7. Oktober 2020

Wie eine Betriebsprüfung abläuft und was dabei auf Sie zukommt

Kategorien: Unkategorisiert

In unserem aktuellen Beitrag zur Betriebsprüfung erfahren Sie, wie eine Betriebsprüfung abläuft und was dabei auf Sie als Unternehmerin beziehungsweise Unternehmer zukommt. In den vorangegangenen Beiträgen ging es unter anderem darum, wie sich eine Betriebsprüferin oder ein Betriebsprüfer auf eine Prüfung vorbereitet, was eine Betriebsprüfungsordnung ist und was Sie grundsätzlich zum Thema wissen sollten

Der Prüfungsbeginn

Die Betriebsprüfung beginnt an dem in der Prüfungsanordnung festgelegten Termin. Der Betriebsprüfer oder die Betriebsprüferin erscheint am vereinbarten Prüfungsort und beginnt mit der Prüfung der Unterlagen. Alternativ erhält er oder sie die Unterlagen an Amtsstelle und beginnt dort mit der Betriebsprüfung.

Bei Prüfungsbeginn sollten dem Prüfer oder der Prüferin gesagt werden, von wem er oder sie Auskünfte zu betrieblichen Abläufen erlangen kann. Von anderen als den benannten Auskunftspersonen darf der Betriebsprüfer grundsätzlich keine Auskünfte verlangen.

Durch den Beginn der Betriebsprüfung wird der Eintritt der Festsetzungsverjährung gehemmt. Das heißt, dass der übliche Ablauf der Festsetzungsfrist, also des gesetzlichen Zeitrahmens für Änderungen von Steuerfestsetzungen, aufgeschoben wird. Wurde die Prüfung aufgrund einer wirksamen Prüfungsanordnung rechtzeitig vor Ablauf der Festsetzungsfrist begonnen, führt die in der Folge andauernde Prüfung also grundsätzlich nicht dazu, dass die betroffenen Steuerfestsetzungen nicht mehr geändert werden können. In zeitlich kritischen Fällen kann es jedoch sinnvoll sein, die Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung zu überprüfen. Denn der Prüfungsbeginn mit ablaufhemmender Wirkung kann nur auf Grundlage einer wirksamen Prüfungsanordnung erfolgen.

Betriebsprüfung grundsätzlich in den Geschäftsräumen des Unternehmens 

Zu Beginn der Betriebsprüfung soll sich der Betriebsprüfer durch Vorlage seines Dienstausweises ausweisen. Wenn der Betriebsprüfer nicht bereits persönlich bekannt ist, sollte darauf auch bestanden werden. Damit können Sie sichergehen, dass Sie es nicht mit einem Betrüger oder einer Betrügerin zu tun haben.

Nach der gesetzlichen Rangfolge soll die Betriebsprüfung grundsätzlich in den Geschäftsräumen des Unternehmens stattfinden. Als nachrangige Prüfungsorte gelten die Wohnräume des Unternehmers oder das Finanzamt. In der Praxis findet die Betriebsprüfung häufig in den Räumlichkeiten des Steuerberaters statt. Das hat besonders bei der Prüfung kleinerer und mittlerer Unternehmen für beide Seite Vorteile. Der Unternehmer / die Unternehmerin oder die Mitarbeiter werden nicht durch Nachfragen des Betriebsprüfers in ihren betrieblichen Abläufen gestört und es muss in den Geschäftsräumen des Unternehmens kein Raum für den Betriebsprüfer vorgehalten werden. Der Betriebsprüfer beziehungsweise die -prüferin hat mit dem Steuerberater beziehungsweise der -beraterin eine(n) Ansprechpartner(in), der die Nachfragen im Regelfall schnell beantworten kann. Bei möglichen Feststellungen kann auch kurzfristig ein fachlicher Austausch erfolgen. Dadurch läuft die Prüfung schneller ab.

Corona führt zu vermehrten Prüfungen an Amtsstelle

Aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie werden vermehrt Prüfungen an Amtsstelle durchgeführt, um persönliche Kontakte vermeiden zu können. Das ist unter den geltenden Umständen nachvollziehbar und sinnvoll. Allerdings kann dies zu Verzögerungen bei der Prüfung führen.

