7. Juni 2022

Steuerfahndung und die Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung 

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In unserer Blogreihe zum Thema “Steuerfahndung” werfen wir für Sie einen Blick auf das Thema Selbstanzeige. Wie Steuerpflichtige sich selbst anzeigen können und worauf dabei zu achten ist, erfahren sie hier.

Hintergrund zu Selbstanzeige

In den vorherigen Beiträgen dieser Reihe zu den Themen

haben wir Ihnen den Ablauf einer Durchsuchung durch die Steuerfahndung sowie die damit einhergehenden Rechte und Pflichten dargelegt. Damit es gar nicht erst soweit kommt, können Steuerpflichtige vom Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige Gebrauch machen. Geregelt wird die Selbstanzeige in § 371 Abgabenordnung (AO).

Die Bedeutung der Selbstanzeige kann man nicht überschätzen. Denn die hierdurch zu erlangende Straffreiheit kennt die Strafrechtsordnung ansonsten nicht. Sie ist allenfalls im Bereich des Rücktritts beim Versuch bekannt.

Der Grund der Regelung des § 371 AO liegt auf der Hand. Das Interesse des Staates an Steuereinnahmen überwiegt letztlich das Interesse an einer Bestrafung eines/einer Einzelnen. Es wird ein Anreiz geschaffen, dass Steuerstraftäter:innen zur Steuerehrlichkeit zurückkehren. Genau dieser Umstand kommt der Selbstanzeige zugute. Allerdings gilt die Möglichkeit der Amnestie zeitlich nicht unbefristet. Und genau hier liegt regelmäßig die Schwierigkeit in der beratenden Praxis. Es gilt, das bestehende Zeitmoment richtig zu erfassen, die notwendige Sorgfalt bei der Erstellung der Selbstanzeige an den Tag zu legen und den maßgeblichen Zeitpunkt nicht zu verpassen.

Die Bestandteile der Selbstanzeige

Prüfung der Erforderlichkeit der Selbstanzeige

Immer geprüft werden sollte, ob ohne Selbstanzeige eine Steuerstrafverfolgung überhaupt noch möglich ist. Ist Verfolgungsverjährung bereits eingetreten, ist eine Selbstanzeige nicht notwendig. Das geschieht regelmäßig fünf Jahre nach Vollendung der Tat. Geregelt ist dies in §§ 78 Abs. 4 und 78a StGB. Die Steuerfestsetzungsfrist ist hiervon unabhängig und vor einer Nachversteuerung schützt eine Selbstanzeige gerade nicht. Sie betrifft ausschließlich die strafrechtliche Verfolgung.

Inhalt einer Selbstanzeige

Die wirksame Selbstanzeige gegenüber der Finanzbehörde muss zwingend unrichtige oder unvollständige Angaben vollumfänglich berichtigen oder ergänzen und unterlassene Angaben nachholen. Inhaltlich maßgeblich ist es, die Finanzbehörden durch die Selbstanzeige in die Lage zu versetzen, einen korrekten Steuerbescheid zu erlassen bzw. fehlerhaft ergangene Bescheide zu korrigieren. Schwierig ist dies, wenn nicht alle Unterlagen in der Kürze der Zeit verfügbar sind. Hier kann in der Praxis durchaus auch in Etappen verfahren und Schätzungen vorgenommen werden. Die Gründe für die Schätzungen und deren Höhe sollten dabei angegeben werden.

Im Falle von inhaltlichen Unrichtigkeiten, ausbleibender Nachreichung von Unterlagen oder einer zu niedrig angesetzten Schätzung steht zunächst die Frage im Raum, ob die fehlenden Informationen beziehungsweise Abweichungen erheblich sind. Schließlich kommt in bestimmten Fällen immer noch eine Teil-Selbstanzeige in Betracht. So kann auch bei unvollständigen Selbstanzeigen zwar im Regelfall keine Straffreiheit, jedoch unter Umständen Strafminderung erzielt werden.

Form

Einer besonderen Form bedarf die Selbstanzeige nicht. Wobei zu Beweiszwecken ein Zugangsnachweis sicherlich unverzichtbar ist. Wird die Selbstanzeige im Rahmen einer (Nach-)Besprechung abgegeben beziehungsweise erklärt, müssen Sie auf eine hinreichende Protokollierung achten.

Zahlung der verkürzten/hinterzogenen Steuer

Eine Straffreiheit kann nur erzielt werden, wenn die sich ergebende Nachzahlung in angemessener Frist erfolgt. Dies ist eine – vor den ordentlichen Gerichten überprüfbare – Tatfrage und kann in Einzelfällen durchaus einen Zeitraum von mehreren Monaten umfassen. Die Frist ist abhängig von der Höhe der Beträge und etwaiger erheblicher Gründe beim Steuerpflichtigen. Es ist jedoch regelmäßig zu empfehlen, den Nachzahlungsbetrag inklusive anfallender Zinsen möglichst zeitnah nach Einreichung der Selbstanzeige zu leisten.

