13. Juli 2020

Umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen nach der Senkung der Steuersätze

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Die Senkung der Mehrwertsteuer verkompliziert die steuerrechtliche Behandlung von Gutscheinen. Wir widmen uns dem Thema “umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen in der Corona-Krise”. Hier erfahren Sie alles rund um die umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen nach der Senkung der Steuersätze.

Die umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen ist seit dem Jahr 2019 komplett neu geregelt. Für Gutscheine, die seit dem 1. Januar 2019 gegen Entgelt ausgegeben werden, findet sich in § 13 Abs. 13-15 Umsatzsteuergesetz (UStG) eine neue Legaldefinition des Begriffs Gutschein sowie dessen Differenzierung in sogenannte Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheine. Wir erläutern Ihnen die Unterscheidung sowie die Auswirkungen der coronabedingten Steuersatzsenkung.

Was ist ein Gutschein?

Unter Gutscheinen versteht man ein gegen Entgelt ausgegebenes Instrument, das dem Inhaber ein Recht auf Gegenstände oder Dienstleistungen verleiht oder einen aufgedruckten Wert repräsentiert. Durch die Umsetzung der EU-Gutschein-Richtlinie in deutsches Recht hat der Gesetzgeber eine allgemeingültige Definition des Gutscheins eingeführt und eine gesetzliche Regelung zu Zeitpunkt und Entstehung der Umsatzsteuer bei sogenannten Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen im deutschen Umsatzsteuerrecht getroffen.
Als Gutschein bezeichnet das deutsche Umsatzsteuergesetz ein Instrument, bei dem die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen. In dem Beleg oder anderen damit zusammenhängenden Unterlagen müssen außerdem der Leistungsgegenstand oder der Leistende angegeben sein. Ein Gutschein liegt also dann vor, wenn sein Inhaber berechtigt ist, den Gutschein an Zahlungs statt zur Einlösung gegen Gegenstände/Waren oder Dienstleistungen zu verwenden. Berechtigungen, die lediglich zu einer Preisermäßigung führen können (z.B. „Ware 15% billiger“), stellen keine Gutscheine im Sinne dieser Regelung dar.

Was ist ein Einzweck-Gutschein?

Ein Einzweck-Gutschein liegt dann vor, wenn der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung (Dienstleistung), auf den sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen. Damit müssen schon bei Ausgabe des Gutscheins alle notwendigen Informationen vorliegen, um die umsatzsteuerliche Behandlung der zugrunde liegenden Umsätze mit Sicherheit bestimmen zu können.

Bei einem Einzweck-Gutschein ist die Rechtsfolge gesetzlich klar beschrieben: Die sich aus dem Gutschein ergebende Leistung muss bereits abschließend bei jeder Übertragung (Ausgabe oder Weiterverkauf) des Gutscheins der Besteuerung unterworfen werden. Die tatsächliche Ausführung der Leistung unterliegt dann nicht mehr der Umsatzsteuer.

Versteuerung eines Einzweck-Gutscheins

Beispiel vor der Senkung der Umsatzsteuersätze für die Gastronomie:
Ein Bistro bietet in den eigenen Räumlichkeiten Speisen und Getränke an. Es findet kein Außer-Haus-Verkauf statt. Für alle verkauften Dienstleistungen der In-Haus-Verköstigung ist somit der Regelsteuersatz anzuwenden (Lieferungen für Speisen Außer-Haus wären mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern; daher wäre bei Einräumung einer solchen Leistung auch nicht die Definition eines Einzweck-Gutscheins erfüllt). Das Bistro stellt einen Gutschein in Höhe von 50 Euro aus, der zwei Monate später für eine In-Haus-Verköstigung von 70 Euro eingelöst wird.

Spätere Einlösung wäre nicht mehr steuerbar

In diesem Fall handelt es sich um einen Einzweck-Gutschein, weil der Ort der Leistung und die geschuldete Umsatzsteuer schon bei der Ausgabe feststehen. Daher müsste schon in dem Monat, in dem der Gutschein verkauft wird, die auf den Gutschein entfallende Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt werden (Bruttoumsatz 50 Euro). Die spätere Einlösung wäre dagegen dann nicht mehr steuerbar. Allerdings ist im Zeitpunkt der In-Haus-Verköstigung die Differenz eines Bruttoumsatzes von 20 Euro zu versteuern.

Was ist ein Mehrzweck-Gutschein?

