7. Juli 2020
Zertifizierte TSE für Kassen, Kassendokumentation und mehr: Worauf Sie bei der Kassenführung achten sollten
Inhaltsverzeichnis
- Bund schreibt zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) vor
- Zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung: Keine Fristverlängerung durch Corona
- Übergangsfrist für nicht aufrüstbare Kassensysteme
- Aufrüstbarkeit auf zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) überprüfen
- Verpflichtende Mitteilungen an die Finanzverwaltung
- Offene Ladenkassen nicht von der zertifizierten Sicherheitseinrichtung betroffen
- Teil der Verfahrensdokumentation: Kassendokumentation vorlegen
- Urteil des Bundesfinanzhofs: Aufbewahrungspflicht von Programmierprotokollen
- Kassenbuch handschriftlich oder am Computer führen
- Wieso Sie keine Kassenbücher mit Excel führen sollten
- Unsere Einschätzung
Eine ordnungsgemäße Kassenführung ist unerlässlich und spart am Ende Arbeit und Mehrkosten. Wir erklären, worauf Sie bei der Kassenführung achten sollten.
Die Belegausgabepflicht gilt seit dem 1. Januar 2020. Politische Bestrebungen, diese wieder abzuschaffen oder aber stark abzumildern, sind bislang nicht umgesetzt worden. Also gilt die Belegausgabeverpflichtung weiter fort. Dieses wird unseres Erachtens auch so bleiben. Es gibt allerdings noch weitere wichtige Themen rund um die Kassenführung mit elektronischen Kassensystemen, die dringend zu beachten sind. Gerade eine nicht ordnungsgemäße Kassenführung bemängelt die Finanzverwaltung häufig. Infolgedessen erkennt das Finanzamt die Kassenführung nicht an und führt eine Hinzuschätzung durch.
Bund schreibt zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) vor
Ab dem 1. Januar 2020 müssten elektronische Kassensysteme grundsätzlich über ein vom Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik (BSI) vorgegebenes zertifiziertes System zur Datenspeicherung und eine spezielle Schnittstelle zum Auslesen der Daten durch das Finanzamt verfügen. Das schreibt § 146a Abgabenordnung (AO) nach Änderung durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22. Dezember 2016 vor. Der Begriff stammt aus der deutschen Kassensicherungsverordnung (KassenSichV).
Allerdings hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) eine Nichtbeanstandungsregelung bis zum 30. September 2020 eingeräumt. Das hatte ausnahmsweise nichts mit Corona zu tun, sondern es gab schlichtweg am Anfang des Jahres noch keine ausreichend vorhandenen zertifizierten Systeme.
Zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung: Keine Fristverlängerung durch Corona
Nun stand eine durch Corona bedingte Verlängerung dieser Frist im Raum. Allerdings ist nach neuesten Informationen aus dem Bundesfinanzministerium (BMF) keine weitere Verlängerung geplant.
Auf Anfrage sagt das BMF: „Wir gehen davon aus, dass bis Ende September 2020 ausreichende Zertifizierungen abgeschlossen sein werden, damit eine flächendeckende Aufrüstung der elektronischen Aufzeichnungssysteme möglich ist. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hat die ersten technischen Sicherheitseinrichtungen für elektronische Aufzeichnungssysteme im Dezember 2019 zertifiziert; eine weitere zuletzt im April 2020. Vor diesem Hintergrund sehen wir keine Notwendigkeit für eine generelle Verlängerung der Nichtbeanstandungsregelung über den 30. September 2020 hinaus …“.
Also müssen elektronische Kassensysteme, die aufrüstbar sind, bis zum 30. September 2020 entsprechend mit einer zertifizierten TSE ausgerüstet sein. Das gilt selbstverständlich auch für PC-Kassensysteme oder Cloud-Lösungen.
Übergangsfrist für nicht aufrüstbare Kassensysteme
Für nicht aufrüstbare Systeme gibt es eine Übergangsfrist. Derzeit noch zulässige Kassensysteme, die bauartbedingt nachweislich nicht aufrüstbar sind, dürfen Sie noch bis zum 31. Dezember 2022 einsetzen. Für diese Kassen müssen Sie der Verfahrensdokumentation zur Kassenführung einen entsprechenden Nachweis des Kassenherstellers beifügen. Für die Zeit ab 1. Januar 2023 müssen Sie zwingend ein zertifiziertes System einführen.
