
20. November 2025
Provisionskonzept Zahnarztpraxis: für Mitarbeitende
Inhaltsverzeichnis
- Marktgerechte Gehälter als Basis für faire Vergütung
- Grundgehälter und Tariflohn als Orientierung
- Leistungsorientierte Vergütung: So funktioniert das Provisionskonzept
- Individuelle Provisionen für verschiedene Berufsgruppen
- Wir zeigen Ihnen an Beispielen, welche individuellen Möglichkeiten Sie für Ihre verschiedenen Mitarbeitenden haben.
- Steuerliche Behandlung von Provisionen in der Zahnarztpraxis
- Provisionen im Krankheitsfall: Das müssen Arbeitgebende wissen
- Berechnung der Entgeltfortzahlung bei Provisionen
- Gestaltung und Dokumentation: So sichern Sie sich rechtlich ab
- Unsere Einschätzung: Provisionsmodelle als Zukunft der Mitarbeiterbindung
- Sie suchen einen Partner im Bereich Praxisentwicklung?
- Kontaktformular
Der viel diskutierte Fachkräftemangel hat in den letzten Jahren erheblichen Druck bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitenden in zahnmedizinischen Praxen ausgelöst. Immer mehr Praxen spüren die Probleme, potenzielle Mitarbeitende für ihre Praxis zu begeistern. Selbst Auszubildende sind immer schwieriger für den Beruf der bzw. des zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) zu interessieren. Gelingt es doch, brechen über 30 % die Ausbildung frühzeitig ab.
Gleiches gilt für die in den Praxen schon seit Jahren tätigen Fachkräfte, von denen sich über 60 % einen Wechsel des Arbeitgebenden vorstellen können. Die Gründe sind vielschichtig, haben aber fast immer ihren Ursprung in einer Unzufriedenheit mit dem Arbeitgebenden oder dem direkten Arbeitsumfeld in der Praxis. Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit Dr. Right.
Marktgerechte Gehälter als Basis für faire Vergütung
Neben vielen Faktoren spielt sicherlich eine marktgerechte Entlohnung eine große Rolle für die Zufriedenheit mit dem Beruf als ZFA. Die zu finden, ist aber häufig gar nicht so einfach. Der Beruf hat sich in den letzten Jahren dank vieler Angebote zur weiteren Qualifikation erheblich diversifiziert und reicht bis hin zu nahezu autonom tätigen Praxismanager:in oder Dentalhygieniker:in. Die erste Frage nach einer angemessenen Entlohnung ist also sicherlich die jeweilige Qualifikation des Mitarbeitenden. Der zweite wichtige Punkt ist sicherlich die geografische Lage der Praxis. Eine Praxis in München hat allein schon wegen der hohen Lebenshaltungskosten für den Mitarbeitenden eine andere Herausforderung als die Praxis in ländlichen Regionen, wie z. B. in Mecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-Holstein. Der dritte Punkt ist das lokale Angebot an entsprechenden Fachkräften, das geografisch ebenfalls sehr schwanken kann.
Nun könnte man vereinfachend sagen, die Nachfrage bestimmt die Entlohnung. Das wäre aber sicher zu einfach und auch gefährlich, da die Lohnstruktur damit irgendwann ins Uferlose wandern würde.
Grundgehälter und Tariflohn als Orientierung
Eine erste Orientierung bittet die Tariflohnstruktur, die ja auch von den Vertreter:innen in Form eines Berufsverbandes der Fachberufe (https://www.vmf-online.de/zfa) verhandelt wird. Es ist aber sicherlich so, dass diese Lohnstruktur auch nur als grobe Leitlinie angesehen werden kann, da auch hier natürlich geografische Lage der Praxis und lokale Verfügbarkeit von Fachkräften eine große Rolle spielen können. Es bietet sich also an, den Tariflohn als eine Art Grundlohn oder Grundgehalt zu verstehen.
Wie entlohnt man nun aber besonders engagierte und eigenverantwortlich tätige Mitarbeitende gerecht und vor allen Dingen aus Sicht des Mitarbeitenden angemessen? In der Praxis spricht man in diesem Zusammenhang auch von einem Vergütungsmodell für Zahnarztpraxen oder einer variablen Entlohnung, die individuelle Leistungen gezielt belohnt.
