BFH-Kommentierung zur Altersfreizeitrückstellung: Voraussetzungen und Urteilsanalyse
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8. Oktober 2024

Rückstellung für Altersfreizeit durch den BFH steuerlich anerkannt

Kategorien: Steuerberatung

Rückstellung für Altersfreizeit unter bestimmten Voraussetzungen zulässig 

Die Bildung einer Rückstellung für Altersfreizeit, die Mitarbeitenden ab dem 60. Lebensjahr gewährt wird und in Abhängigkeit von der Dauer der Betriebszugehörigkeit gewährt wird, ist nach der Entscheidung des BFH vom 05.06.2024 (Az. IV R 22/22) zulässig. Die Entscheidung führt somit zu Rechtssicherheit in einem Streitfeld, welches zunehmend in den vergangenen Jahren im Rahmen von Betriebsprüfungen aufgegriffen wurde. 

Steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit einer Rückstellung für Altersfreizeit 

Hintergrund: Berücksichtigung von Verlusten für ungewisse Verbindlichkeiten 

Eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten kann gebildet werden, sofern die Entstehung einer Verbindlichkeit ihrer Höhe nach noch unklar ist oder zumindest die hinreichende Wahrscheinlichkeit zu der Entstehung einer entsprechenden Verbindlichkeit besteht. Die Verbindlichkeit muss zudem wirtschaftlich vor dem jeweiligen Bilanzstichtag entstanden sein und eine Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen hinreichend wahrscheinlich sein.  

Sachverhalt im Streitfall 

Die Klägerin war eine Personengesellschaft in der Rechtsform einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG), die mit ihren Arbeitnehmer:innen einen Manteltarifvertrag vereinbart hatte. Danach stand den Arbeitnehmer:innen zusätzliche bezahlte Freizeit von zwei Arbeitstagen je vollem Jahr ihrer Betriebszugehörigkeit zu, soweit sie dem Betrieb für mindestens zehn Jahre ununterbrochen zugehörig waren und das 60. Lebensjahr vollendet hatten. Die Klägerin passivierte aufgrund des Erfüllungsrückstandes eine entsprechende Rückstellung für die zukünftigen aus dieser Regelung resultierenden Verpflichtungen. 

Das Finanzamt beanstandete im Rahmen einer Außenprüfung die Bildung dieser Rückstellung, da diese keine Mehrleistungen erbracht hätten, wie beispielsweise in der Ansparphase für die Bildung einer Altersteilzeitvereinbarung. 

BFH erkennt Bildung die Rückstellung für eine Altersfreizeitvereinbarung an 

Nachdem die Klägerin erfolglos Einspruch gegen den Änderungsbescheid nach der Betriebsprüfung eingelegt hatte, gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt. Der Bundesfinanzhof (BFH) lehnte die anschließende Revision des Finanzamtes (FA) ab. In seiner oben genannten Entscheidung stellte der BFH hingegen fest, dass ein Erfüllungsrückstand des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmer:innen eingetreten ist. Dieser Erfüllungsrückstand resultiert aus dem Umstand, dass die Altersfreizeit in Abhängigkeit von der Dauer der Betriebszugehörigkeit der Arbeitnehmenden gewährt wurde.  

Durch die zunehmende Betriebszugehörigkeit der Arbeitnehmer:innen entsteht somit ein Erfüllungsrückstand, für den die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zulässig ist.  

Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten 

Der BFH hatte bereits in einer früheren Entscheidung klargestellt, dass die Bildung einer ungewissen Verbindlichkeit zwingend geboten ist, wenn diese nicht nur wirtschaftlich in der Vergangenheit anknüpft, sondern auch in der Vergangenheit eingetretene Ereignisse abgelten soll. Für die Bildung einer entsprechenden Rückstellung muss somit ein Erfüllungsrückstand in der Vergangenheit entstanden sein. Dieser liegt vor, wenn der Verpflichtete gegenüber seinem Vertragspartner mit seiner Leistung im Rückstand befindet und weniger geleistet hat als ihm nach dem jeweiligen Vertrag ursprünglich obliegt. 

Erfüllungsrückstand im Streitfall gegeben 

Das Finanzamt (FA) hatte im Streitfall bezweifelt, dass ein entsprechender Erfüllungsrückstand eingetreten sei. Dem widerspricht jedoch der Bundesfinanzhof (BFH). Der Erfüllungsrückstand tritt durch die Anknüpfung an die Betriebszugehörigkeit ein. Der Anspruch auf Altersfreizeit stellt eine zusätzliche Vergütung dar, die durch dauerhafte Tätigkeit für den Arbeitgeber von den Arbeitnehmenden erworben wird. Der Erfüllungsrückstand besteht somit in der zukünftig noch zu gewährenden Freistellung gegenüber den Arbeitnehmer: innen. 

Unsere Einschätzung 

Der Streitfall zeigt, dass eine Rückstellung für Altersfreizeit grundsätzlich steuerlich anerkannt werden kann. Entscheidend war im Streitfall das Kriterium, dass die Gewährung der Altersfreizeit von der Betriebszugehörigkeit abhing. Eine bloße Gewährung der Altersfreizeit z.B. bei Erreichung einer bestimmten Altersgrenze hätte somit nicht ausgereicht, um die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu rechtfertigen. Es sind daher im Einzelfall die genauen Bedingungen für die Gewährung der Altersfreizeit zu beachten, um Zulässigkeit der Bildung einer Rückstellung zu prüfen. Wenn Sie Fragen zum Thema haben, wenden Sie sich an Steuerberater Christian Kappelmann. 

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