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20. Februar 2025

Aufbewahrungsfristen 2025: Archivierungspflicht für Geschäftsunterlagen und Dokumente sowie ersetzendes Scannen

Kategorien: Steuerberatung

Inhaltsverzeichnis

In unserem Leitfaden für Unternehmer:innen erfahren Sie alles über die Aufbewahrungsfristen für das Jahr 2025: Von der Belegarchivierung über das ersetzende Scannen bis hin zur Erstellung einer Verfahrensdokumentation. 

Für die Archivierung von betrieblichen Unterlagen gibt es gesetzliche Aufbewahrungsfristen. Je nach Art der Unterlagen müssen diese sechs, acht oder zehn Jahre archiviert werden. Zu archivieren sind analoge Unterlagen, also Papierdokumente, aber auch digitale Daten. Alle Unterlagen und Daten müssen jederzeit vorgelegt werden können. “Ersetzendes Scannen” erlaubt zumindest aus steuerlicher Sicht die Vernichtung von Papierbelegen nach erfolgter Digitalisierung vor Ablauf der Frist. In unserem Leitfaden für Unternehmer:innen erfahren Sie alles über die Aufbewahrungsfristen 2025: Von der Belegarchivierung über das ersetzende Scannen bis hin zur Erstellung einer Verfahrensdokumentation. 

Was ist neu im Jahr 2025?

Seit dem 1. Januar 2025 gelten neue Aufbewahrungsfristen für geschäftliche Buchungsbelege. Das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) sieht eine Verkürzung der handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege von zehn auf acht Jahre vor. Dieses Gesetz wurde am 29. Oktober 2024 im Bundesgesetzblatt verkündet und ist zum Jahreswechsel in Kraft getreten. Die kürzere Aufbewahrungsfrist gilt für alle Buchungsbelege, deren Frist am 1. Januar 2025 noch nicht abgelaufen ist. 

Das Gesetz sieht keine Möglichkeit vor, die Aufbewahrungsfrist für Handelsbücher, Inventare und Jahresabschlüsse von zehn auf acht Jahre zu reduzieren. Hier bleibt es bei den zehn Jahren. In der Praxis wurden Buchungsbelege bislang ebenso lange aufbewahrt wie Jahresabschlüsse, da beide Fristen parallel verliefen. Daher ist nun eine klare Unterscheidung erforderlich, die bei der Vernichtung von Unterlagen unbedingt zu beachten ist. 

Für welche Buchungsbelege gilt jetzt die verkürzte achtjährige Aufbewahrungspflicht?

Hier einige Beispiele für Buchungsbelege mit reduzierter Aufbewahrungsfrist:. 

  • Rechnungen an Kund:innen 
  • Rechnungen von Lieferant:innen oder Dienstleister:innen 
  • Bankbelege, Kontoauszüge 
  • Kassenbelege, Quittungen 
  • Lohnabrechnungen 

Andere Unterlagen und Dokumente, die nicht Buchungsbelege sind, z. B. Jahresabschlüsse, Inventare, Organisationsunterlagen, sind dagegen weiterhin zehn Jahre lang aufzubewahren. 

Ab 2025 müssen Unternehmen bereit sein, E-Rechnungen zu empfangen. E-Rechnungen als ZUGFeRD-Rechnung oder XRechnung können per E-Mail oder über ein Portal empfangen werden. An den Aufbewahrungspflichten für diese elektronischen Rechnungen ändert sich grundsätzlich nichts. E-Rechnungen müssen, wie bisher auch PDF-Rechnungen unverändert im Originalformat über die gesamte Aufbewahrungsfrist archiviert werden. 