Leistungsorientierte Vergütung: So funktioniert das Provisionskonzept
Wenn sich einzelne Mitarbeitende deutlich über die von ihnen erwartete Arbeitsleistung einbringen, wäre es eine Möglichkeit, dies als Praxisinhaber:in über ein Provisionskonzept abzubilden. Immer mehr Zahnarztpraxen setzen auf leistungsorientierte Vergütungssysteme, um Motivation und Mitarbeiterbindung gezielt zu fördern und gute Leistungen messbar zu honorieren.
Die Provision ist per Definition eine Prämie, die zusätzlich zum Festgehalt bzw. Grundgehalt vom Arbeitgebenden leistungsorientiert gezahlt wird. Mit einer Provision möchte man den Mitarbeitenden für besondere Leistungen oder Erfolge belohnen und entsprechende Anreize schaffen. Aus diesem Grund sollten Provisionen auch immer individuell und in der Regel nicht als Teamprovisionen angelegt werden. Die Gefahr, dass sich vermeintlich „faule Äpfel“ im Team auch über eine Teamprovision nicht motivieren lassen ist groß und kann dann zu erheblichem Frust bei motivierten Mitarbeitenden führen. Insofern also immer individuell jeden Mitarbeitenden analog seiner jeweiligen Leistung belohnen.
Individuelle Provisionen für verschiedene Berufsgruppen
Häufig stellt sich dann die Frage, wie denn die einzelnen Mitarbeitenden in ein Provisionskonzept eingebunden werden können. Für den bzw. die Zahnmedizinische Prophylaxeassistent:in (ZMP) oder Dentalhygienieker:in (DH) erscheint dies noch ganz einfach und plausibel, spätestens aber bei dem bzw. der Zahnmedizinischen/m Verwaltungsassistent:in (ZMV) wird es dann gefühlt schwieriger.
Idealerweise nutzen Sie für die Provisionserfassung ein digitales Tool. Das spart Zeit und schafft die nötige Transparenz für Sie und Ihre Mitarbeitenden.
Wir zeigen Ihnen an Beispielen, welche individuellen Möglichkeiten Sie für Ihre verschiedenen Mitarbeitenden haben.
Zahnmedizinische Prophylaxeassistenz und Dentalhygieniker:in
Wenn ein:e ZMP/DH bereits über einen längeren Zeitraum in der Praxis beschäftigt ist, stellt man ein Provisionskonzept auf die bisherige Honorarleistung des Mitarbeitenden ab. Hierzu ermittelt man den durchschnittlichen Honorarumsatz der letzten 12 Monate anhand der Leistungsstatistik. Dieser Wert stellt den Grenzwert der zukünftigen Provisionszahlungen dar. Jeder zukünftige Honorarumsatz über diesen Grenzwert wird mit einer Provision von z. B. 10 % auf das Mehrhonorar belegt. Das sorgt für eine faire Bezahlung von ZMP und Dentalhygieniker:innen, die überdurchschnittliche Leistungen erbringen und sich aktiv am Praxiserfolg beteiligen.
Wenn die die Stelle der bzw. des ZMP/DH neu besetzt wird, fehlen natürlich zunächst bisherige Erfahrungswerte zu erbrachten Honoraren. Hier könnte man entweder aus der Erfahrung anderer Mitarbeitender aus der Praxis profitieren und entsprechende Zielumsätze definieren, oder aber man orientiert die zukünftige Provision am Grundgehalt. Hier empfiehlt sich mindestens der Faktor 2,5 auf das Grundgehalt zzgl. Arbeitgebendenbelastung.
