21. August 2024
Klagebefugnis inländischer Feststellungsbeteiligter
Inhaltsverzeichnis
Klagebefugnis inländischer Feststellungsbeteiligter einer ausländischen Personengesellschaft bei Streit über die Auslegung und Anerkennung der Gewinnverteilungsabrede
Die Klagebefugnis inländischer Feststellungsbeteiligter einer ausländischen Personengesellschaft stellt ein komplexes Rechtsproblem dar, das sowohl zivil- als auch steuerrechtliche Aspekte berührt. Personengesellschaften, die im Ausland gegründet und geführt werden, können durch ihre geschäftlichen Aktivitäten und Beteiligungen auch in Deutschland steuerlich relevant werden.
In diesem Kontext stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang die inländischen Beteiligten, also deutsche Gesellschafter oder Investoren, eine Klagebefugnis besitzen, wenn es um eine Gewinnverteilung geht. Diese Frage ist nicht nur für die betroffenen Gesellschafter von Bedeutung, sondern auch für die Auslegung und Anwendung des Steuerrechts in Bezug auf grenzüberschreitende Sachverhalte. Mit dieser Frage musste sich vor kurzem der Bundesfinanzhof auseinandersetzen (BFH Urteil v. 16.04.2024 – VIII R 3/21). Im Folgenden soll daher die Klagebefugnis dieser inländischen Feststellungsbeteiligten anhand des angesprochenen Urteils näher untersucht werden.
Sachverhalt: Limited und General Partnership nach dem Recht der Cayman Islands und steuerliche Einordnung in Deutschland
Klägerin war X, eine Limited Partnership nach dem Recht der Cayman Islands. Gesellschaftszweck der Klägerin ist die Investition in Beteiligungen an außerbörslichen Unternehmen mit der Absicht, hieraus Zinsen, Dividenden und Veräußerungsgewinne zu erzielen. Gesellschafter sind der ausländische General Partner und die beschränkt haftenden Limited Partner. Über die Jahre hinweg gab es ungefähr 100 Limited Partner, von denen 15 Gesellschafter im Inland ansässig waren. Der Kreis bestand sowohl aus Kapitalgesellschaften als auch natürlichen Personen, die ihre Beteiligung an der Klägerin entweder im Betriebs- oder im Privatvermögen hielten.
Dem General Partner und den Limited Partnern wurden in den Streitjahren im Rahmen der Gewinnbeteiligung nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrags Gewinne unter Berücksichtigung des Carried Interest zugewiesen und auf den Kapitalkonten gutgeschrieben.
Die Klägerin wurde für die Streitjahre vom Beklagten und Revisionskläger als vermögensverwaltende ausländische Personengesellschaft und aufgrund der Beteiligungen inländischer Kapitalgesellschaften und inländischer betrieblicher Anleger als sogenannte Zebragesellschaft eingestuft. Für die Streitjahre wurden für die inländischen unbeschränkt steuerpflichtigen Anleger gemäß § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) als Feststellungsbeteiligte Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus privaten Veräußerungsgeschäften gesondert und einheitlich festgestellt.
In den Feststellungserklärungen für die Streitjahre erklärte die Klägerin diejenigen Kapitalerträge, die sich nach Abzug des jeweiligen Ergebnisanteils des General Partners einschließlich eines Carried Interest für die inländischen Feststellungsbeteiligten als Limited Partner ergaben.
Bei einer Außenprüfung für die Streitjahre gelangte die Prüferin zu dem Ergebnis, der Carried Interest des General Partners sei in allen Streitjahren nicht als Gewinnanteil, sondern als Tätigkeitsvergütung einzuordnen, die die Limited Partner dem General Partner im Rahmen eines abgekürzten Zahlungswegs über die Gewinnverteilung gezahlt hätten. Diese Einstufung des Carried Interest als Tätigkeitsvergütung führte zu erheblichen steuerlichen Konsequenzen für die Beteiligten.
Vor dem Finanzgericht München hatte die Klage Erfolg (FG München, Urteil vom 17.11.2020, 12 K 2334/18), das Finanzamt erhob Revision.