Archivierung von Geschäftsunterlagen und ersetzendes Scannen: Welche gesetzlichen Vorschriften sind einschlägig

Die Archivierungspflicht von Geschäftsunterlagen ist für das Handelsrecht im Handelsgesetzbuch (HGB) und für das Steuerrecht insbesondere in der Abgabenordnung (AO) geregelt. Aber auch das Umsatzsteuergesetz (UStG) enthält dazu Regelungen. Im Grundsatz gilt: Alle buchführungspflichtigen oder aufzeichnungspflichtigen Unternehmen müssen sämtliche für die Buchhaltung, den Jahresabschluss sowie die Gewinnermittlung relevanten Unterlagen und Handelsbücher archivieren und vorhalten. 

Alle Kaufleute sind handelsrechtlich gemäß § 257 HGB zur Aufbewahrung ihrer Unterlagen verpflichtet. Nach § 238 HGB ist die Buchführung so zu gestalten, dass alle Geschäftsvorfälle auch für Dritte lückenlos nachvollziehbar sind. 

In § 140 AO wird zur Aufbewahrungspflicht auch auf „andere Gesetze“ verwiesen. Damit ist nicht nur das HGB gemeint, sondern auch berufs- und tätigkeitsbezogene Gesetze und Verordnungen, in denen besondere Aufzeichnungspflichten geregelt sind (z. B. für Bewachungsbetriebe oder den Großhandel). 

Wer gehört zu den Aufbewahrungspflichtigen?

Nicht nur Handelsgesellschaften wie GmbH, OHG, KG oder AG unterliegen der steuerlichen Aufbewahrungspflicht. Neben Kaufleuten müssen auch Gewerbetreibende sowie Land- und Forstwirt:innen ihre Unterlagen archivieren, sofern sie bestimmte Gewinn- und Umsatzgrenzen überschreiten. 

Für Gewerbetreibende, einschließlich Einzelunternehmer:innen, GbRs und Handwerker:innen, gilt die Aufbewahrungspflicht, wenn ihr Jahresumsatz 800.000 Euro (bis 31.12.2024: 600.000 Euro) übersteigt oder ihr Gewinn 80.000 Euro (bis 31.12.2024: 60.000 Euro) beträgt. 

Dieselbe Regelung gilt für die Land- und Forstwirtschaft. Durch das Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz (GrStRefUG) entfällt hier jedoch der bisherige Wirtschaftswert als Kriterium für die Buchführungspflicht.  

Wann beginnen und enden die Aufbewahrungsfristen im Jahr 2025?

Die Aufbewahrungsfrist beginnt jeweils mit dem Schluss des Kalenderjahres, 

  • in dem die letzte Eintragung in die Geschäftsbücher gemacht wurde, 
  • das Inventar aufgestellt wurde, 
  • die Bilanz fertiggestellt wurde, 
  • ein Handelsbrief und/oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt wurde, 
  • ein Buchungsbeleg entstanden ist oder 
  • Aufzeichnungen vorgenommen wurden. 

Bei Verträgen beginnt die Frist grundsätzlich mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Vertragszeitraum endet. 

Das Ende der Archivierungsfrist ist abhängig von Beginn und Dauer der Aufbewahrungsfrist. Diese muss im jeweiligen Einzelfall geprüft werden. 

Lesen Sie auch Datenschutzrechtliche Aufbewahrungs- und Löschungspflichten der DSGVO

Beispiele zur Berechnung der Aufbewahrungspflicht

Unterlagen mit einer zehnjährigen Archivierungspflicht für das Jahr 2025 frühestens nach dem 31. Dezember 2036 vernichtet werden. Acht Jahre aufzubewahrende Buchhaltungsunterlagen dürfen ab dem 1. Januar 2034 entsorgt werden. Steuerlich sind möglicherweise noch Anlaufhemmungen zu beachten. Diese treten ein, wenn die Steuererklärung mit dem Jahresabschluss nicht im Folgejahr, sondern erst später – beispielsweise im Zweitfolgejahr – beim Finanzamt eingereicht wird. 

Betriebsprüfung, laufendes Verfahren: Gibt es Ausnahmen von der zehnjährigen Archivierungspflicht?