Die ersten Prüfungshandlungen des Betriebsprüfers werden regelmäßig darin bestehen, sich einen Überblick über vorhandene Unterlagen zu verschaffen. Außerdem werden die Daten der Finanzbuchhaltung in eine Prüfsoftware eingelesen. Ein erster Prüfungsschritt kann hier in einem Abgleich der Gewinne, Umsätze und Betriebsausgaben laut vorgelegten Daten mit den Gewinnermittlungen bestehen. Die Gewinnermittlungen wurden bereits vorher im Rahmen der Steuererklärungen eingereicht. Wurden nach Übermittlung der Gewinnermittlungen an das Finanzamt Änderungen an den Daten der Finanzbuchhaltung vorgenommen, können sich hier bereits erste Differenzen ergeben. Dadurch kommt es dann in der Regel zu Nachfragen.

Wie eine Betriebsprüfung abläuft und was dabei auf Sie zukommt – die Betriebsbesichtigung

Häufig wollen Betriebsprüfer im Rahmen der Prüfung eine Betriebsbesichtigung durchführen. Die Betriebsbesichtigung hilft dem Betriebsprüfer, ein Verständnis von den betrieblichen Abläufen und daraus steuerrechtlich relevanten Schlussfolgerungen zu erlangen. Zurecht sind viele Unternehmer und Unternehmerinnen stolz auf ihr Unternehmen und erzählen daher dem Betriebsprüfer bei der Betriebsbesichtigung viel über die Entwicklung ihres Unternehmens und die internen Abläufe. Meist stellen die Betriebsprüfer gezielte Fragen zu einzelnen Sachverhalten und Abläufen. Dabei ist zu beachten, dass die Erläuterungen des Unternehmers beziehungsweise der Unternehmerin und die Antworten auf die Fragen des Betriebsprüfers Grundlage einer steuerrechtlichen Würdigung sein können.

Der Betriebsprüfer wird die Betriebsbesichtigung auch dazu nutzen, um festzustellen, ob die im Anlagevermögen erfassten Wirtschaftsgüter tatsächlich betrieblich eingesetzt werden.

Ist beispielsweise der hochpreisige Kaffeevollautomat tatsächlich in der betrieblichen Küche eingesetzt, die Couchgarnitur für den Wartebereich von Kunden im Unternehmen aufgestellt? Und wo ist das betriebliche E-Bike, mit dem die Mitarbeiter Besorgungsfahrten machen sollen? Ist es in den Geschäftsräumen zu finden?

Vor einer Betriebsbesichtigung im Rahmen einer Betriebsprüfung muss man sich als Unternehmer oder Unternehmerin nicht fürchten. Man sollte aber bedenken, dass die vom Betriebsprüfer gestellten Fragen im Regelfall nicht in einem allgemeinen Interesse am Unternehmen, sondern vor dem Hintergrund möglicher steuerrechtlicher Würdigungen gestellt werden. Nach Möglichkeit sollte die Betriebsbesichtigung daher gemeinsam mit einem Steuerberater beziehungsweise einer -beraterin erfolgen.

Vorlage von Prüfungsfeststellungen

Kommt der Betriebsprüfer zu dem Schluss, dass ein Sachverhalt nach der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung möglicherweise abweichend zu beurteilen ist oder dass der der ursprünglichen steuerrechtlichen Würdigung zugrunde gelegte Sachverhalt nicht dem tatsächlichen Sachverhalt entsprechen könnte, wird der Betriebsprüfer eine Prüfungsfeststellung mit den sich daraus ergebenden steuerrechtlichen Konsequenzen erstellen. Die Feststellungen soll der Betriebsprüfer dem Unternehmer oder der Unternehmerin grundsätzlich laufend mitteilen. Der Unternehmer / die Unternehmerin hat anschließend Gelegenheit, Einwendungen vorzutragen. Wird während der laufenden Betriebsprüfung keine Einigung über die Feststellung erzielt, kann darüber in der Schlussbesprechung diskutiert werden.