Ausschlussgründe der strafbefreienden Wirkung bei einer Selbstanzeige

Ausschlussgrund: Rechtzeitigkeit

Für eine strafbefreiende Selbstanzeige ist es unter folgenden Konstellationen bereits zu spät.

  • Eine Prüfungsankündigung für eine steuerliche Prüfung in Form der Prüfungsanordnung (§ 196 AO) wurde den an der Tat Beteiligten, den Begünstigten der Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung oder deren Vertreter:in (Steuerberater:in, Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin) bereits bekannt gegeben.
  • Amtsträger:innen der Finanzbehörde sind bereits zur steuerlichen Prüfung, zur Ermittlung der Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit oder einer Nachschau nach anderen steuerrechtlichen Vorschriften erschienen.
  • Täter:innen oder ihren Vertreter:innen ist die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bereits bekannt gegeben worden.
  • Die Tat ist zum Zeitpunkt der Selbstanzeigehandlung ganz oder zum Teil bereits entdeckt und die Täter:innen wussten dies oder hätten bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen müssen.

In diesen Fällen ist, soweit sich der Tatverdacht bestätigt und keine Verjährung eingetreten ist, (insoweit) mit einer strafrechtlichen Konsequenz zu rechnen.

Maßgeblich ist hier die Stufe des Tatverdachts, der nach vorläufiger Bewertung der Tat (hypothetisch) zu einer Anklageerhebung ausreichend sein wird. Ohne hinreichend konkreten Tatverdacht, also etwa nur bei Vorliegen objektiver Voraussetzungen ohne Feststellungen zum Vorsatz des mutmaßlichen Täters, ist noch keine Sperrwirkung eingetreten. Hinzu tritt die Kenntnis (oder grob fahrlässige Unkenntnis) des/der Steuerpflichtigen von der Tatentdeckung.

Nur teilweise Sperrwirkung bei Prüfungsanordnungen oder Prüfungen

Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ist unter Umständen auf bestimmte Sachverhalte beschränkt, sodass sich durchaus noch Raum für eine Selbstanzeige außerhalb der Sperrwirkung ergibt. Wir empfehlen eine kritische Prüfung der Einleitungsverfügung im Hinblick auf ihren Umfang und konkrete Bezeichnung. Unklarheiten oder zu allgemeine Angaben lassen keine Sperrwirkung eintreten.

Ausschlussgrund: Höhe des Steuervorteils

Sofern die verkürzte Steuer oder der nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 25.000 Euro je Tat übersteigt, ist die Strafbefreiung nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 398a AO möglich. Danach können Behörden von einer Strafverfolgung nur absehen. Voraussetzung: Neben der zu leistenden Steuer sowie Zinsen muss ein weiterer Geldbetrag geleistet werden. Dieser hängt von der Höhe der durch diese Tat hinterzogenen Steuer ab und beläuft sich auf 10, 15 oder 20 Prozent der hinterzogenen Steuer.
Dies gilt jedoch nur für diese betroffene Tat. Weitere Taten, die Täter:innen im Rahmen der Selbstanzeige anzeigen, können unter den übrigen Voraussetzungen zu einer Strafbefreiung führen.

Ausschlussgrund: besonders schwerwiegende Fälle

Keine Strafbefreiung ist zu erzielen, wenn Täter:innen selbst oder Mittäter:innen (europäische) Amtsträger:innen sind und für diese Zwecke ihre Amtsstellung missbraucht haben. Weiterhin stellen zum Beispiel die Fälschung von Beweismitteln oder die organisierte Steuerhinterziehung beziehungsweise -Verkürzung im Verbund schwerwiegende Fälle dar.

Unsere Einschätzung

Ziel der Selbstanzeige ist die Straffreiheit wegen einer begangenen Steuerhinterziehung. Andere, mit der Tat möglicherweise im Zusammenhang stehende, Delikte (etwa Insolvenzstraftaten) bleiben bestrafbar – möglicherweise aber unter Berücksichtigung strafmildernden Verhaltens. Unberührt bleibt auch das Besteuerungsverfahren selbst, zum Teil mit durchaus weitreichenden Konsequenzen. Beispiele sind: Außenprüfung, Durchbrechung der Bestandskraft ergangener Steuerbescheide, Sekundärhaftung bei nicht leistungsfähigen Haupttäter:innen, Zahlung von Hinterziehungszinsen.

Aufgrund der Erforderlichkeit der vollumfänglichen Korrektur der unrichtigen oder unvollständigen Angaben sowie des zeitlichen Aspekts der Selbstanzeige empfehlen wir, eine Selbstanzeige stets nur unter Hinzuziehung eines/einer fachkundigen Steuerberater:in zu erstatten.

Haben Sie Fragen zur Steuerfahndung und zum Thema Selbstanzeige?

Dann sprechen Sie uns jederzeit gerne an!

 

Jens Bühner

Partner, Rechtsanwalt, LL.M., Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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