Die Vernichtung muss trotz Ablaufs der Archivierungsfrist unterbleiben, wenn die Geschäftsunterlagen für eine begonnene Außenprüfung, eine vorläufige Steuerfestsetzung, ein schwebendes Steuerstraf- oder Bußgeldverfahren oder ein noch nicht abgeschlossenes Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelverfahrens von Bedeutung sind. 

Welche Unterlagen dürfen Sie seit dem 1.1.2025 vernichten?

Seit dem 1.1.2025 können Unterlagen mit einer zehnjährigen Archivierungsverpflichtung für die Jahre bis 2013 grundsätzlich vernichtet werden. Buchführungsunterlagen mit der neuen achtjährigen Aufbewahrungsfrist können somit bis 2015 entsorgt werden. 

Bei der Berechnung der Fristen sind jedoch stets individuelle Auslauffristen zu beachten. Die Aufbewahrungsfrist endet beispielsweise nicht, wenn die zuständige Finanzbehörde bis zum 31.12.2024 eine Außenprüfung schriftlich angekündigt hatte. 

Beispiele: Für welche Geschäftsunterlagen gilt die zehnjährige Archivierungspflicht?

  • Jahresabschlüsse, auch Eröffnungsbilanzen oder Zwischenabschlüsse 
  • Lageberichte 
  • Inventare 
  • Steuererklärungen oder Steueranmeldungen 
  • Verfahrensdokumentation 
  • Kassendokumentation 
  • Programmierprotokolle 
  • Handelsregisterauszüge 

Beispiele: Für welche Dokumente ist die achtjährige Aufbewahrungsfrist einschlägig?

  • Buchungsbelege 
  • Rechnungen an Kunden 
  • Rechnungen von Lieferanten oder Dienstleistern 
  • Bankbelege, Kontoauszüge 
  • Kassenbelege, Quittungen 
  • Lohnabrechnungen, Lohnkonten 
  • Lieferscheine, wenn Buchungsunterlagen 
  • Fahrtenbücher 
  • Reisekostenabrechnungen 

Beispiele: Für welche Unterlagen gilt die sechsjährige Archivierungspflicht?

  • Handelsbriefe und Geschäftsbriefe, nicht nur normale Briefe, sondern auch Telefaxe und E-Mails 
  • Angebote 
  • Auftragsbestätigungen 
  • Mahnungen und Mahnbescheide 
  • Leasingverträge vom Vertragsende beginnend 
  • Darlehensverträge nach Vertragsende beginnend 

Abgrenzungsprobleme der Fristen je nach Art des Dokuments: Wie Sie auf Nummer sicher gehen

Die Abgrenzung der genauen Fristen für die einzelnen Dokumentenarten kann schwierig sein. Insbesondere ist darauf zu achten, dass im Zweifelsfall die längere steuerliche Aufbewahrungsfrist der kürzeren handelsrechtlichen Aufbewahrungsfrist vorgeht. Dies gilt auch umgekehrt. Im Zweifel empfehlen wir, die Geschäftsunterlagen rein vorsorglich zehn Jahre aufzubewahren. Dann müssen Sie nicht zwischen sechs-, acht- und zehnjährigen Fristen unterscheiden. Zu beachten sind aber immer die datenschutzrechtlichen Aspekte, wie z. B. das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). 

Wann verlängert sich die Frist zur Aufbewahrung?

Die jeweilige Aufbewahrungsfrist gilt grundsätzlich nur, wenn alle entsprechenden Steuerbescheide bestandskräftig sind. Ein vorläufiger Steuerbescheid nach § 165 AO zum Beispiel wegen Annahme von Liebhaberei wird erst bestandskräftig, wenn er für endgültig erklärt wird. Dies kann nach Ablauf der acht- oder zehnjährigen Frist der Fall sein. Ist ein Verfahren vor dem Finanzgericht, dem Bundesfinanzhof (BFH) oder dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) anhängig, wird der betreffende Steuerbescheid in der Regel ebenfalls nicht bestandskräftig. 

