13. August 2020

Überbrückungshilfe: Allgemeine Hinweise und Besonderheiten in der Reisebranche

Kategorien: Unkategorisiert

Die Bundesregierung hat die Antragsfrist für die Überbrückungshilfe bis zum 30. September 2020 verlängert. Selbstverständlich gelten branchenübergreifend dieselben Kriterien, Fristen und Abläufe. Allerdings gibt es auch Besonderheiten. Wir haben Ihnen Informationen zu “Überbrückungshilfe in der Reisebranche” zusammengestellt.

Die Überbrückungshilfe soll kleinen und mittelständischen Unternehmen, die aufgrund der Corona-Krise hohe Umsatzeinbußen zu verzeichnen haben, für die Monate Juni bis August 2020 eine weitergehende Liquiditätshilfe gewähren und so deren Existenz sichern. Sie folgt auf das Soforthilfe-Programm des Bundes und der Länder.

Diese Voraussetzungen müssen Sie für die Überbrückungshilfe erfüllen

  • Bis 249 Mitarbeiter
  • Weitere Größenkriterien zu beachten (Bilanzsumme, Umsatzgröße, …)
  • Sitz in Deutschland, steuerliche Registrierung in Deutschland
  • Gründung vor dem 1. November 2019
  • Kein „Unternehmen in Schwierigkeiten“ (Stichtag 31.12.2019) gemäß EU-Verordnung und den Vorgaben der KfW
  • Umsatzeinbußen

Diese Voraussetzungen müssen Sie erfüllen, darum sollten Sie mit uns unbedingt die Punkte „Unternehmen in Schwierigkeiten” und „Umsatzeinbußen” besprechen. Uns Beratern und Wirtschaftsprüfern bleibt dabei kein Spielraum.

Kein Unternehmen in Schwierigkeiten zum Stichtag 31.12.2019 – was bedeutet das?

Zum Stichtag des 31. Dezember 2019 wäre ein Unternehmen in Schwierigkeiten, wenn bei Kapitalgesellschaften die Hälfte des Stammkapitals infolge aufgelaufener Verluste aufgebraucht war oder bei Personengesellschaften die Hälfte der Eigenmittel verloren gegangen sind.

Es gilt die EU-Definition im Sinne des Artikels 2 Nummer 18 der Verordnung (EU) Nummer 651/2014 (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung). Zu den genannten Voraussetzungen gelten wiederum Ausnahmen. Die genauen Umstände, unter denen ein Unternehmen laut EU-Definition als „in Schwierigkeiten“ gilt, haben wir in einem Beitrag aus dem April ausführlich beleuchtet. Beachten Sie bei der Überbrückungshilfe die Ausführungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).

Unternehmen, die bis zum 31. Dezember 2019 nach der oben genannten Definition in Schwierigkeiten waren, diese aber bis zur Antragstellung überwunden hatten, können dennoch einen Antrag stellen.

Umsatzeinbußen – was bedeutet das beim Antrag auf Überbrückungshilfe?

Der (realisierte) Umsatz in den Monaten April und Mai 2020, den Sie in den Umsatzsteuervoranmeldungen gemeldet haben, muss zusammengerechnet um mindestens 60 Prozent eingebrochen sein. Es sind nicht nur umsatzsteuerpflichtige Umsätze zu betrachten, sondern auch umsatzsteuerfreie und grundsätzlich auch nicht umsatzsteuerbare Umsätze. Als Vergleichsbasis dienen die Vorjahresmonate, kumuliert für April und Mai 2019. Die Umsatzeinbrüche in der Zeit nach Mai 2020 wirken sich bei der Bestimmung des vorgesehenen monatlichen Fördersatzes aus.

Aber es gibt eine Ausnahme: Unternehmen, die aufgrund von starken saisonalen Schwankungen ihres Geschäfts im April und Mai 2019 zusammen weniger als fünf Prozent des Jahresumsatzes 2019 erzielt haben, sind von der vorgenannten Bedingung des 60-prozentigen Umsatzrückgangs freigestellt.