Entscheidung des BFH zur Klagebefugnis inländischer Feststellungsbeteiligter
Der BFH hielt die Revision ist aus verfahrensrechtlichen Gründen für begründet. Das FG habe es unterlassen, neben den ausgeschiedenen Gesellschaftern der Klägerin auch die übrigen inländischen Gesellschafter (Feststellungsbeteiligte) gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen. Diese sind jeweils gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO persönlich klagebefugt und haben nicht selbst Klage erhoben. Hierin liege ein Verstoß gegen die Finanzgerichtsordnung. Der BFH ist ohne Weiteres davon ausgegangen, dass die Rechtsform einer Limited Partnership dem Typenvergleich nach einer KG entspricht und dass die Limited Partner einem Kommanditisten gleichstehen.
Eine Klagebefugnis der inländischen Feststellungsbeteiligten einer ausländischen Personengesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO ist gegeben, wenn über die Auslegung und steuerrechtliche Anerkennung der Gewinnverteilungsabrede Streit besteht.
Das FG habe für die Anfechtung dieser verfahrensrechtlich eigenständigen Feststellungen zu Recht die Klägerin gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO als klagebefugt angesehen.
Es habe jedoch nicht berücksichtigt, dass auch sämtliche inländische Feststellungsbeteiligte, soweit sie nicht ausgeschieden und schon deshalb gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO klagebefugt sind, gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO klagebefugt sind.
Dass § 18 Abs. 1 Nr. 4 Einkommenssteuergesetz (EstG) nur auf Ebene des Carried Interest-Berechtigten oder einer Carry-Holder-Gesellschaft Wirkung entfaltet und keine Bedeutung für die Gewinnverteilung und Einkünfteermittlung auf Ebene der Fondsgesellschaft hat, ergebe sich auch aus dem Normzweck und der systematischen Verortung in § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG statt in den Regelungen zur Einkünfteermittlung gemäß § 20 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 oder § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 EStG.
18 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist danach keiner Auslegung zugänglich, die die in Tz. 24 des BMF-Schreibens vom 16.12.2003 (BStBl I 2004, 40) enthaltene Sichtweise stützt. Weder wird der erhöhte Gewinnanteil überhaupt in eine schuldrechtliche Tätigkeitsvergütung umqualifiziert noch lässt sich aus dem Gesetzeswortlaut und Normzweck ableiten, dass die Regelung in die Gewinnverteilung und Einkünfteermittlung der Fondsgesellschaft hineinwirkt und auf dieser Ebene ein der Einkommensverwendung zuzurechnender Gewinnverzicht der Investoren stattfindet.
Der Carried Interest–Berechtigte und die Investoren erzielen auf der Fondsebene vielmehr die ihnen im Rahmen der Gewinnverteilung zugewiesenen Beträge und Einkünfte (§ 20 Abs. 1, Abs. 2, § 23 EStG); Werbungskosten und Veräußerungskosten der Investoren können aufgrund des Carried Interest nicht entstehen.
Unsere Einschätzung zur Gewinnverteilungsabrede in ausländischen Personengesellschaften
Eine Klagebefugnis der inländischen Feststellungsbeteiligten einer ausländischen (Fonds-)Personengesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist also gegeben, wenn über die Auslegung und steuerrechtliche Anerkennung der Gewinnverteilungsabrede in ausländischen Personengesellschaften Streit besteht. Die Klagebefugnis der Gesellschafter entfällt auch nicht deshalb zugunsten einer alleinigen Klagebefugnis der Gesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO, weil das Finanzamt aus der Nichtanerkennung der Gewinnverteilungsabrede den Schluss zieht, dass kapital-disproportionale Gewinnanteile aus einem Carried Interest auf Ebene der Fondsgesellschaft als Tätigkeitsvergütungen und Aufwendungen der Gesellschaft zu behandeln sind und dies in der Ermittlung der festzustellenden Einkünfte auf der Gesellschaftsebene berücksichtigt wird.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Klagebefugnis inländischer Feststellungsbeteiligter einer ausländischen Personengesellschaft eine anspruchsvolle Fragestellung darstellt. Die komplexe Verknüpfung nationaler und internationaler Vorschriften erfordert eine sorgfältige Analyse und fundierte rechtliche Bewertung, um die Rechte der Beteiligten effektiv zu wahren.
Sollten Sie weitere Fragen oder Unklarheiten zu diesem Thema haben, zögern Sie nicht, sich mit uns in Verbindung zu setzen. Unsere Berater:innen stehen Ihnen gerne zur Seite, um bestmögliche Lösungen für Ihre spezifischen Anliegen zu erarbeiten. Wenden Sie sich bei Fragen an Rechtsanwalt Marcus Büscher.