28. Oktober 2024
Verlustverrechnung bei öffentlichen Betrieben: Neue Perspektiven durch BFH-Urteil
Inhaltsverzeichnis
- Die Zuordnung von Einkünften bei öffentlichen Betrieben neu geregelt
- Verlustverrechnungsmöglichkeit
- Der Streitfall: Eine städtische GmbH als Organträgerin
- Der Weg durch die Instanzen: Vom Einspruch bis zum BFH
- Spartenrechnung und Verlustverrechnung im Detail
- Spartenrechnung: Eingeschränkte Möglichkeiten zur Verlustverrechnung
- Praktische Auswirkungen des BFH-Urteils
- Unsere Einschätzung
- Kontaktformular
Klärung der steuerlichen Verlustverrechnung für öffentliche Unternehmen
Öffentliche Betriebe, die kontinuierlich Verluste erwirtschaften, stehen vor speziellen steuerlichen Herausforderungen. Ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14.03.2024 (V R 2/24) hat nun wichtige Fragen zur Zuordnung von Einkünften in der Spartenrechnung klargestellt. In diesem Artikel erfahren Sie, wie das Urteil öffentliche Unternehmen betrifft, auf welchen steuerlichen Regelungen die Entscheidung beruhte und welche praktischen Konsequenzen sich daraus ergeben.
Die Zuordnung von Einkünften bei öffentlichen Betrieben neu geregelt
Hintergrund: Berücksichtigung von Verlusten im Rahmen der Spartenrechnung
Mit dem Jahressteuergesetz 2009 wurde klargestellt, dass auch Betriebe gewerblicher Art, die dauerhaft Verluste erzielen, eine Gewinnermittlung zu erstellen haben und Einkünfte zu ermitteln haben. Nach § 8 Abs. 7 KStG führt die Übernahme der Verluste nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der Muttergesellschaft. Allerdings musste die juristische Person muss die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar an der verlusterzielenden Kapitalgesellschaft innehaben und ausschließlich die Verluste aus Dauerverlustgeschäften erzielen. Diese sind insbesondere anzunehmen, wenn, aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird.
Verlustverrechnungsmöglichkeit
Die Sonderregelung des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG betrifft insbesondere Betriebe der öffentlichen Hand. Derartige Betriebe können wegen der von der öffentlichen Hand vorzuhaltenden Leistungen der Daseinsvorsorge regelmäßig nicht kostendeckend betrieben werden. Daher soll durch die Sonderregelung die Möglichkeit zur Verlustverrechnung mit anderen Einkünften der jeweiligen juristischen Person des öffentlichen Rechts geschaffen werden. Durch die in § 8 Abs. 9 KStG vorgeschriebene Spartenrechnung, im Rahmen derer lediglich Einkünfte verrechnet werden können, wird die Verlustverrechnungsmöglichkeit jedoch eingeschränkt. Eine Möglichkeit zur Verlustverrechnung besteht nur, sofern die entsprechenden Einkünfte auch einer gleichartigen Tätigkeit der jeweiligen Sparte zugeordnet werden können.
Der Streitfall: Eine städtische GmbH als Organträgerin
Im Mittelpunkt des Falls stand eine GmbH, die als Eigengesellschaft einer Stadt fungierte und seit 2001 als Organträgerin in einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft mit der A-GmbH agierte. An dieser Gesellschaft hielt sie 95 % der Anteile, zusätzlich war sie mehrheitlich an der B-AG beteiligt. Um ihre verschiedenen Tätigkeiten steuerlich sauber zu trennen, führte die GmbH 2009 eine Spartenrechnung ein und ordnete die Einkünfte den Bereichen „Verkehr und Versorgung“ sowie „Immobilienwirtschaft“ zu.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte das Finanzamt jedoch fest, dass die Sparte „Verkehr und Versorgung“ im Jahr 2009 noch nicht existierte. Diese entstand erst 2010 durch eine neue Organschaft mit der B-AG. Aufgrund dieser Erkenntnis wurden die Verlustvorträge der Sparte „Verkehr“ vom Finanzamt eingefroren, was bedeutet, dass sie erst wieder genutzt werden könnten, wenn die Sparte „Verkehr“ als eigenständige Sparte fortgeführt würde.