Die Schlussbesprechung

Nach Abschluss der Prüfungshandlungen findet im Regelfall eine Schlussbesprechung statt. Das ist nur dann nicht nötig, wenn bereits im Vorfeld über sämtliche möglichen Prüfungsfeststellungen Einigkeit herrscht. Eine Schlussbesprechung ist ebenfalls nicht erforderlich, wenn die Betriebsprüfung in Form einer abgekürzten Außenprüfung im Sinne des § 203 AO durchgeführt wurde.

Vor der Schlussbesprechung wird der Betriebsprüfer / die Betriebsprüferin dem Unternehmer beziehungsweise der Unternehmerin eine Liste mit den Besprechungspunkten für die Schlussbesprechung zukommen lassen. Darin sind sämtliche Prüfungsfeststellungen und deren Auswirkungen auf die Besteuerungsgrundlagen angegeben. Unternehmer beziehungsweise Unternehmerin und Steuerberater / Steuerberaterin haben durch die Vorlage der Besprechungspunkte nochmal die Gelegenheit, sich auf die einzelnen Punkte vorzubereiten. Konkret können Sie Argumente gegen die Feststellungen zusammenzustellen.

Teilnehmer der Schlussbesprechung sind von der Seite der Finanzverwaltung der zuständige Betriebsprüfer oder die -prüferin und häufig der Sachgebietsleiter der Betriebsprüfungsstelle. Von Seiten des Unternehmens nehmen oftmals nur der Steuerberater beziehungsweise die Steuerberaterin und der Unternehmer oder die Unternehmerin teil. In einigen Fällen sind leitende Angestellte des Unternehmens dabei.

In der Schlussbesprechung werden letztendlich die noch strittigen Punkte diskutiert.

Wie eine Betriebsprüfung abläuft und was dabei auf Sie zukommt – die tatsächliche Verständigung und der Antrag auf eine verbindliche Zusage

Konnte im Rahmen der Betriebsprüfung ein Sachverhalt, der für die Besteuerung von Bedeutung ist, nicht aufgeklärt werden oder wäre eine Aufklärung nur unter nicht vertretbarem Aufwand möglich, kann über diesen Sachverhalt eine tatsächliche Verständigung abgeschlossen werden. Dabei einigt man sich auf den der Besteuerung zugrunde liegenden Sachverhalt. Wird die tatsächliche Verständigung wirksam abgeschlossen, sind die Beteiligten an die vereinbarte Tatsachenbehandlung gebunden.

Die Unternehmerin beziehungsweise der Unternehmer kann auch während der Schlussbesprechung oder im zeitlichen Zusammenhang nach Abschluss der Betriebsprüfung einen Antrag auf eine verbindliche Zusage stellen. Wird anschließend eine verbindliche Zusage durch das Finanzamt erteilt, regelt diese die zukünftige steuerliche Behandlung eines Sachverhalts, der im Rahmen der Betriebsprüfung für die Vergangenheit geprüft wurde. Der Unternehmer erlangt dadurch also Rechtssicherheit über die steuerliche Behandlung eines Sachverhalts in der Zukunft.

Der Betriebsprüfungsbericht

Unabhängig davon, ob man eine Einigung in allen Punkten im Rahmen der Schlussbesprechung erzielen konnte, wird nach der Schlussbesprechung durch die Betriebsprüfung ein Betriebsprüfungsbericht erstellt.

Wenn der Unternehmer / die Unternehmerin mit den Feststellungen und Änderungen der Besteuerungsgrundlagen nicht einverstanden ist, hat er / sie die Gelegenheit,  Einwendungen gegen den Betriebsprüfungsbericht vorzunehmen. Wichtig dabei ist, die „Stellungnahmefrist” zu beachten. Es gibt allerdings keine Möglichkeit, den  Betriebsprüfungsbericht mit einem Einspruch anzufechten.

Folgt die Betriebsprüfung den Einwendungen, werden die betroffenen Prüfungsfeststellungen entsprechend angepasst. Wenn weiter Uneinigkeit besteht, fließen die strittigen und nicht strittigen Punkte in die geänderten Steuerfestsetzungen ein.

Die Änderung der Steuerfestsetzungen

Die geänderten Steuerfestsetzungen enthalten damit die steuerlichen Auswirkungen der Prüfungsfeststellungen. Dagegen können Sie Einspruch einlegen. Wird der Einspruch abgelehnt, können Sie vor dem Finanzgericht klagen.

