
19. November 2025
Die Steuerpläne der EU-Kommission: Neue Steuerinitiativen, Rückzüge von geplanten Maßnahmen. Was Unternehmen über das Arbeitsprogramm 2026 wissen müssen
Inhaltsverzeichnis
Die Europäische Kommission hat ihr Arbeitsprogramm 2026 unter dem Titel „Europe's Independence Moment" beschlossen. Für die direkte Besteuerung kündigt sie darin neue Vereinfachungsinitiativen an. Zugleich werden auch frühere Vorschläge zurückgezogen. Das kann zukünftig unmittelbare Bedeutung für grenzüberschreitend tätige Konzerne, den Mittelstand und die steuerliche Beratung haben. Lesen Sie, was Sie heute schon wissen müssen.
Woran arbeitet die EU-Kommission bei ihren Steuerplänen 2026?
Die Entscheidung der Kommission, Prioritäten neu zu ordnen, zielt auf zwei Kernfragen: die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft in einem volatilen geopolitischen Umfeld und die spürbare Reduzierung administrativer Belastungen für Unternehmen. Für Steuerberater:innen und Unternehmen bedeutet das: erhöhte Planungsbedürftigkeit, aber auch Chancen durch Vereinfachungen und neue, optional harmonisierte Regelungen.
Was beinhaltet das EU-Arbeitsprogramm 2026 steuerpolitisch?
Das Arbeitsprogramm 2026 listet eine Reihe steuerpolitisch relevanter Initiativen und Zeiträume. Explizit vorgesehen sind u. a.:
„28th company regime" (Initiative angekündigt für Q1 2026): Ein optionales, harmonisiertes Rechtsregime für bestimmte Gesellschaften, das grenzüberschreitende Geschäftsaktivitäten erleichtern soll.
Über die geplanten Inhalte hatten wir bereits in unserem vorherigen Blogbeitrag berichtet.
Einheitlicher EU-Rechtsrahmen für innovative Unternehmen: Das "28. Regime"
„Omnibus on taxation" (Q2 2026): Programm mit dem Ziel, Berichtspflichten und Verwaltungsaufwand zu vereinfachen.
Welche Maßnahmen plant das „Omnibus on taxation"?
Das geplante „Omnibus on taxation" ist ein vereinfachungsorientiertes Legislativpaket der EU-Kommission mit dem ausdrücklichen Ziel, Berichtspflichten und den Verwaltungsaufwand für Unternehmen zu reduzieren. Konkret soll das Paket Überschneidungen und Doppelmeldungen zwischen bestehenden EU-Steuervorschriften und Richtlinien abbauen, Meldewege straffen und Klarstellungen bringen, wo unterschiedliche nationale Umsetzungen für Unternehmen zu erhöhtem Compliance-Aufwand führen.
Was bedeuten die geplanten Vereinfachungen für Unternehmen?
Genauere Inhalte werden in den zukünftigen Entwürfen noch ausgeführt. Die Kommission betont jedoch, dass ein erheblicher Teil ihres Legislativprogramms 2026 eine starke Vereinfachungskomponente haben soll. Für Unternehmen und Steuerabteilungen bedeutet das: frühzeitig die Entwicklungen beobachten, Reporting-IT und Prozesse auf Flexibilität prüfen und untersuchen, wo Compliance-Aufwand verringert oder automatisiert werden könnten.
Was steckt hinter dem EU-Vorhaben BEFIT?
BEFIT („Business in Europe: Framework for Income Taxation") ist ein von der Kommission vorgeschlagenes EU-Rahmenwerk zur Harmonisierung der Bemessungsregeln für die Körperschaftsteuer großer Unternehmensgruppen. Ziel ist weniger Compliance-Aufwand für europaweit tätige Unternehmensgruppen, mehr Rechtssicherheit und ein einheitlicher Ansatz zur Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage innerhalb der EU.
Wie funktioniert das BEFIT-Modell?
