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15. November 2024

Teileinkünfteverfahren: BFH-Urteil zu Antragsvoraussetzungen und Werbungskostenabzug

Kategorien: Steuerberatung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Urteil vom 17.07.2024 (VIII R 37/23) eine richtungsweisende Entscheidung zur steuerlichen Behandlung von Kapitalerträgen getroffen und damit der noch aktuellen Auffassung der Finanzverwaltung widersprochen. Das Gericht hat entschieden, dass die Voraussetzungen für das Teileinkünfteverfahren (TEV) nur im ersten Jahr der Antragsstellung vorliegen müssen.

Gesellschafter, die die Anwendung des Teileinkünfteverfahren beantragt haben, eröffnet dies die Möglichkeit flexibel mit den Anteilen in den Jahren nach der Antragsstellung umzugehen. Auch eine zwischenzeitliche Veräußerung steht dem Abzug von nachträglichen Aufwendungen nunmehr nicht entgegen, wie der Streitfall zeigt. 

Kernpunkte des BFH-Urteils zum Teileinkünfteverfahren 

  1. Werbungskostenabzug bleibt auch nach Wegfall der Voraussetzungen erhalten. 
  2. Eine Beteiligungsveräußerung hat keinen Einfluss auf den Abzug für den festgelegten Vierjahreszeitraum. 
  3. Steuerpflichtige können Schuldzinsen auch nach einem Anteilsverkauf steuerlich geltend machen. 

Hintergrund: Teileinkünfteverfahren und Kapitalerträge im deutschen Steuerrecht 

Das Teileinkünfteverfahren ermöglicht es Steuerpflichtigen, bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften den progressiven Steuertarif anzuwenden und Werbungskosten anteilig abzuziehen. Kapitalerträge aus Beteiligungen, für die das Teileinkünfteverfahren beantragt wurde, unterliegen bei Vorliegen der Voraussetzungen zu 60% dem progressiven Steuersatz. Das gleiche gilt gem. § 3 Nr. 40 S. 1 lit. d) i.V.m. § 3c Abs. 2 EStG auch für dazugehörige Werbungskosten.  

Voraussetzungen für die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens: 

  • Mindestens 25% Beteiligung an der Kapitalgesellschaft oder 
  • Mindestens 1% Beteiligung und berufliche Tätigkeit für die Gesellschaft 

Der Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahren muss spätestens mit der Steuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum gestellt werden und gilt für insgesamt fünf Jahre. 

Der BFH-Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt 

Der Kläger erwarb im Streitfall eine 30%-Beteiligung an einer GmbH, finanziert durch ein Darlehen. Er stellte einen Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG. Zwei Jahre später verkaufte er seine Anteile. Die zur Finanzierung der Beteiligung aufgenommenen Darlehensverbindlichkeit bestand jedoch weiterhin. Der BFH entschied, dass die Schuldzinsen auch für die verbleibenden drei Jahre des Antragszeitraums weiterhin anteilig als Werbungskosten geltend gemacht werden können, obwohl die Antragsvoraussetzungen in diesen Jahren nicht mehr bestehen. 

Zusammenfassung der Entscheidung des BFH  

  1. Werbungskostenabzug nach Anteilsveräußerung 
    • Nach der Entscheidung des BFH ist der Abzug von Werbungskosten auch nach dem Wegfall der Voraussetzungen für die Beantragung des Teileinkünfteverfahrens zulässig.  
    • Die o.g. Voraussetzungen für die Beantragung des Teileinkünfteverfahrens müssen somit nur im Jahr der Antragsstellung vorgelegen haben.
  2. Finanzverwaltung muss Antragsvoraussetzungen unterstellen 
    • Finanzämter sind verpflichtet, die Antragsvoraussetzungen in den Folgejahren zu unterstellen 
    • Dies steht der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung in R 32d Abs. 3 (“Veranlagungsoption”) der EStR entgegen, nach der bei Wegfall der Voraussetzungen kein Werbungskostenabzug kein Werbungskostenabzug mehr zu gewähren war. 

Unsere Einschätzung: Optimierung der Steuerplanung bei Kapitalgesellschaftsbeteiligungen 

Das BFH-Urteil eröffnet Steuerpflichtigen neue Möglichkeiten zur Optimierung ihrer Steuerplanung bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften. Es empfiehlt sich, die Option des Teileinkünfteverfahrens frühzeitig zu prüfen und gegebenenfalls zu nutzen, um von den steuerlichen Vorteilen auch nach einer möglichen Anteilsveräußerung zu profitieren. Steuerberater:innen sollten ihre Mandant:innen über diese wichtige Entwicklung informieren und entsprechende Strategien entwickeln.  

Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung diese Entscheidung in künftige Verwaltungsanweisungen und die Einkommensteuerrichtlinien einarbeiten wird. Melden Sie sich bei Rückfragen gerne bei Christian Kappelmann. 

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