Der Weg durch die Instanzen: Vom Einspruch bis zum BFH
Die betroffene GmbH legte Einspruch gegen die Steuerbescheide ein, da sie der Meinung war, die Verlustvorträge sollten nicht eingefroren werden. Das Finanzgericht gab der Klage zunächst teilweise statt und entschied, dass die
Verluste mit zukünftigen Gewinnen verrechnet werden dürften. Doch der BFH hob diese Entscheidung auf, da er die Klage als unzulässig betrachtete. Diese Entscheidung führte zu erheblichen Unsicherheiten in der Praxis, da viele ähnliche Fälle betroffen sein könnten.
Spartenrechnung und Verlustverrechnung im Detail
Steuerliche Vorgaben für verlustreiche öffentliche Betriebe
Das Jahressteuergesetz 2009 brachte wesentliche Änderungen für öffentliche Betriebe, die regelmäßig Verluste verzeichnen. Gemäß § 8 Abs. 7 KStG wurde festgelegt, dass die dauerhafte Verlusttätigkeit einer Tochtergesellschaft einer öffentlichen Körperschaft nicht als verdeckte Gewinnausschüttung zu werten ist. Voraussetzung dafür ist, dass die öffentliche Körperschaft die Mehrheit der Stimmrechte hält und alle Verluste vollständig trägt.
Ein Betrieb gilt als dauerverlustreich, wenn er aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen betrieben wird und dabei bewusst auf kostendeckende Einnahmen verzichtet wird.
Spartenrechnung: Eingeschränkte Möglichkeiten zur Verlustverrechnung
Eine besondere Rolle spielt die Spartenrechnung nach § 8 Abs. 9 KStG, die die Verlustverrechnung erheblich einschränkt. Demnach können Verluste nur dann mit zukünftigen Gewinnen verrechnet werden, wenn die Einkünfte aus gleichartigen Tätigkeiten innerhalb derselben Sparte stammen. Das bedeutet, dass Einkünfte, die verschiedenen Sparten zugeordnet werden, nicht miteinander verrechnet werden dürfen.
Das BFH-Urteil vom 14.03.2024 verdeutlicht, wie wichtig es ist, den genauen Zeitpunkt der Organschaftsbegründung und die daraus resultierende Spartenbildung im Auge zu behalten. Fehler bei der Zuordnung können dazu führen, dass Verlustvorträge eingefroren werden und erst bei einer späteren Änderung der Spartenstruktur wieder nutzbar werden.
Praktische Auswirkungen des BFH-Urteils
Keine Verlustverrechnung für das Jahr 2009
Im konkreten Fall entschied der BFH, dass die GmbH für das Jahr 2009 keine Möglichkeit zur Verlustverrechnung hatte, da die Organschaft mit der B-AG erst am 01.01.2010 wirksam wurde. Erst ab diesem Zeitpunkt war es möglich, die Einkünfte der B-AG in die entsprechende Sparte einzuordnen und damit steuerlich zu berücksichtigen. Diese Entscheidung verdeutlicht die Notwendigkeit, die zeitliche Abfolge von Organschaftsbegründung und Spartenbildung sorgfältig zu planen.
Unsere Einschätzung
Mit der Entscheidung stellt der BFH weitere Aspekte der neu eingeführten Spartenrechnung für die Berücksichtigung von Verlusten bestimmter Betriebe klar. In einer früheren Entscheidung hatte er bereits grundsätzlich die Zulässigkeit der Spartenrechnungen bejaht. Allerdings bleibt weiterhin offen, ob die aktuelle Auffassung der Finanzverwaltung zu der Ausgestaltung der Sparten nicht doch zu beanstanden ist. Solange zu der Spartenrechnung noch keine höchstrichterlicher Rechtsprechung ergangen ist, ist zu empfehlen entsprechende Bescheide offenzuhalten. Wenn Sie weitere Fragen zu dem Thema haben, wenden Sie sich an Steuerberater Christian Kappelmann.