
18. November 2025
E-Mail-Archivierung im Unternehmen nach BFH-Urteil 2025
Inhaltsverzeichnis
- Hintergrund: Der BFH-Beschluss vom 30.4.2025
- Welche E-Mails sind aufbewahrungspflichtig?
- Aufbewahrungspflicht für steuerlich relevante E-Mails: was Unternehmen beachten müssen
- Welche Konsequenzen für Unternehmen und Mitarbeitende ergeben sich?
- Unsere Einschätzung: Compliance und Nachvollziehbarkeit sichern
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 30.04.2025 (Az. XI R 15/23) die Spielregeln für Außenprüfungen im digitalen Alltag geschärft: E-Mails können Handels- und Geschäftsbriefe sein und sind bei steuerlichem Bezug aufzubewahren und auf Anforderung vorzulegen. Jede steuerlich relevante E-Mail muss korrekt archiviert werden. Ein pauschales Verlangen der Finanzverwaltung nach einem vollständigen E-Mail-Gesamtjournal ist hingegen rechtswidrig. Für Unternehmen heißt das: Eine rechtskonforme E-Mail Archivierung im Unternehmen ist jetzt Pflicht. Prozesse, Systeme und Verantwortlichkeiten zur E-Mail-Archivierung und -selektion gehören jetzt ganz nach vorn auf die To-do-Liste.
Hintergrund: Der BFH-Beschluss vom 30.4.2025
Der Fall betraf eine GmbH, die im Rahmen einer Außenprüfung vom Finanzamt aufgefordert wurde, sämtliche E-Mails im Zusammenhang mit konzerninternen Vereinbarungen und Verrechnungspreisen vorzulegen. Die Prüfer verlangten nicht nur einzelne Nachrichten, sondern ein sogenanntes Gesamtjournal, also eine vollständige Auflistung aller E-Mails, unabhängig von deren steuerlicher Relevanz.
Der BFH stellte klar: Dieses pauschale Verlangen geht zu weit. Die Abgabenordnung (§ 147 AO) verpflichtet zwar zur Aufbewahrung und Vorlage von Handels- und Geschäftsbriefen sowie sonstigen steuerlich relevanten Unterlagen, dazu können auch E-Mails gehören. Entscheidend ist aber nicht das Medium, sondern der Inhalt.
Welche E-Mails sind aufbewahrungspflichtig?
E-Mails, die etwa Vertragsverhandlungen dokumentieren, Preisabsprachen enthalten oder den Leistungsumfang von Geschäften betreffen, sind also aufbewahrungspflichtig. Eine E-Mail mit Geburtstagsgrüßen an Geschäftspartner:innen oder interner Abstimmung ohne steuerlichen Bezug ist dagegen nicht vorlagepflichtig.
Zugleich betont der BFH, dass das Unternehmen ein sogenanntes „Erstqualifikationsrecht“ besitzt: Es darf selbst entscheiden, welche E-Mails steuerlich relevant sind und diese entsprechend selektieren. Die Finanzverwaltung kann dann im Rahmen der Prüfung Einsicht in diese relevanten Nachrichten verlangen – nicht aber in das gesamte Postfach.
Damit zieht der BFH eine klare Linie:
- Ja, steuerrelevante E-Mails müssen archiviert und auf Verlangen vorgelegt werden.
- Nein, das Finanzamt darf kein allumfassendes E-Mail-Journal fordern.
Diese differenzierte Sicht schafft Rechtssicherheit, sowohl für Unternehmen als auch für Prüfer:innen.
