20. Mai 2021

So dürfen Unternehmen weiterhin steuerfreie Gutscheine an Mitarbeiter:innen ausgeben

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Steuerfreie Gutscheine an Mitarbeiter:innen geben viele Unternehmen aus. Seit 2020 war unklar, inwiefern das hinsichtlich einiger Gutscheinanbieter weiterhin möglich ist. Nun herrscht Klarheit. Erfahren Sie, wie Unternehmen weiterhin steuerfreie Gutscheine an Mitarbeiter:innen ausgeben können.

Viele Arbeitgeber:innen gewähren ihren Arbeitnehmer:innen monatlich zusätzlich zum vereinbarten Gehalt noch einen Gutschein im Rahmen eines Sachbezugs als zusätzliches Benefit. Bisheriger Vorteil für Arbeitgeber:innen war, dass die Gewährung eines Gutscheins bis zu einem Freibetrag von bis zu 44 Euro voll steuerfrei und sozialversicherungsfrei gewesen ist.

Neue Regelung zu steuerfreien Gutscheinen für Mitarbeiter:innen seit 2020

Bereits zum 1. Januar 2020 ist jedoch eine Neuregelung für die Abgrenzung zwischen einer reinen Geldleistung und einem Sachbezug in Kraft getreten. In der Praxis war jedoch seitdem teilweise unklar, welche Gutscheine und Geldkarten von dieser Neuregelung betroffen sind und gegebenenfalls nicht mehr begünstigt werden.

Bundesfinanzministerium nimmt Stellung zur Neuregelung steuerfreier Gutscheine für Mitarbeiter:innen

Am 13. April 2021 hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) nun endlich zu der Neuregelung Stellung genommen. Gleichzeitig wurde eine Übergangsregelung bis zum 31. Dezember 2021 eingeführt. Das neue BMF-Schreiben haben wir dabei einmal genauer unter die Lupe genommen.

Unter diesen Voraussetzungen bleiben Gutscheine für Mitarbeiter:innen steuerfrei

Um die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vorteile für die Gewährung der Gutscheine ausschöpfen zu können, muss es sich hierbei um eine echte Sachzuwendung und somit um keinen Barlohn handeln. Dieser führt nämlich immer direkt zu lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtigem Arbeitslohn.

Bei dem Betrag in Höhe von 44 Euro (ab 2022: 50,00 Euro) handelt es sich um eine steuerfreie Freigrenze. Wird dieser Betrag um nur einen Cent überschritten, liegt in voller Höhe lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtiger Arbeitslohn vor.

Wichtig ist zudem, dass der Gutschein zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden muss.

Pauschalversteuerung bei Sachzuwendungen bis 10.000 Euro

Ungeachtet der 44 Euro Freigrenze besteht bei Sachzuwendungen bis zu einem jährlichen Höchstbetrag in Höhe von 10.000,00 Euro die Möglichkeit einer Pauschalversteuerung in Höhe von 30 Prozent durch das Unternehmen. Der Vorteil für Arbeitnehmer:innen hierbei ist, dass sie auf den gewährten Sachbezug weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsabgaben zahlen müssen.

Was ist ein Sachbezug?

Ein Sachbezug ist eine Leistung, die Arbeitgeber:innen ihren Arbeitnehmer:innen gewähren, ohne dass es sich hierbei um eine Überweisung eines Gehalts handelt (zum Beispiel Gewährung von Waren).

Welche Gutscheine und Geldkarten sind ab dem 01. Januar 2022 weiterhin begünstigt?

  • Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen
  • die Karten dürfen keine Bargeldauszahlungsfunktion haben
  • Einsatz der Karten darf nur in Deutschland möglich sein
  • Karte darf keine eigene IBAN haben, die für Überweisungen (zum Beispiel PayPal) oder für den Erwerb von Devisen (zum Beispiel Pfund, US-Dollar, Franken) verwendet sowie als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt werden kann

Zudem müssen die Gutscheine ab 2022 die Kriterien nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 a), b) oder c) des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) erfüllen.

Hierunter fallen folgende Kategorien:

  • Limitierte Netze
  • Limitierte Produktpalette
  • Instrumente zu steuerlichen und sozialen Zwecken

Beispiele für begünstigte Gutscheine und Gutscheinkarten seit 2020

  • Gutscheinkarten von Einkaufsläden, Einzelhandelsketten oder regionalen CityCards
  • Tankgutscheine oder –karten eines einzelnen Tankstellenbetreibers oder einer bestimmten Tankstellenkette (einem bestimmten Aussteller) zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in den einzelnen Tankstellen mit einheitlichem Marktauftritt
  • Karten eines Online-Händlers, die nur zum Bezug von Waren und Dienstleistungen aus seiner eigenen Produktpalette berechtigen (gilt nur Marketplaces)
  • Gutscheinkarten für Fitnessleistungen (zum Beispiel für den Bezug der Trainingsstätten und zum Bezug der dort angebotenen Waren und Dienstleistungen)
  • Streamingdienste für Film und Musik sowie Kinokarten
  • Essensgutscheine

Gutscheine müssen monatlich gewährt werden

Wichtig ist, dass der Zufluss der Gutscheine monatlich erfolgen muss. Händigt der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer:innen bspw. im Januar 12 Gutscheine für das gesamte Jahr im Voraus aus, gelten die gesamten 12 Gutscheine als im Januar zeitgleich bezogen. Dies hat zur Folge, dass die Freigrenze in Höhe von 44 Euro im Januar überschritten wird. Mangels Zufluss der Gutscheine in den übrigen Monaten kommen die jeweiligen Freigrenzen für diese Monate nicht zum Tragen.