Jeder Gutschein, der kein Einzweck-Gutschein ist, ist nach der gesetzlichen Definition ein Mehrzweck-Gutschein. Damit gibt es keine eigenständige Definition des Mehrzweck-Gutscheins, er definiert sich als Ausschlusstatbestand zum Einzweck-Gutschein. Mehrzweck-Gutscheine werden deshalb immer dann vorliegen, wenn sich der Ort der Besteuerung (wohl das Land, in dem aus der Leistung heraus eine Umsatzsteuer entsteht) und/oder die sich aus der Leistung ergebende Umsatzsteuer nicht sicher feststellen lassen.

Bei einem Mehrzweck-Gutschein ergeben sich bei Ausgabe und Übertragung des Gutscheins noch keine umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen, es handelt sich vielmehr um einen Umtausch von Geld in eine andere Form eines Zahlungsmittels. Erst später bei der Einlösung des Gutscheins wird die tatsächlich ausgeführte Leistung der Umsatzsteuer unterworfen.

Versteuerung eines Mehrzweck-Gutscheins

Beispiel:
Eine Tankstelle gibt Gutscheine für sämtliche Lieferungen aus. Die Gutscheine können sowohl für Lieferungen zum Regelsteuersatz (z.B. für Kraftstoffe, Motoröle, Tabakwaren, Getränke) als auch für Lieferungen zum ermäßigten Steuersatz (z.B. für Presseartikel, Backwaren) verwendet werden. Es wird ein Gutschein für 50 Euro ausgegeben. Zwei Monate später erfolgt eine Fahrzeugbetankung von 70 Euro.

Es handelt sich um einen Mehrzweck-Gutschein, weil der Ort der Leistung und die geschuldete Umsatzsteuer bei der Ausgabe nicht feststehen. In dem Monat, in dem der Gutschein verkauft wird, muss keine Umsatzsteuer angemeldet und abgeführt werden. Die spätere Einlösung ist mit der Lieferung des Treibstoffes zu versteuern: Bruttoumsatz 70 Euro.

Welche Änderungen erfolgen aus der Umsatzsteuersenkung?

Das Bundesministerium der Finanzen hat klargestellt, dass bei Einzweck-Gutscheinen, die vor dem 1. Juli 2020 erworben wurden, keine Korrektur bei einer Einlösung im Zeitraum der Umsatzsteuersatzsenkung (1. Juli bis 31. Dezember 2020) erfolgt. Lediglich die in unserem oben genannten Beispiel zusätzlich gezahlten 20 Euro werden mit den aktuell geltenden Umsatzsteuersätzen versteuert.

Alle Gutscheine, die aktuell ausgegeben werden und nicht zeitlich bis zum 31. Dezember 2020 begrenzt sind, sollten unseres Erachtens als Mehrzweck-Gutscheine anzusehen sein. Denn bei Ausgabe der Gutscheine steht der Steuersatz nicht fest. In Abhängigkeit der Einlösemöglichkeiten sind demzufolge verschiedene Steuersätze denkbar: zwischen dem 1. Juli und 31. Dezember 2020 16% bzw. 5%, ab dem 1. Januar 2021 dann wieder 19% bzw. 7%.

Unser Gutschein-Tipp für die Praxis: Umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen in der Corona-Krise

Im Zeitraum 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020 sollten Sie nach Möglichkeit Einzweck-Gutscheine ausstellen, da Sie dann definitiv die zeitlich befristeten gesenkten Umsatzsteuersätze von 16% bzw. 5% anwenden können. Sie können auf dem Gutschein beispielsweise angeben, dass die Leistung/Lieferung bis zum 31. Dezember 2020 erfolgen muss. Dann wäre grundsätzlich der abgesenkte Steuersatz anzuwenden.

Ob Gutscheine ohne eine zeitliche Einlösebefristung auch als Einzweck-Gutscheine anzusehen sind (d.h. keine Begrenzung auf den 31. Dezember 2020), ist nicht wirklich abschließend geklärt. Diese Fragen werden von Experten unterschiedlich beurteilt. Die Finanzverwaltung könnte darin grundsätzlich einen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO sehen. Im Zweifel wird das im Nachgang irgendwann von den Finanzgerichten geklärt werden.

Umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen in der Corona-Krise: Unsere Einschätzung

Die umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen wurde umfassend mit Wirkung zum 1. Januar 2019 geändert. Unkompliziert ist diese Behandlung aber nicht unbedingt. Die coronabedingte Absenkung der Steuersätze verkompliziert die Umsatzbesteuerung der Gutscheine nochmals. Wenden Sie sich in Zweifelsfragen bitte an einen Steuerexperten. Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung.

Lars Rinkewitz

Prokurist, Steuerberater, Diplom-Kaufmann

Expert:innen zu diesem Thema

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