Beachten Sie, dass bei umfangreichen Prüfungsfeststellungen teilweise hohe Steuernachzahlungen drohen können. Besonders dann, wenn die Prüfungsfeststellungen den gesamten Prüfungszeitraum betreffen. Das heißt, wenn es um gleich mehrere Jahre geht. Hinzu kommt eine Verzinsung der Steuernachforderungen von sechs Prozent pro Jahr. Ob diese Verzinsung so korrekt ist, wird allerdings gerade durch das Bundesverfassungsgericht geprüft. Je nach Ausgang des Verfahrens kann es rückwirkend auch zu einer Minderung des gesetzlichen Zinssatzes kommen. Daher erfolgen die Zinsfestsetzungen durch die Finanzämter momentan vorläufig. Das gilt auch für die Gewerbesteuer durch die Städte. Es kann also noch dazu kommen, dass sämtliche vorläufig erlassenen Zinsfestsetzungen nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht von Amts wegen geändert werden müssen.

Unsere Einschätzung zum Thema „Wie eine Betriebsprüfung abläuft und was dabei auf Sie zukommt”

Betriebsprüfungen laufen oft nach einem ähnlichen Muster ab. Wollen Sie als Unternehmer oder Unternehmerin die Betriebsprüfung schnell abschließen, sollten Sie möglichst umfangreich mitwirken. Aber: Wenn Sie keine tieferen steuerrechtlichen Kenntnisse haben, können unüberlegte Aussagen oder Handlungen schnell zu (umfangreichen) Steuernachforderungen führen. Sind Sie bisher nicht steuerlich beraten, ist es meist ratsam, für eine Betriebsprüfung die Unterstützung einer Steuerberaterin oder eines Steuerberaters einzuholen. Dann verläuft der Austausch mit dem Betriebsprüfer steuerrechtlich auf Augenhöhe. Außerdem weiß ein Steuerprofi, welche Rechte Sie im Rahmen einer Betriebsprüfung haben und wo Grenzen bei der Mitwirkungspflicht liegen. Unsere Experten stehen Ihnen bei einer Betriebsprüfung zur Seite und begleiten den gesamten Prozess für Sie.

Sprechen Sie uns jederzeit gerne an.

 

 

Julian Heesemann

Associate Partner, Steuerberater, Fachberater für die Umstrukturierung von Unternehmen (IFU /ISM gGmbH), Diplom-Finanzwirt, LL.M.

Expert:innen zu diesem Thema

Keine passenden Personen gefunden.

Das könnte Sie auch interessieren

  • Die Reform der Betriebsprüfung und deren Auswirkungen für die Praxis

    Am 28.12.2022 wurde das DAC 7-Umsetzungsgesetz verkündet. Das Gesetz reformiert die Rahmenbedingungen für Außenprüfungen der Finanzverwaltung. In erster Linie geht es um die Modernisierung und Beschleunigung von Betriebsprüfungen, aber auch um Transparenz. Damit sollen die erheblichen Belastungen der Steuerpflichtigen durch [...]

    Thomas Müller

    30. Apr 2024

  • Die digitale Betriebsprüfung – Der Datenzugriff wird normiert

    Mit dem DAC7-Umsetzungsgesetz hat der Gesetzgeber Änderungen für Betriebsprüfungen vorgesehen und neue Entwicklungen hin zur digitalen Betriebsprüfung vorgenommen. Mit dem neuen § 147b AO (Abgabenordnung) darf das Bundesministerium der Finanzen (BMF) digitale Schnittstellen und Datensatzbeschreibungen per Rechtsverordnung vorgeben. Solche Standardisierungen [...]

    Lars Rinkewitz

    05. Sep 2023

  • DAC7 und das Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG).jpg

    Am 1. Januar 2023 ist das Plattformen-Steuertransparenzgesetz (kurz: PStTG) in Kraft getreten. Damit wird die aktuelle europäische DAC7-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Dieses Gesetz regelt, welche Informationen zu Geschäften auf Online-Plattformen mit den Steuerbehörden geteilt werden müssen. Das neue Gesetz [...]

    Lars Rinkewitz

    16. Jan 2023