3. März 2021
Holdingstruktur bei der Gründung von Start-ups – auf die Rechtsform kommt es an
Inhaltsverzeichnis
- Warum ist die richtige Rechtsform bei Unternehmensgründung entscheidend?
- Warum ist die Rechtsform besonders für Start-ups entscheidend?
- Konsequenzen einer falschen Rechtsform bei Unternehmensgründung
- Was ist eine Holdingstruktur?
- Warum ist eine Holdingstruktur sinnvoll?
- Kann man nachträglich eine Holdingstruktur errichten?
- Unsere Einschätzung
In unserem ersten Beitrag der Serie „Start-up-Unternehmen“ befasst sich unser Experte Thomas Budzynski mit der Gründungsphase eines Unternehmens und erklärt, wieso es bei der Gründung eines Start-ups auf die richtige Rechtsform ankommt.
Viele Gründer:innen wollen verständlicherweise in der Startphase ihres Unternehmens möglichst wenig Kosten auf sich nehmen. Doch gerade am Anfang der unternehmerischen Tätigkeit kann man vieles richtig, aber leider auch vieles falsch machen. In diesem Beitrag erfahren Sie alles über die Vorteile der richtigen Rechtsformwahl für Ihr Unternehmen. Außerdem klären wir, weshalb es sinnvoll sein kann, von Beginn an eine „Holdingstruktur“ aufzusetzen. Der zweite Teil unserer Beitragsserie „Start-up-Unternehmen“ dreht sich dann um das Thema „Nachrangdarlehen“.
Warum ist die richtige Rechtsform bei Unternehmensgründung entscheidend?
Die Rechtsformwahl ist klassisch für folgende Fragen wichtig:
Richtige Rechtsform sichert Haftungsbegrenzung
Klassische Einzelunternehmen (oder der eingetragene Kaufmann, e.K.) sowie „normale“ Personengesellschaften wählen zum Gründungsstart mit ihren Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartnern beispielsweise die KG, die OHG oder die GbR. Doch aufgepasst: Diese Rechtsformen weisen keine Haftungsbegrenzung auf. Hier haften Unternehmer:innen mit dem gesamten Privatvermögen.
Durch die Wahl einer haftungsbegrenzenden Rechtsform (wie zum Beispiel die GmbH oder die GmbH & Co. KG) können Gründer:innen ihr Privatvermögen schützen.
Wahl der Rechtsform hat steuerliche Gründe
Steuerliche Gründe können bei der Wahl der Rechtsform ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Sogenannte steuerlich transparente Rechtsformen führen dazu, dass der im Unternehmen erzielte Gewinn unmittelbar bei der Unternehmerin oder dem Unternehmer versteuert wird. Wählen Unternehmer:innen sogenannte steuerlich intransparente Rechtsformen, versteuert das Unternehmen den Gewinn. Gerade bei höheren Gewinnen erfolgt dies zu einem günstigeren Steuersatz. Für wachsende Unternehmen, die erwirtschaftete Gewinne investieren wollen, kann daher die Wahl einer solchen Rechtsform die bessere Alternative sein.
Warum ist die Rechtsform besonders für Start-ups entscheidend?
Bei Start-up-Unternehmen ist die Wahl der richtigen Rechtsform besonders entscheidend. Warum? Na, weil solche Unternehmen im Gegensatz zu klassischen Unternehmen folgende Besonderheiten beachten müssen:
- Viele Start-up-Unternehmer:innen versuchen möglichst schnell zusätzliches Eigenkapital (Kapitalbeschaffung) anzuwerben. Dies geschieht zunächst in der sogenannten Seed-Finanzierung und anschließend in möglicherweise weiteren Finanzierungsrunden. Hierbei sind unter Umständen auch internationale Aspekte zu berücksichtigen.
- Im Rahmen der Wachstumsphase des jungen Unternehmens können sich Umstrukturierungsnotwendigkeiten durch den Einstieg neuer Investorinnen und Investoren ergeben.
- Die Gründer:innen müssen im Rahmen von Kapitalerhöhungsrunden auch immer den Verkauf möglicherweise kleinererAnteilsgrößen (Secondary purchase) im Kopf behalten. Daneben sollten sie natürlich eine möglichst steuergünstige Exit-Strategie anstreben.
Konsequenzen einer falschen Rechtsform bei Unternehmensgründung
Bei richtiger Strukturierung ist die Neuaufnahme von Investoren für die Gründer:innen vollständig steuerneutral möglich. Fällt die Wahl auf eine Körperschaft als Rechtsform, ist das gewährleistet. Außerdem hat das den Vorteil der Haftungsbegrenzung (hier empfiehlt sich die Gründung einer GmbH oder für kleinere Unternehmen einer UG). Umstrukturierungsmaßnahmen (nach dem Umwandlungs- und dem Umwandlungssteuerrecht) lassen sich ebenfalls steuerneutral gestalten.
Der Verkauf von Anteilen an einer Körperschaft ist ebenfalls steuergünstiger als der Verkauf von Anteilen an Personengesellschaften. So ist der Verkauf eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft nur zu 60 Prozent steuerpflichtig, während der Verkauf eines Anteils an einer Personengesellschaft mit dem vollen Steuersatz belegt wird. Dieser kann unter Annahme des Spitzensteuersatzes i. H. v. 42 Prozent*, der ab einem zu versteuernden Einkommen i. H. v. 58.597 EUR bei Alleinstehenden in Zahlen wie folgt anfallen:
Steuersatz bei Verkauf eines Anteils an einer Körperschaft: 25,2 Prozent*
Steuersatz bei Verkauf eines Anteils an einer Personengesellschaft: 42 Prozent*
*Zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Ab einem zu versteuernden Einkommen von 277.826 EUR erhöht sich der Spitzensteuersatz bei Alleinstehenden noch einmal um 3 Prozent.
