
13. Januar 2025
BGH stärkt Verbraucher:innenrechte: Rückzahlung unrechtmäßig erhobener Kontoführungsgebühren
Inhaltsverzeichnis
- Amts- und Landgericht weisen Klage ab
- BGH entscheidet: Kontoführungsgebühren wurden ohne Rechtsgrund erhoben
- Keine Anwendbarkeit der sogenannten Dreijahreslösung für Bankgebühren
- Wie wirkt sich das BGH-Urteil auf Verbraucher:innen und Banken aus?
- Unsere Einschätzung: Klare Vorgaben für Banken, starke Rechte für Verbraucher:innen
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Mit Urteil vom 19. November 2024 (Az.: XI ZR 139/23) hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass Bankkund:innen unrechtmäßig erhobene Kontoführungsgebühren zurückfordern können, wenn diese auf unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) basieren. Hintergrund der Entscheidung war eine Zustimmungsfiktionsklausel, auf deren Grundlage die Bankentgelte abgebucht wurden. Die Entscheidung stärkt die Rechte von Bankkund:innen, die sich mit unrechtmäßigen Gebührenkonfrontiert sehen.
Amts- und Landgericht weisen Klage ab
Im Fall, mit dem der BGH sich auseinander zu setzen hatte, verlangte der Kläger als Kunde der Sparkasse die Rückzahlung von Kontoführungsgebühren sowie Gebühren für ein Girokonto. Die Bank hatte diese Gebühren erhoben, obwohl der Kunde den neuen Bedingungen nie aktiv zugestimmt hatte. Grundlage war eine Klausel in den AGB der Bank, die eine Zustimmung des Kunden durch Untätigkeit fingierte. Der Kläger widersprach den erhobenen Kontoführungsgebühren im Jahr 2021 und verlangte die Rückzahlung der abgebuchten Beträge. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht als Vorinstanz wiesen die Klage ab.
BGH entscheidet: Kontoführungsgebühren wurden ohne Rechtsgrund erhoben
Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sparkasse als Beklagte antragsgemäß zur Rückzahlung der Entgelte verurteilt. Der BGH stellte fest, dass die sogenannte Zustimmungsfiktionsklausel unwirksam war und die abgebuchten Kontoführungsgebühren daher ohne Rechtsgrund erhoben wurden.
Die Klausel, die die Zustimmung der Kund:innen zu Änderungen der Entgelte aufgrund von Untätigkeit fingierte, wurde bereits in einem früheren Urteil des BGH vom 27.04.2021 (Az.: XI ZR 26/20) als rechtswidrig bewertet.
Der BGH stellte klar, dass die fortgesetzte Nutzung eines Girokontos durch die Kund:innen nicht als ausdrückliche Zustimmung zu geänderten Vertragsbedingungen verstanden werden darf. Das bloße Aufrechterhalten des Kontos sei vielmehr notwendig, um am Zahlungsverkehr teilnehmen zu können. Demnach stellt dies keinen rechtsverbindlichen Akt der Zustimmung zu Vertragsänderungen dar.
Keine Anwendbarkeit der sogenannten Dreijahreslösung für Bankgebühren
Der BGH entschied zudem, dass die sogenannte Dreijahreslösung auf die unwirksamen Zustimmungsfiktionsklauseln von Sparkassen und Banken nicht übertragbar sei. Der BGH betonte, dass die Tatsache, dass ein:e Kund:in die Kontoführungsgebühren mehr als drei Jahre widerspruchslos gezahlt habe, nicht dazu führe, dass die Banken und Sparkassen das Geld behalten dürfen.
Die Dreijahreslösung, die für die Fälle der unwirksamen Preisanpassungsklauseln bei Energielieferungsverträgen vom BGH entwickelt wurde (Urteil vom 14.03.2012, Az.: VIII ZR 113/11), erklärte der BGH für Bankgebühren somit als nicht passend. Denn im Gegensatz zu Preisanpassungsklauseln wird der eigentliche Vertragsinhalt dort nicht durch die unwirksame Zustimmungsfiktionsklausel der Sparkasse festgelegt.
Wie wirkt sich das BGH-Urteil auf Verbraucher:innen und Banken aus?
Stärkung der Verbraucher:innenrechte
Das Urteil des BGH macht erneut deutlich, dass sogenannte Zustimmungsfiktionsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind. Bankkund:innen können nun unrechtmäßig erhobene Entgelte zurückfordern, ohne sich auf lange Rechtsstreitigkeiten einlassen zu müssen. Dadurch wird die Position der Verbraucher:innen erheblich gestärkt.
Das Urteil eröffnet Kund:innen die Möglichkeit, Kontoführungsgebühren und andere Gebühren zurückzufordern, die auf Basis von unwirksamen AGB erhoben wurden. Besonders relevant ist, dass die sogenannte Dreijahreslösung hier nicht greift. Somit können Kund:innen auch nach längerer widerspruchsloser Zahlung Rückforderungsansprüche geltend machen.
Folgen für Banken und Sparkassen
Banken und Sparkassen sollten sich auf eine potenziell hohe Anzahl von Rückzahlungsforderungen vorbereiten, die sich auf viele Kund:innen erstrecken könnte. Zudem verdeutlicht das Urteil des BGH nochmals mehr, dass Banken und Sparkassen ihre AGB anpassen müssen, um rechtswidrige Klauseln zu vermeiden und weitere Streitigkeiten zu verhindern. Die bisher geführte Praxis der Banken und Sparkassen ist nicht länger zulässig. Zukünftige Änderungen an (Kontoführungs)gebühren oder Vertragsbedingungen können nur mit aktiver und ausdrücklicher Zustimmung der Kund:innen erfolgen.
Unsere Einschätzung: Klare Vorgaben für Banken, starke Rechte für Verbraucher:innen
Das Urteil des BGH stärkt die Rechte der Verbraucher:innen erheblich und setzt Banken und Sparkassen klare Grenzen. Es stellt sicher, dass Vertragsänderungen nur mit der aktiven Zustimmung der Kund:innen wirksam werden. Gleichzeitig erinnert es Kund:innen daran, ihre Kontobewegungen regelmäßig zu überprüfen und bei unklaren Gebühren nachzufragen.
Für Banken und Sparkassen zeigt das Urteil die Notwendigkeit, transparente und rechtskonforme AGB zu entwickeln. Rechtswidrige Klauseln schaden nicht nur dem Vertrauen der Kund:innen, sondern können auch erhebliche finanzielle Folgen nach sich ziehen. Das Urteil macht deutlich: Fairness und Rechtskonformität sind im Umgang mit Kund:innen unverzichtbar – nicht nur aus rechtlicher, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht.
Für Bankkund:innen zeigt das Urteil die Notwendigkeit, die Gebühren ihres Kontomodells zu überprüfen und auch Vorgänge wie Kontoabhebungen genauer zu hinterfragen. Außerdem bietet sich jetzt eine klare Möglichkeit, zu Unrecht gezahlte Gebühren zurückzufordern. Eine fundierte rechtliche Beratung kann dabei helfen, die Ansprüche zügig und effektiv durchzusetzen. Wenn Sie Fragen haben oder sich beraten lassen möchten, melden Sie sich bei unserer Expertin Paola Koudela – sie hilft Ihnen gerne weiter.