Problematisch bei der Antragsregelung ist dies: Unternehmen, die aufgrund eines Wachstumskurses in den Monaten April und Mai 2020 einen höheren Umsatz erzielt haben als im Vorjahreszeitraum, sind nicht antragsberechtigt. Dieses gilt auch, wenn sie dennoch von Corona hart getroffen wurden, weil Umsätze und Aufträge weggebrochen sind.

So läuft die Auszahlung der Überbrückungshilfe 

Die Überbrückungshilfe läuft und die ersten Anträge haben wir für unsere Mandanten gestellt. Bislang erfolgten allerdings keine Auszahlungen. Laut der Länderministerien werden die Überbrückungshilfen bis Ende November ausgezahlt. Wann die Auszahlungsphase beginnt, wissen wir nicht. Auch von dritter Seite haben wir aktuell noch keine Informationen zu erfolgten Auszahlungen erhalten. Es ist also leider nicht damit zu rechnen, dass Unternehmen mit Liquiditätsschwierigkeiten kurzfristig Geld erhalten werden. Wir müssen die Entwicklung weiter abwarten.

Wir wissen aber, dass auch nach wie vor inhaltliche Detailfragen geklärt werden und dass noch immer nicht alle technischen Probleme mit der Online-Plattform behoben sind. Auch der Akkreditierungsprozess für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und neuerdings auch Rechtsanwälte läuft immer noch nicht reibungslos.

Überbrückungshilfe in der Reisebranche: Zuschuss für Fixkosten

Die Ministerien haben klar definierte Fixkosten aufgelistet, die begünstigt werden. Die Fixkosten müssen in der Regel vor dem 1. März 2020 begründet oder vertraglich fixiert worden sein. Bei Instandhaltungs- oder Wartungskosten reicht es aus, wenn die reparierten Gegenstände vor dem 1. März 2020 im Vermögen des Antragstellers standen.

Für die Reisebranche gelten Besonderheiten, die wir im Nachgang genauer beleuchten. Für diese Branche zählen auch ausgefallene Margen/Provisonen als Fixkosten.

Besonderheiten für die Reisebranche: Pauschalreisen

Begünstigt für den Zuschuss sind auch Provisionen für Reisebüros oder Margen für Reiseveranstalter von Pauschalreisen, die

  • vor dem 18. März 2020 gebucht wurden und
  • seit dem 18. März 2020 storniert wurden (Rücktritt des Reiseveranstalters oder des Reisenden vom Pauschalreisevertrag) und
  • die bis zum 31. August 2020 von den Reisenden angetreten worden wären.

Überbrückungshilfe in der Reisebranche: Reisebüros – Provisionen für stornierte Pauschalreisen

Die Behörden vermuten unwiderleglich, dass die Inhaber von Reisebüros den Reiseveranstaltern die Provisionen aufgrund coronabedingter Stornierungen zurückgezahlt oder noch zurückzuzahlen haben oder die Provisionen wegen einer coronabedingten Stornierung einer Pauschalreise ausbleiben.

Reisebüros im Sinne der Überbrückungshilfe sind alle Vermittler von Pauschalreisen, unabhängig davon, ob die Vermittlung im stationären Vertrieb erfolgt.

Überbrückungshilfe in der Reisebranche: Reiseveranstalter – Umgang mit kalkulierten Margen 

Kalkulierte Margen analog zu § 25 Umsatzsteuergesetz (UStG) für stornierte Pauschalreisen: Es wird dann unwiderleglich vermutet, dass die Margen coronabedingt nicht realisiert werden konnten. Die kalkulierte Veranstalter-Marge ist um die kalkulierten Reisebüro-Provisionen zu vermindern, wenn Sie die Reise über ein Reisebüro verkauft haben.