Was ist eine Holdingstruktur?
Eine Holdingstruktur ist eine Gestaltung, bei der Gründer:innen Kapitalgesellschaften errichten. Diese haben als einzigen Zweck das Halten anderer Beteiligungen. Das operative Unternehmen wird dann als Tochtergesellschaft der Holding gegründet. Die Struktur sieht bei Einzelgründerinnen und Einzelgründern wie folgt aus:
Finden sich mehrere Gründer zur Gründung eines gemeinsamen Unternehmens zusammen (hier beispielsweise zwei), kann die Struktur folgendermaßen aussehen:
Warum ist eine Holdingstruktur sinnvoll?
Holdingstrukturen können aus zwei verschiedenen Gründen für Start-up-Unternehmer:innen sinnvoll sein:
1. Phase bis zum Exit (klassische Gründe)
In der Phase bis zum Exit ist die Struktur klassisch aus zwei Gründen sinnvoll. Zum einen ist es möglich, anfallende Gewinne des operativen Unternehmens in Form einer Dividende an die Holding auszuschütten. Das hat den Vorteil, dass ausgeschüttete Gewinne der Haftungsmasse des operativen Unternehmens entzogen werden. Die Holding kann diese Gewinne nahezu steuerfrei* vereinnahmen. Ohne eine Holdingstruktur können zwar ebenfalls Dividendenausschüttungen an die Anteilseigner:innen erfolgen, die müssen dann aber bei Anteilseignerinnen und Anteilseignern mit 60 Prozent des vollen Steuersatzes versteuert werden (s.o.). Dementsprechend liegt der Besteuerungsunterschied bei rund 25 Prozent zugunsten der Holding.
2. Vorteile in der für Start-ups bedeutenden Exit-Phase
Sowohl beim secondary purchase als auch beim vollständigen Exit durch Verkauf aller Anteile am Unternehmen (auch im Rahmen eines IPO) ist der anfallende Veräußerungserlös bei der Holding nahezu steuerfrei**. Verkauft der Gründer ohne Errichtung einer Holdingstruktur Anteile an seiner Kapitalgesellschaft (GmbH, UG oder AG), unterliegen die Veräußerungsgewinne dem sogenannten Teileinkünfteverfahren (Besteuerung i. H. v. 60 Prozent des vollen Steuersatzes). Also liegt auch beim Exit bzw. Teilexit (secondary) der Besteuerungsunterschied bei rund 25 Prozent.
Sobald die Holding ihre Gewinne an den Anteilseigner ausschüttet, entsteht eine Besteuerung der an sie weitergeleiteten Gewinne. Gerade für junge Gründer:innen und Unternehmer:innen ist es trotzdem sinnvoll, eine Holding zu unterhalten. Warum? Weil die hier angesammelten (thesaurierten) Gewinne aus Dividenden und möglicherweise Exits zunächst nahezu steuerfrei angesammelt werden. Alle Gewinne stehen dann für weitere Investitionen zur Verfügung.
** 5 Prozent der Gewinne sind innerhalb der Holding zu versteuern. Bei einem normalisierten Steuersatz von rund 30 Prozent (Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer) ergibt sich eine Belastung von rund 1,5 Prozent.
Kann man nachträglich eine Holdingstruktur errichten?
Grundsätzlich ja!
Jedoch müssen Unternehmen dabei einige steuerrechtliche Besonderheiten beachten. Zunächst ist, um das sogenannte „Aufdecken stiller Reserven“ zu vermeiden, eine Umstrukturierung nach dem Umwandlungssteuerrecht erforderlich. Dementsprechend ist es durchaus möglich, ein gegründetes Personenunternehmen in eine Kapitalgesellschaft (GmbH, AG oder UG) umzuwandeln.
Ebenfalls können Anteile an operativen Kapitalgesellschaften nach den Vorschriften des deutschen Umwandlungssteuergesetzes in eine Holding „eingebracht“ werden. Dabei gilt es, einige Besonderheiten zu beachten.
Der wichtigste Punkt bei dieser Gestaltung ist, dass der vollständige, oben beschriebene Steuervorteil erst nach Ablauf von sieben Jahren nach dem Umwandlungsvorgang möglich ist. Bis dahin wächst der Steuervorteil ratierlich an.
Unsere Einschätzung
Start-up-Unternehmer:innen müssen in der Gründungsphase unzählige Entscheidungen treffen. Sich rechtzeitig mit den oben beschriebenen Themen zu beschäftigen ist enorm sinnvoll. Unter Umständen lassen sich dadurch „Rettungsmaßnahmen“ zur Herstellung einer günstigeren Struktur von vornherein vermeiden.
Haben Sie konkrete Fragen? Dann sprechen Sie uns gerne jederzeit an!
Weitere Beiträge zu unserer Start-up-Reihe finden Sie hier:
1. Holdingstruktur bei der Gründung von Start-ups – auf die Rechtsform kommt es an
2. Finanzierungsrunden und Nachrangdarlehen als Finanzierungsformen für Start-ups
3. Mitarbeitermotivation bei Start-ups durch Unternehmensbeteiligungen steigern per ESOP und VSOP
4. Steuerliche und bilanzielle Behandlung virtueller und offener Mitarbeiterbeteiligungen
5. Investoren-Pooling für Start-ups
6. Steuerliche Behandlung von Pooling-Gesellschaften bei Start-ups