ZFA: Provision durch Beratung und Zusatzleistungen
Die bzw. der ZFA genießt in der Regel eine hohe Glaubwürdigkeit gegenüber den Patient:innen und ist daher gerade bei der Beratung von Zusatz- bzw. Mehrkostenleistungen authentischer als der bzw. die Praxisinhaber:in. Sicherlich müssen die Befugnisse der Beratungen definiert und auch beschränkt sein, aber allgemeine Leistungen wie eine PZR oder auch MKV-Füllung können ZFAs nach entsprechender Schulung durchaus gegenüber Patient:innen beraten, sofern die Richtigkeit und Durchführbarkeit der Beratungen durch die Zahnärztin bzw. den Zahnarzt bestätigt werden. Ganz nebenbei entlastet dies die bzw. den Praxisinhaber:in sowie die weiteren Behandler:innen mit diesem Procedere, da Letztere diese zeitintensiven Beratungsgespräche nicht durchführen müssen. Wenn die Mitarbeitenden diesen „Workflow“ in der Praxis umsetzen, stellen sich in der Regel deutlich höhere Umsätze ein. Diese Umsätze lassen sich durch digitale Tools sehr einfach auf die Mitarbeitenden und die Patient:innen zurückverfolgen, so dass man ein auf Einzelleistungen bezogenes Provisionskonzept aufbauen kann.
ZMV und Praxismanagement: Erfolgsorientierte Beteiligung
Die bzw. der ZMV/PM (Praxismanger:innen) hat nur indirekten Einfluss auf Umsatzsteigerungen in der Praxis, da diese selten bis gar nicht in Beratungsprozesse eingebunden sind. Ausnahmen sind Patientenberater:innen. Es empfielt sich daher, aus den ZMV/PM Patientenberater:innen zu machen. Auch hier gilt die höhere Glaubwürdigkeit in Bezug auf den monetären Teil der Beratung. Als Praxisinhaber:in sollte man diesen Teil der Aufklärung an die ZMV/PM übergeben und sie prozentual am Honorarteil des Heil- und Kostenplans (HKP) beteiligen. Damit stellt man als Praxisinhaber:in sicher, dass die ZMV/PM den monetär höher bewerteten HKP, der in der Regel auch die bessere medizinische Versorgung darstellt, den Patient:innen empfiehlt. Einige Praxen kombinieren dieses Prinzip mit einem Bonusmodell oder einer variablen Vergütung, die an Umsatz- oder Erfolgskennzahlen geknüpft ist. Dadurch entsteht ein noch stärkerer Leistungsanreiz.
Recall-System: Bonus durch aktive Patientenbindung
Auch im Bereich des Recalls gibt es spannende Ansätze, ZMVs oder PMs erfolgsorientiert einzubinden. Häufig ist der Recall nur semi-optimal in der Praxis etabliert und viele mögliche Termine gehen verloren. Es gibt beispielsweise die Option, als Praxisinhaber:in den ZMV/PM die Zahlung einer „Kopfprämie“ pro erschienener bzw. erschienenem Recall-Patient:in in Aussicht zu stellen. Oder aber ZMVs/PMs überprüfen die Anzahl der Patient:innen, die über zwei oder drei Jahre nicht mehr in Ihrer Praxis waren. Auch hier kann ein persönlicher Recall-Anruf durch eine:n ZMV/PM manchmal sehr positive Auswirkungen haben und zu einer hohen Patientenbindung führen.
Steuerliche Behandlung von Provisionen in der Zahnarztpraxis
Aus steuerlicher Sicht gelten Provisionen als Arbeitslohn. Das bedeutet:
- Sie sind voll lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig,
- werden über die Lohnabrechnung erfasst
- und unterliegen den gleichen Abzugsmerkmalen wie das Festgehalt.
Es handelt sich nicht um steuerfreie Zusatzleistungen. Entscheidend für die Besteuerung und den Einbehalt der Sozialversicherung ist der Zuflusszeitpunkt – also der Moment, in dem die bzw. der Mitarbeitende tatsächlich über den Betrag verfügen kann (Auszahlung).
Provisionen im Krankheitsfall: Das müssen Arbeitgebende wissen
Ein besonders praxisrelevanter Punkt ist die Frage, ob Provisionen auch im Krankheitsfall fortzuzahlen sind.
