2. Oktober 2020
Entwurf zum verkürzten Restschuldbefreiungsverfahren des Bundes in der Kritik
Inhaltsverzeichnis
- Was ist ein Restschuldbefreiungsverfahren?
- Was sieht der Gesetzentwurf zum verkürzten Restschuldbefreiungsverfahren vor?
- Für wen gilt das verkürzte Restschuldbefreiungsverfahren?
- Voraussetzungen für verkürztes Restschuldbefreiungsverfahren
- Ab wann gilt das verkürzte Restschuldbefreiungsverfahren?
- Was gilt im Falle einer wiederholten Insolvenz?
- Unsere Einschätzung
In einem Gesetzentwurf plant die Bundesregierung ein verkürztes Restschuldbefreiungsverfahren. Sachverständige äußerten in einer öffentlichen Anhörung am Mittwoch Kritik daran. Hier bekommen Sie alle Infos im Überblick.
Die Sachverständigen äußerten Kritik in einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss des Bundestages für Recht und Verbraucherschutz. Doch was genau ist ein Restschuldbefreiungsverfahren? Was sieht der Gesetzentwurf des Bundestages vor und für wen gilt das verkürzte Verfahren unter welchen Voraussetzungen?
Was ist ein Restschuldbefreiungsverfahren?
Ein Restschuldbefreiungsverfahren dient der Möglichkeit des wirtschaftlichen Neuanfangs für Schuldner. Die Restschuldbefreiung sieht vor, Schuldner nach einigen Jahren von Schulden, die sie nicht bezahlen können, zu befreien.
Was sieht der Gesetzentwurf zum verkürzten Restschuldbefreiungsverfahren vor?
Die Bundesregierung stellte den Gesetzesentwurf vom 01. Juli 2020 zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens als Teil des Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets im Rahmen der Corona-Krise vor.
Die Neuregelung soll außerdem die Vorgaben der EU-Richtlinie 2019/2023 über Restrukturierung und Insolvenz für den Bereich Entschuldung in deutsches Recht umsetzen Denn die EU-Restrukturierungsrichtlinie sieht für die Entschuldung von Unternehmen eine Höchstdauer von drei Jahren vor. EU-Mitgliedsstaaten müssen entsprechende Regelungen bis Juli 2021 in nationales Recht umsetzen.
Dementsprechend hatte die Bundesregierung im benannten Gesetzesentwurf beschlossen, dass die Laufzeit bis zu einer Restschuldbefreiung auf drei statt sechs Jahre verkürzt werden solle.
Für wen gilt das verkürzte Restschuldbefreiungsverfahren?
Im Grunde soll das Verfahren unterschiedslos allen Schuldnerinnen und Schuldnern offenstehen.
Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist die Möglichkeit eines verkürzten Verfahrens hingegen befristet bis zum 30. Juni 2025. Über eine mögliche Entfristung auch für Verbraucherinnen und Verbraucher fällt auf Grundlage eines von der Bundesregierung bis zum 30. Juli 2024 gereichten Berichts eine Entscheidung.
Voraussetzungen für verkürztes Restschuldbefreiungsverfahren
Anders als das geltende Recht sieht der Gesetzesentwurf für eine Restschuldbefreiung nach drei Jahren keine besonderen Voraussetzungen wie die Deckung der Verfahrenskosten oder die Erfüllung von Mindestbefriedigungsanforderungen vor.
Ab wann gilt das verkürzte Restschuldbefreiungsverfahren?
Um Schuldnern, die durch die Corona-Pandemie in die Insolvenz geraten sind, einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen, gilt das verkürzte Restschuldbefreiungsverfahren für alle ab dem 01. Oktober 2020 beantragten Insolvenzverfahren.
Für zwischen dem 17. Dezember 2019 und dem 30. September 2020 beantragte Insolvenzverfahren soll das sechsjährige Verfahren monatsweise verkürzt werden.
Was gilt im Falle einer wiederholten Insolvenz?
Der Entwurf sieht vor, dass für den Fall einer erneuten Insolvenz eine Sperrfrist für die erneute Erlangung einer Restschuldbefreiung von elf Jahren gilt. Das Restschuldbefreiungsverfahren wird in diesem Fall auf fünf Jahre verlängert.
In der sogenannten “Wohlverhaltensphase” können Schuldnerinnen und Schuldner stärker zur Herausgabe von erlangtem Vermögen herangezogen werden. Darüber hinaus stehen in dieser Phase unangemessene Verbindlichkeiten einer Restschuldbefreiung im Wege.
Unsere Einschätzung
Zwar hat der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz die durch die Bundesregierung geplante Verkürzung im Kern begrüßt. Gleichzeitig hob er die Notwendigkeit der Überarbeitung des Entwurfes hervor. Er kritisierte etwa die unterschiedliche Behandlung von Privatpersonen und Unternehmern – welche zu systematischen und praktischen Problemen führe – sowie die lange Speicherung von Insolvenzdaten.
Bezüglich dieser Punkte hob der Ausschuss hervor, dass der Entwurf erheblich vom Referentenentwurf abweiche.
Eine eingehende situationsabhängige Einzelfallprüfung ist für die Entscheidung über das weitere Vorgehen im Falle einer drohenden Insolvenz in der Praxis geboten.
Aktuell empfehlen wir, mit der Stellung von Anträgen auf ein verkürztes Restschuldbefreiungsverfahren im Zweifel zu warten bis das Gesetz verabschiedet und in Kraft getreten ist.
Da es sich um ein begünstigendes Gesetz handelt, ist mit einer rückwirkenden Geltung zu rechnen.
Sollten Sie dennoch bereits einen Antrag gestellt haben, besteht für Sie die Möglichkeit einer Antragsrücknahme gemäß § 13 Insolvenzordnung. Das ist Ihnen bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch einfache schriftliche Erklärung gegenüber dem Insolvenzgericht möglich.
Wir stehen Ihnen für eine umfassende Beratung jederzeit zur Verfügung.