Durch die Einführung der zertifizierten TSE werden alle in ein elektronisches Erfassungssystem eingegebenen Geschäftsvorfälle von Beginn bis zum Ende protokolliert. Geschäftsvorfälle sind beispielsweise alle Umsätze, nachträgliche Stornierungen, Trinkgeld, Gutscheine, Privatentnahmen und -einlagen, Wechselgeldeinlage, Lohnzahlungen aus der Kasse oder Geldtransit.
Daneben erfassen Systeme in Zukunft auch andere Vorgänge wie Trainingsbuchungen, Sofort-Stornierungen eines unmittelbar zuvor erfassten Vorgangs, Belegabbrüche, erstellte Angebote oder nicht abgeschlossene Geschäftsvorfälle (z.B. Bestellungen).
Aufrüstbarkeit auf zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) überprüfen
Sie müssen nun darauf achten, dass Sie sich schnellstmöglich mit dem Thema auseinandersetzen. Wenn Ihre Kasse umrüstbar ist, müssen Sie die zertifizierte TSE bis zum 30. September 2020 eingeführt haben. Prüfen Sie daher, ob Ihre Kasse aufrüstbar ist oder nicht.
Planen Sie die kurze Zeit bis dahin gut ein. Organisieren Sie sich bitte schnellstmöglich Termine bei Ihrem Kassenaufsteller bzw. -hersteller. Wenn Ihre Kasse nicht aufrüstbar ist, benötigen Sie vom Kassenaufsteller bzw. -hersteller bis 30. September eine entsprechende Bescheinigung, dass die Kasse eben nicht aufzurüsten ist. Diese Bescheinigung ist dann ab 1. Oktober 2020 der Kassendokumentation für eine etwaige unangekündigte Kassennachschau beizufügen.
Verpflichtende Mitteilungen an die Finanzverwaltung
Seit dem 1. Januar 2020 müssten Sie Ihre elektronischen Aufzeichnungssysteme grundsätzlich auch an Ihr Finanzamt melden.
Aber gemäß der oben genannten Nichtbeanstandungsregelung zur Einführung der zertifizierten TSE verlängert sich auch diese Frist nach hinten. Von einer Meldung nach § 146a Absatz 4 AO ist bis zum Einsatz einer elektronischen Übermittlungsmöglichkeit erst einmal abzusehen.
Den Zeitpunkt des Einsatzes der elektronischen Übermittlungsmöglichkeit gibt das Bundessteuerblatt Teil I gesondert bekannt. Wir informieren an dieser Stelle, wenn es dann soweit ist.
Offene Ladenkassen nicht von der zertifizierten Sicherheitseinrichtung betroffen
Offene Ladenkassen sind von diesen Neuregelungen nicht betroffen. Aber: Diese müssen Sie mustergültig und jederzeit kassensturzfähig führen. Denn bei der geringsten Abweichung drohen erhebliche Hinzuschätzungen.
Das Führen einer offenen Ladenkasse ist häufig nicht so einfach, wie es sich anhört. Weicht der echte Kassenbestand vom Buchbestand ab, können Sie also zu einem beliebigen Zeitpunkt keinen Kassensturz machen, oder führen Sie das Kassenbuch nicht ordnungsgemäß und revisionssicher, verwirft die Finanzverwaltung auch eine offene Ladenkasse.
Teil der Verfahrensdokumentation: Kassendokumentation vorlegen
Eine spezielle Verfahrensdokumentation zur Kassenführung, die Kassendokumentation, stellt den Einsatz der Kassensysteme dar. Sie besteht grundsätzlich aus Beschreibungen, Handbüchern, Anweisungen und weiteren Unterlagen und ist Bestandteil der allgemeinen Verfahrensdokumentation des Unternehmens. Die Betriebsprüfer fordern sie an.
Im Rahmen einer Kassennachschau, bei der ein Betriebsprüfer unangekündigt die Kassensysteme und die Kassenführung inspizieren kann, ist zwingend eine ordnungsgemäße Kassendokumentation vorzulegen. Dieses gilt auch für offene Ladenkassen.
Je nach eingesetzter Kassenart sind unterschiedliche Beschreibungen notwendig. Darüber hinaus müssen Sie beschreiben, wie Sie das Kassenbuch führen und angeben, wie Sie Datensicherheit und Datenaustausch gewährleisten. Ebenso gehört eine Kassieranweisung für Mitarbeiter dazu.