Aufbewahrungspflicht für steuerlich relevante E-Mails: was Unternehmen beachten müssen
Die Entscheidung hat erhebliche praktische Konsequenzen. Unternehmen müssen ihre E-Mail-Kommunikation künftig mit denselben Maßstäben behandeln wie klassische Geschäftsbriefe. Das bedeutet:
- Aufbewahrungspflicht für steuerlich relevante E-Mails ernst nehmen
E-Mails mit steuerlichem Bezug müssen revisionssicher aufbewahrt werden. Sie müssen jederzeit lesbar, unveränderbar und vollständig abrufbar sein. Es genügt also nicht, sie einfach im Outlook-Postfach liegen zu lassen. Empfehlenswert ist ein zentrales, zertifiziertes E-Mail-Archivierungssystem mit klar geregeltem Zugriff. - Steuerlich relevante E-Mails prüfen und dokumentieren
Nicht jede E-Mail ist steuerlich relevant. Unternehmen sollten interne Richtlinien entwickeln, die definieren, welche Arten von Nachrichten aufbewahrt werden müssen, zum Beispiel Korrespondenz zu Verträgen, Preisen, Lieferungen oder Rechnungen. Diese Unterscheidung schützt auch vor übermäßiger Datensammlung und hilft im Prüfungsfall bei der gezielten Selektion. - Kein E-Mail-Gesamtjournal an das Finanzamt liefern
Wenn das Finanzamt ein vollständiges E-Mail-Journal verlangt, das auch interne oder private Mails enthält, dürfen Unternehmen das zurückweisen. Der BFH hat klargestellt: Dafür gibt es keine gesetzliche Grundlage. Zulässig sind nur Anforderungen, die sich auf konkret benannte Sachverhalte beziehen. - E-Mail-Archivierungsprozesse und Technik anpassen
Gerade größere Unternehmen sollten prüfen, ob ihre technischen Systeme die rechtlichen Anforderungen erfüllen. Dazu gehören:
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- automatische Archivierung steuerrelevanter E-Mails,
- Such- und Filterfunktionen nach Stichworten, Absendern oder Projekten,
- klare Verantwortlichkeiten für Archivierung und Löschung.
- Mitarbeitende für E-Mail-Aufbewahrungspflichten sensibilisieren
Oft wissen Beschäftigte nicht, welche E-Mails als Geschäftsbriefe gelten. Schulungen und einfache Leitfäden helfen, Fehlinterpretationen zu vermeiden. Ziel ist es, dass relevante Kommunikation erkannt und korrekt archiviert wird, bevor eine Prüfung ansteht.
Welche Konsequenzen für Unternehmen und Mitarbeitende ergeben sich?
Der BFH-Beschluss ist ein deutliches Signal: Die digitale Korrespondenz ist steuerlich relevant und unterliegt klaren Aufbewahrungspflichten. Damit gehört sie längst zu den prüfungsrelevanten Unterlagen. Unternehmen sollten daher jetzt handeln und nicht darauf warten, bis die Betriebsprüfung vor der Tür steht.
Wir empfehlen, die bestehende E-Mail-Archivierung auf den Prüfstand zu stellen und die internen Prozesse zu dokumentieren. Wichtig ist ein Verfahren, das sicherstellt, dass steuerlich relevante E-Mails vollständig und unverändert aufbewahrt werden, während irrelevante Kommunikation geschützt bleibt.
Zudem sollten Sie klare Verantwortlichkeiten schaffen: Wer prüft, welche Mails aufbewahrt werden? Wie werden diese im System markiert oder exportiert? Und wer entscheidet im Zweifel über die Vorlage gegenüber dem Finanzamt?
Eine transparente, nachvollziehbare Struktur schützt nicht nur vor Konflikten mit der Finanzverwaltung, sondern spart auch Zeit und Kosten in der Prüfung. Gleichzeitig sichern Sie damit Ihr Unternehmen gegen Vorwürfe unvollständiger Aufzeichnungen ab.
Unsere Einschätzung: Compliance und Nachvollziehbarkeit sichern
E-Mails sind längst ein fester Bestandteil der Geschäftsdokumentation und damit auch Teil der steuerlichen Pflichten. Wer jetzt für klare Regeln, sichere Systeme und geschulte Mitarbeitende sorgt, und eine rechtskonforme E-Mail Archivierung im Unternehmen sicherstellt, erfüllt nicht nur die gesetzlichen Anforderungen, sondern stärkt auch die eigene Nachvollziehbarkeit und Compliance.
Dazu weitere Beiträge von uns dazu:
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Haben Sie Fragen oder möchten Sie sich beraten lassen? Unser Steuerexperte Lars Rinkewitz unterstützt Sie gerne, nehmen Sie einfach Kontakt auf.