BEFIT ist ein Vorschlag für eine Richtlinie der EU. Die Kernidee: alle in derselben „BEFIT-Gruppe" zusammengefassten Unternehmen berechnen ihren steuerlichen Gewinn nach einem einheitlichen Regelwerk (auf Basis ihrer handelsrechtlichen Abschlüsse). Diese Einzelbemessungsgrundlagen werden zu einer einzigen, EU-weiten Bemessungsgrundlage zusammengerechnet. Verluste können gruppenintern verrechnet werden. Anschließend wird ein Anteil dieser aggregierten Bemessungsgrundlage jedem betroffenen Mitgliedstaat zugeordnet, der dort dann nach nationalem Steuersatz besteuert.
Die Kommission betont, dass BEFIT auf den internationalen Entwicklungen („Pillar Two"-Mindestbesteuerung) aufbaut. BEFIT soll so konzipiert werden, dass es mit der Mindestbesteuerung und anderen OECD-Vereinbarungen harmonisiert ist.
Was plant die EU-Kommission mit dem HOT-System für KMU?
Das geplante HOT (Head Office Tax)-System ist ein von der Europäischen Kommission vorgeschlagener, optionaler „One-stop-shop"-Regelungsrahmen, der es bestimmten kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ermöglicht, die steuerliche Ergebnisermittlung ihrer europäischen Betriebsstätten nach den Regeln des eigenen Mitgliedstaats vorzunehmen und dort eine einzige Steuererklärung einzureichen. Einzig der anzuwendende Steuersatz würde weiterhin im Standortstaat der Betriebsstätte festgelegt.
Welche Vorhaben vorerst gestoppt werden
Gleichzeitig zieht die Kommission mehrere frühere Vorschläge zurück, zum Beispiel:
- Initiativen zur Verhinderung des Missbrauchs von Briefkastenfirmen (sog. „shell entities")
- Initiative zur Verringerung der Unternehmensverschuldung und zur Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zinsen für Zwecke der Körperschaftsteuer („DEBRA")
Reduktion administrativer Lasten: Was sind die Zielvorgaben?
Die Kommission legt großen Wert auf Vereinfachung, Umsetzung und Anwendung („simplification, implementation and enforcement"). In einem begleitenden Bericht zur Jahresübersicht 2025 stellt sie Maßnahmen zur Reduktion administrativer Lasten vor (Ziel: mindestens -25 % für alle und -35 % für KMU). Für das Steuerrecht bedeutet das ein verstärktes Augenmerk auf:
- Entbürokratisierung von Melde- und Dokumentationspflichten
- Prüfung redundanter Berichtspflichten (z. B. Überschneidungen mit internationalen Regelwerken)
- Stärkere Nutzung von „Omnibus-Paketen" zur gebündelten Gesetzesanpassung
Die Kommission verknüpft Steuerpolitik mit übergeordneten Zielen: Stärkung des Binnenmarkts, Versorgungssicherheit und strategische Autonomie, um mehr Souveränität und Unabhängigkeit für die EU zu erreichen.
Zweigleisiger Effekt: Unsere Einschätzung zum Arbeitsprogramm 2026
Das Arbeitsprogramm 2026 soll ein deutliches politisches Signal sein. Es setzt auf Vereinfachung und will dringliche Probleme der Wettbewerbsfähigkeit adressieren. Gleichzeitig werden einige Vorhaben gestrichen. Es bleibt abzuwarten, wie die geplanten Vorhaben der EU-Kommission umgesetzt werden können.
Für die Praxis bedeutet das: Initiativen wie BEFIT und das angekündigte „Omnibus on taxation"-Paket bieten echte Chancen, den Compliance-Aufwand zu senken. Gleichzeitig schaffen offene Detailfragen Rechtsunsicherheiten und könnten Risiken bedeuten. Steuerlich ist daher mit einem zweigleisigen Effekt zu rechnen: Erleichterungen für Reporting-Prozesse, jedoch auch potenzieller Umstrukturierungs- und Anpassungsbedarf bei Konzernrechnung, Verrechnungspreisen und Finanzierungsstrukturen.
Unser Rat: Nicht abwarten, sondern aktiv steuern und die Legislativpläne der EU im Blick halten. Bei steuerlichen oder rechtlichen Fragen unterstützen Sie unsere Berater:innen bei der ECOVIS KSO. Nehmen Sie einfach Kontakt auf.






