Ausschluss der elterlichen Vermögenssorge bei Unternehmensnachfolge
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13. Juni 2024

Der Ausschluss der elterlichen Vermögenssorge nach § 1638 Abs. 1 BGB in der Planung der Unternehmensnachfolge

Kategorien: Rechtsberatung

Der Ausschluss der elterlichen Vermögenssorge bei Zuwendungen von Todes wegen oder Schenkungen an Minderjährige kann eine effektive Strategie zur Planung der  Unternehmensnachfolge in Familienunternehmen sein. Er ermöglicht die langfristige Sicherung des Unternehmens und bereitet minderjährige Nachfolger:innen auf zukünftige Aufgaben vor, während gleichzeitig steuerliche Vorteile genutzt und potenzielle Konflikte vermieden werden. Die Vorteile und rechtlichen Aspekte des Ausschlusses der elterlichen Vermögenssorge gemäß § 1638 BGB bei Zuwendungen von Todes wegen und Schenkungen an Minderjährige werden im Folgenden dargestellt.

Die Zuwendung an Minderjährige wird nach den allgemeinen Regeln des BGB zum Minderjährigenrecht (§ 104 ff. BGB), den Regeln über Insichgeschäfte (§ 181 BGB) und den familiengerichtlichen Genehmigungserfordernissen (§ 1799 BGB) eingeschränkt.

Ferner ist es den Sorgeberechtigten möglich, die Übertragung eines Gesellschafteranteils durch Übertragung von Todes wegen durch Ausschlagung (§ 1942 ff. BGB) zu verhindern. Da Minderjährige nicht voll geschäftsfähig sind, müssen ihre gesetzlichen Vertreter (in der Regel die Eltern) für sie handeln. Das Erbe kann also nur durch die Elternteile ausgeschlagen werden und bedarf der Genehmigung durch das Familiengericht.

Aufgrund der vorstehenden Fallgestaltungen kann es seitens derzuwendenden Unternehmer:innen erwünscht sein, den Einfluss der Sorgeberechtigten, eines Elternteils oder des Ehegatten zu vermeiden, d.h. die elterliche Vermögenssorge hinsichtlich des zugewendeten Vermögens auszuschließen.

Was besagt § 1638 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)?

  • 1638 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) regelt den Ausschluss der elterlichen Vermögenssorge bei der Übertragung von Vermögenswerten an minderjährige Kinder. Diese Bestimmung ermöglicht es einem Erblasser oder Schenker, die Eltern oder einen Elternteil von der Verwaltung und Nutzung des zugewendeten Vermögens auszuschließen. Anstelle der Eltern kann eine andere Person, die als geeigneter betrachtet wird, die Vermögensverwaltung übernehmen. Der Erblasser oder Schenker kann eine Person benennen, die die Verwaltung des Vermögens übernimmt (der Zuwendungspfleger). Dieser Zuwendungspfleger verwaltet das Vermögen bis zur Volljährigkeit des Kindes. Die Erklärung zum Ausschluss der elterlichen Vermögenssorge muss im Testament oder Erbvertrag festgehalten werden und muss gleichzeitig mit der Zuwendung erfolgen.

Voraussetzungen der Sorgerechtsbeschränkung nach § 1638 Abs. 1 BGB sind:

  • Es können nur gegenwärtige und vorhandene Vermögenswerte übertragen werden, nicht hingegen Erwerbschancen oder Verwertungsrechte.
  • Die Zuwendung kann durch Familienmitglieder oder durch Dritte erfolgen.
  • Es ist eine Willenserklärung in einem Testament oder Erbvertrag erforderlich.
  • Bei einer Schenkung muss die Ausschlusserklärung bei der Zuwendung erfolgen, nicht davor und nicht später.

Daneben bestehen keine weiteren Voraussetzungen, sodass die Erklärung aufschiebend oder auflösend bedingt erfolgen kann. Eine Zustimmung des Familiengerichts ist nicht erforderlich.

Sonderfall Zuwendungspflegschaft

Ein Zuwendungspfleger ist zu bestellen, wenn beide Elternteile von der Verwaltung des zugewendeten Vermögens ausgeschlossen sind. Zuwendende können grundsätzlich jede beliebige Person, insbesondere sich selbst, als Zuwendungspfleger benennen. Eine Ausnahme gilt hierbei für den Testamentsvollstrecker, der beide Ämter nicht zur selben Zeit bekleiden darf, wenn dadurch eine mangelnde Wahrnehmung der Interessen des Kindes droht. Die Eltern haben zwar die Möglichkeit, gegen die Auswahl des Zuwendungspflegers Beschwerde einzulegen, jedoch nur, wenn sie die Wirksamkeit des Ausschlusses und damit die Erforderlichkeit der Pflegerbestellung anfechten.

Die Zuwendungspflegschaft endet als Dauerpflegschaft spätestens mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Kindes, mit der dann auch die Vermögenssorge der Eltern entfällt. Die Dauerpflegschaft führt dazu, dass der Zuwendungspfleger für jede einzelne Maßnahme, wie z.B. die Ausübung des Stimmrechts, nicht jedes Mal neu bestellt werden muss.

Welche Möglichkeiten bestehen für die Eltern, die Zuwendung zu verhindern?

Die Eltern können die Zuwendung von Todes wegen durch eine Ausschlagung nach den § 1942 ff BGB nicht verhindern. Der BGH hat bereits 2016 entschieden, dass der Ausschluss der Vermögenssorge auch die Befugnis zur Ausschlagung der Erbschaft (vgl. BGH NJW 2016, 3032) umfasst. Die Eltern haben von Anfang keine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht, da nach dem Grundsatz der Universalsukzession (§ 1922 BGB) der Ausschluss von der elterlichen Vermögenssorge mit dem Erbfall anfällt.

Im Ergebnis ist somit die gesamte Vermögenssorge bezüglich des Erwerbs von Todes wegen und somit auch die elterliche Vertretungsmacht für die Ausschlagung ausgeschlossen. Die Rechtsprechung des BGH zu Zuwendungen von Todes wegen kann hingegen nicht auf Schenkungen zu Lebzeiten übertragen werden, da für den Rechtserwerb erst eine Rechtshandlung der Eltern erforderlich ist. Die Mitwirkungshandlung der gesetzlichen Vertreter beschränkt sich damit auf das „ob“ des Vermögenserwerbs und kann nicht durch Bestellung eines Pflegers ersetzt werden.

Unsere Einschätzung zur Unternehmensnachfolge:

Der Ausschluss der Vermögenssorge ist bei der Gestaltung von Unternehmertestamenten und insbesondere der Übertragung von Gesellschafteranteilen an Minderjährige unabdingbar. Fragen zu diesem Thema beantwortet unser Rechtsanwalt Carsten Meier.

 

Vermerk: Bitte beachten Sie, dass in diesem Dokument bei rechtlichen Themen und gesetzlichen Formulierungen auf das Gendern verzichtet wird, um die juristische Präzision und Klarheit zu wahren. In allen anderen Textteilen wird eine gendergerechte Sprache verwendet, um die Gleichstellung aller Geschlechter zu fördern.

Carsten Meier

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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