Gemäß § 4 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) haben Arbeitnehmende bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts, das sie ohne Arbeitsunfähigkeit erzielt hätten. Dieses umfasst grundsätzlich alle Vergütungsbestandteile, die regelmäßig gezahlt werden, so auch laufende Provisionszahlungen.
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall besteht für einen Zeitraum von sechs Wochen (42 Kalendertagen).
Berechnung der Entgeltfortzahlung bei Provisionen
Die Höhe richtet sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit (§ 4 Abs. 1a EFZG). In diese Durchschnittsberechnung fließen Provisionen anteilig ein, sofern sie im Referenzzeitraum angefallen sind.
Beispiel
Eine zahnmedizinische Fachangestellte erhält ein monatliches Fixgehalt von EUR 2.800,00 und eine durchschnittliche monatliche Provision von EUR 400,00.
Bei Krankheit wird das Gesamtbruttogehalt in Höhe von EUR 2.900,00 fortgezahlt und nicht nur das Grundgehalt.
Gestaltung und Dokumentation: So sichern Sie sich rechtlich ab
Um spätere Streitigkeiten zu vermeiden, sollte die Provisionszahlung schriftlich festgehalten werden, idealerweise als Zusatzvereinbarung zum bestehenden Arbeitsvertrag. Aus dieser Zusatzvereinbarung sollten dann insbesondere die Berechnungsgrundlage, der Auszahlungsrhythmus samt Fälligkeit, die Behandlung bei Krankheit, Urlaub, Elternzeit und Kündigung sowie Regelungen zu Rückforderungen hervorgehen.
Unsere Einschätzung: Provisionsmodelle als Zukunft der Mitarbeiterbindung
Gerade im Wettbewerb um Fachkräfte spielt die Mitarbeiterbindung in der Zahnarztpraxis eine zentrale Rolle. Faire und transparente Vergütungssysteme können hier entscheidend sein. Provisionen sind ein attraktives Instrument, um Mitarbeiter:innen zu motivieren und am Praxiserfolg zu beteiligen. Hierbei bringt man ihnen zudem auch Wertschätzung entgegen und räumt ihnen mehr Eigenverwaltung ein.
Mit klaren und vertraglichen Regelungen und transparenter Kommunikation lässt sich dieses Vergütungsmodell rechtssicher und motivierend gestalten.
Dass im Falle einer Krankheit des Mitarbeitenden auch die durchschnittlichen Provisionszahlungen bei der Entgeltfortzahlung mit zu berücksichtigen sind, mag zunächst abschrecken. Jedoch muss man hier als Praxisinhaber:in auch den durch den Mitarbeitenden generierten Mehrumsatz für die Praxis in Relation setzen.
Haben Sie Fragen zum Provisionskonzept für Mitarbeitende oder möchten Sie sich beraten lassen? Unsere Steuerexpertin Stefanie Anders und ihr Team unterstützen Sie gern, nehmen Sie einfach Kontakt auf.
Sie suchen einen Partner im Bereich Praxisentwicklung?

Dr. Oliver Desch ist Zahnarzt und studierte sowie promovierte in Köln. Nach fast elf Jahren zahnärztlicher Tätigkeit wechselte er in die Beratung von Zahnarztpraxen. Seit über 16 Jahren begleitet er Praxisinhaberinnen und -inhaber bei der erfolgreichen Weiterentwicklung ihrer Unternehmen. Insgesamt verfügt er über mehr als 27 Jahre umfangreiche und tiefgehende Branchenkenntnisse.
Mit Erfahrungen aus über 450 Beratungsmandaten und einem Team von rund 20 Mitarbeitenden zählt er zu den führenden Experten im Bereich Praxisentwicklung. Seine eigene Laufbahn prägt seine Beratung nachhaltig: „Fragen, die mir Kunden heute in der Beratung stellen, waren auch mal meine ganz persönlichen Fragen“ – ein Ansatz, den er als seinen Weg „Von Zahnarzt zum Unternehmer“ beschreibt.
Dr. Oliver Desch ist Geschäftsführer der Praxisentwickler GmbH sowie der Dr. Right GmbH und ist zudem als Referent und Dozent tätig.