Urteil des Bundesfinanzhofs: Aufbewahrungspflicht von Programmierprotokollen
In einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25.03.2015 mit dem Az. X R 20/13 heißt es sinngemäß:
„Bei einem programmierbaren (Kassen-)system stellt das Fehlen der aufbewahrungspflichtigen Betriebsanleitung sowie der Protokolle nachträglicher Programmänderungen einen formellen Mangel dar, dessen Bedeutung dem Fehlen von Tagesend-Summenbons bei einer Registrierkasse oder dem Fehlen von Kassenberichten bei einer offenen Ladenkasse gleichsteht und der daher grundsätzlich schon für sich genommen zu einer Hinzuschätzung berechtigt.“
Die Entscheidung zeigt deutlich auf, dass die Vorlagen von Anweisungen zur Kassenprogrammierung aufbewahrungspflichtig sind. Das gilt insbesondere für die Programmierprotokolle, die nachträgliche Änderungen dokumentieren, sowie die Verfahrensdokumentation nach § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO als „sonstige Organisationsunterlagen“.
Das Urteil hebt zudem deutlich hervor, dass die entsprechenden Unterlagen aus dem jeweiligen Prüfungszeitraum erforderlich sind. Das gelte insbesondere auch für die Verfahrensdokumentation.
Sie sollten also darauf achten, dass Sie den jeweiligen aktuellen Stand der Kassenführung und der Kassensysteme dokumentiert haben. Änderungen sind nachvollziehbar vorzuhalten, um auch historisch die Kassenführung im Rahmen einer Prüfung herleiten zu können. Gelingt dieses nicht, laufen Sie Gefahr, dass die Finanzverwaltung Sicherheitszuschläge festsetzt.
Gerade jetzt, wo zum 1. Juli 2020 die Umsatzsteuersätze gesenkt wurden und die Kassenprogrammierungen zu ändern waren, ist eine entsprechende Dokumentation der Programmierung und der vorgenommenen Änderungen unerlässlich. Bitte denken Sie auch daran, die Kassen zum 1. Januar 2021 wieder umzuprogrammieren, wenn die Umsatzsteuersätze abermals geändert werden. Dann müssen Sie wieder alle Änderungen dokumentieren.
Kassenbuch handschriftlich oder am Computer führen
Sie können ein Kassenbuch handschriftlich oder am Computer schreiben. Wenn Sie das Kassenbuch elektronisch schreiben, zum Beispiel per DATEV-Kassenbuch, Lexware oder Agenda, müssen Sie die jeweiligen Eintragungen täglich unveränderbar festschreiben oder aber Änderungen stets nachvollziehbar dokumentieren (z.B. per Logdatei in einem Dokumentenmanagementsystem/DMS).
Wieso Sie keine Kassenbücher mit Excel führen sollten
Basiert das Kassenbuch ausschließlich auf einer Excel-Tabelle und wird diese stand-alone abgespeichert, verstößt dieses gegen § 146 Abs. 4 AO und macht die Kasse in Gänze unbrauchbar.
Bitte nutzen Sie keine Excel-Kassenbücher, da das Finanzamt ansonsten Ihre Kassenführung nicht anerkennen wird. Ausnahme: Sie binden die Excel-Kasse in ein revisionssicheres DMS ein.
Unsere Einschätzung
Betreiben Sie ein bargeldintensives Geschäft? Dann nehmen Sie die Kassenführung nicht auf die leichte Schulter. Die Finanzverwaltung ist bei allen Bargeldgeschäften sehr streng und legt hohe Maßstäbe an. Es drohen hohe Hinzuschätzungen.
Unsere Empfehlung lautet daher: Wenn es möglich ist und Ihr Geschäftsmodell es zulässt, verringern Sie die Anzahl Ihrer Bargeldgeschäfte und bieten Sie Kartenzahlung oder digitale Methoden an. Sie verringern so das Risikopotenzial im Rahmen der steuerlichen Veranlagung enorm.
Eine Kasse ordnungsgemäß zu führen und dieses zu beschreiben ist schwierig und aufwändig. Aber es ist auch kein Hexenwerk. Wir helfen Ihnen gerne dabei und unterstützen Sie. Kommen Sie mit Ihren Fragen auf uns zu.