgericht bekommen.
Des Weiteren werden die Voraussetzungen für die Eigenverwaltung deutlicher festgelegt. Das Verfahren soll künftig stärker die Gläubigerinteressen berücksichtigen.
Der Prognosezeitraum der drohenden Zahlungsunfähigkeit soll künftig 24 Monate, der Prognosezeitraum der Überschuldung zwölf Monate, betragen.
Unsere Einschätzung
Noch einmal möchten wir darauf hinweisen, dass die Insolvenzantragspflicht zum 1.10.2020 wegen Zahlungsunfähigkeit wieder besteht. Für die Überschuldung ist die Insolvenzantragspflicht noch bis zum 31.12.2020 weiter ausgesetzt.
Wir gehen davon aus, dass Unternehmen, die unter der Corona-Krise besonders leiden, in den nächsten Wochen und Monaten zunehmend darüber nachdenken, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Der grundsätzlich gelungene Gesetzesentwurf kommt also genau richtig. Er bietet gerade für diese Unternehmen mit dem Stabilisierungs- und Restrukturierungrahmen gute Möglichkeiten. Für überschuldete Unternehmen sind Ausnahmen vorgesehen, sodass diese auch nach dem 31.12.2020 den Stabilisierungs- und Restrukturierungrahmen in Anspruch nehmen können.
Um alle Möglichkeiten, die der Gesetzgeber heute und in Zukunft vorsieht, auszuschöpfen und die Haftung der handelnden Personen auszuschließen, ist ein frühzeitiges Handeln besonders wichtig.
Sprechen Sie uns also möglichst früh an, wenn Sie ihr Unternehmen in einer möglichen wirtschaftlichen Schieflage sehen.