Nicht von der Überbrückungshilfe in der Reisebranche begünstigt

Von der Förderung sind ausgenommen:

  • Provisionen oder Margen für nach dem 18. März 2020 gebuchte Pauschalreisen oder für Pauschalreisen, die nach dem 31. August 2020 angetreten worden wären.
  • Buchungen von Reiseeinzelleistungen oder sonstigen Reiseleistungen, die keine Pauschalreise darstellen.

Unsere Einschätzung: So gehen Unternehmen aus der Reisebranche bei der Antragstellung zur Überbrückungshilfe am besten vor

Bei der Antragstellung müssen Sie die Provisionen oder die kalkulierten Margen für stornierte Reisen grundsätzlich im Monat des Reiseantritts geltend machen. Die Provisionen oder kalkulierten Margen für stornierte Reisen mit Reiseantritt bis Ende Mai müssen Sie den Fördermonaten Juni, Juli und August zu gleichen Teilen zuschlagen oder im ersten Fördermonat ansetzen. Das ist Ihr Wahlrecht.

Die Reiseveranstalter erstellen eine Stornoliste aus ihrem jeweiligen Buchungssystem. Danach legen die beantragenden Unternehmen den prüfenden Steuerberatern die Einkaufspreise für die Reisevorleistungen und die ursprünglichen Verkaufspreise der jeweiligen Pauschalreisen vor und lassen sich die Marge „testieren“. Die zugrundeliegenden Informationen entnehmen die Reiseveranstalter den touristischen Buchungssystemen.

Für uns Steuerberater folgt daraus eine Prüfungsfunktion. Daher benötigen wir von den Unternehmen der Reisebranche Unterlagen, aus denen diese geforderten Angaben eindeutig hervorgehen. Selbst erstellte Excel-Listen reichen nicht. Wir sind angehalten, Stichproben-Prüfungen zu machen. Idealerweise erhalten wir Drittbescheinigungen von Reiseveranstaltern.

Wenn Sie ein Unternehmen der Reisebranche haben und einen Antrag stellen möchten, melden Sie sich gerne bei uns. Wir werden gemeinsam mit Ihnen die Voraussetzungen überprüfen und alle Informationen für die Antragstellung zusammentragen.

 

Updates zum Thema Überbrückungshilfe finden Sie hier, hier und hier!

 

Expert:innen zu diesem Thema

Keine passenden Personen gefunden.

Das könnte Sie auch interessieren

  • Sie haben einen neuen Mitarbeiter eingestellt und bitten uns, diesen in der nächsten Lohnabrechnung zu berücksichtigen. Dem ein oder anderen von Ihnen graut es schon jetzt vor dem Fragebogen der hierzu auszufüllen ist. So viele Fragen, die sich von Ihnen [...]

    Bruno Höveler

    23. Jun 2020

  • Effiziente Arbeitszeiterfassung: Umsetzung und Kontrolle für Arbeitgeber:innen

    Erfahren Sie, wie Sie die Vorgaben zur Arbeitszeiterfassung rechtssicher umsetzen und von den Möglichkeiten der Gestaltung profitieren. Pflicht zur Arbeitszeiterfassung: Was das BAG entschieden hat Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur verpflichtenden Arbeitszeiterfassung sorgte im Herbst 2022 für Aufsehen. Nun [...]

    Jens Bühner

    01. Feb 2023

  • Was Arbeitgeber:innen über das betriebliche Hitzefrei wissen müssen

    Die hohen Sommertemperaturen setzen vielen Arbeitnehmer:innen enorm zu. Durch den Klimawandel müssen wir uns darauf einstellen, dass Sommertemperaturen in den Spitzen und im Durchschnitt steigen und Hitzewellen länger anhalten. Arbeitgeber:innen kommt bei hohen Temperaturen eine besondere Verantwortung für ihre Mitarbeiter:innen zu. Was Sie bei Hitzewellen beachten müssen und ab wann Hitzefrei notwendig sein kann, lesen Sie hier.

    Jens Bühner

    23. Jun 2023