Beispiel: Arbeitnehmer:in erhält im Januar 12 Gutscheine á jeweils 44 Euro. Der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin weist die Arbeitnehmer:innen an, dass pro Monat nur ein Gutschein eingelöst werden darf. Der/die Arbeitnehmer:in hält sich auch das gesamte Jahr über an diese Vereinbarung.

Lösung: Der Zufluss der gesamten Gutscheine erfolgt aus lohnsteuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Sicht bereits im Januar und zwar in Höhe von 528 Euro (12 x 44 Euro).
Somit ist die Freigrenze für den Monat Januar in Höhe von 44 Euro eindeutig überschritten, wodurch in voller Höhe lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlicher Arbeitslohn vorliegt.

Gebühren für Aufladung von Geldkarten sind kein geldwerter Vorteil

Anbieter:innen von elektronischen Gutscheinkarten verlangen für die erstmalige Bereitstellung von Gutscheinkarten bzw. deren regelmäßiger Aufladung zum Teil eine (monatliche) Gebühr.

Diese Gebühr stellt jedoch keinen geldwerten Vorteil gegenüber dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin und somit keinen Arbeitslohn dar.

Übergangsregelung von Gutscheinen an Mitarbeiter:innen als Sachbezug bis zum 31. Dezember 2021

Mit dem BMF-Schreiben vom 13. April 2021 wurde eine Übergangsregelung bis zum 31. Dezember 2021 geschaffen. Diese gilt rückwirkend ab dem 1. Januar 2020. Somit sollten alle Gutscheine und Geldkarten, die zumindest die Voraussetzungen nach dem ZAG erfüllen, noch im Rahmen dieser Übergangsregelung bis dahin eingesetzt werden können.

Die Übergangsregelung gilt jedoch nicht für die nachträgliche Kostenerstattung durch Arbeitgeber:innen nach Vorlage der entsprechenden Quittung durch den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin. Diese Variante stellt bereits seit dem 1. Januar 2020 einen lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtigen Barlohn dar.

Mit unter diese Übergangsregelung fallen dürften jedoch Gutscheine für Online Händler:innen, wenn der Gutschein auch für Produkte von Fremdanbietern auf einem sog. „Marketplace“ eingesetzt werden kann. Diese Variante stellt seit dem 1. Januar 2020 keinen Sachbezug mehr da, der unter die 44 Euro Freigrenze fällt. Ab 2022 führt diese Variante dann eindeutig zu lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtigem Arbeitslohn.

Weitere Möglichkeiten lohnsteuer- und sozialversicherungsfreier Gutscheinen an Mitarbeiter:innen

Neben dem monatlichen Gutschein von bis zu 44 Euro als Sachbezug kann ein Gutschein an Mitarbeiter:innen auch aufgrund eines persönlichen Anlasses (Geburtstag) in Höhe von bis zu 60 Euro brutto gewährt werden. Ebenso können Arbeitnehmer:innen auch einen Gutschein von bis zu jährlich 1.080 Euro zwecks Einlösung beim Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin erhalten.

Unsere Einschätzung

Aufgrund der Tatsache, dass es viele Monate unklar war, welche Gutscheine noch die ab 2020 geltenden Kriterien erfüllen, ist es begrüßenswert, dass nun für die Jahre 2020 und 2021 eine Übergangsfrist gewährt wurde.

Sie sollten jedoch genau prüfen, ob der Einsatz der jeweiligen Gutscheinkarten insbesondere ab dem Jahr 2022 noch die Voraussetzungen für die volle Lohnsteuer- und Sozialversicherungsfreiheit erfüllen.

Viele Anbieter:innen von elektronischen Gutscheinkarten haben bereits auf die seit 2020 geltenden Regelungen reagiert und ihr Konzept dahingehend angepasst.

Im Zweifelsfall sollte der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin eine verbindliche Anrufungsauskunft beim zuständigen Betriebsstätten-Finanzamt einholen.

Benötigen Sie Hilfe bei der Überprüfung? Gerne sind wir Ihnen behilflich. Sprechen Sie uns bei Bedarf jederzeit an.

 

Stefanie Anders

Partnerin, Steuerberaterin, Fachberaterin Gesundheitswesen (IBG/ HS Bremerhaven), Fachberaterin für Controlling und Finanzwirtschaft (DStV e.V.)

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