Was gilt für die Archivierung elektronischer Daten nach einem Systemwechsel?

Für elektronische Daten, deren Aufbewahrungsfrist mit dem 1.1.2020 begonnen hat, gibt es eine Sonderregelung bei einem Wechsel des Datenverarbeitungssystems. Es ist ausreichend, wenn Steuerpflichtige einen Datenträger mit den gespeicherten Steuerunterlagen fünf Jahre nach dem Systemwechsel oder einer Datenauslagerung aufbewahren. Die Zehnjahresfrist ist in diesen Fällen nicht zu beachten. 

Welche Ausnahmen von der Archivierungspflicht gibt es?

Ein- und ausgehende Briefe, E-Mails und Telefaxe müssen nur dann archiviert werden, wenn sie an Empfänger:innen außerhalb des eigenen Unternehmens gerichtet sind. Unterlagen, die der Vorbereitung eines Geschäfts dienen, müssen nur dann aufbewahrt werden, wenn sie tatsächlich zu einem Geschäftsabschluss geführt haben. 

Spezialfall: Was gilt für die Archivierung von Lieferscheinen?

Bei Lieferscheinen endet die Aufbewahrungspflicht grundsätzlich mit dem Erhalt bzw. mit dem Versand der Rechnung. Voraussetzung dafür ist, dass der Inhalt des Lieferscheins in der Eingangs- bzw. der Ausgangsrechnung entsprechend dokumentiert ist. Ist dies nicht der Fall, ist auch der Lieferschein entsprechend weiter aufzubewahren. 

Welche Fristen gelten für die Archivierung digitaler Belege und was ist bei deren Erfassung zu beachten?

Für digitale Belege gelten die gleichen Aufbewahrungspflichten wie für Papierbelege. Auch elektronische Rechnungen und Belege müssen aufbewahrt werden. 

Digitale Belege müssen zwingend elektronisch archiviert werden! Es ist nicht zulässig, die Belege auszudrucken und in Papierform aufzubewahren! Der Ausdruck eines digitalen Belegs ist nur eine Kopie. Selbstverständlich können Sie die elektronischen Rechnungen und Belege für Ihre internen Prozesse ausdrucken und weiterverarbeiten (Arbeitsunterlage). Das digitale Original muss dann aber immer zusätzlich und unverändert digital archiviert werden. Und zwar für die gesamte Dauer der Aufbewahrungsfrist. Dafür müssen Sie alle technischen Vorkehrungen treffen. 

Elektronische Rechnungen müssen zwingend in dem Format archiviert werden, in dem sie empfangen wurden. Die Unveränderbarkeit muss gewährleistet sein. Ferner müssen digitale Belege während der Aufbewahrungsfrist jederzeit lesbar und maschinell auswertbar sein. Werden digitale Belege ggf. in ein unternehmensinternes (Sonder-)Format konvertiert, sind beide Dateien miteinander zu verknüpfen und aufzubewahren. 

Was ist bei Aufbewahrung von geschäftlichen E-Mails und E-Mail-Anhängen zu beachten?

Anhänge von E-Mails unterliegen ebenfalls der Archivierungspflicht, soweit sie für den Geschäftsvorfall von Bedeutung sind. 

Die digitale Archivierung hat auf einem Datenträger zu erfolgen, der keine Veränderungen mehr zulässt. Umstritten ist, ob die Unveränderbarkeit gewährleistet ist, wenn der ursprüngliche Dateiname geändert wird. Wir empfehlen dringend, den Dateinamen des digitalen Originals einer Rechnung nicht zu ändern. Natürlich kann bei einer separat abzuspeichernden „Arbeitskopie“ auch der Name der Datei verändert werden, um diese inhouse leichter identifizieren und auffinden zu können. 

Erhalten Sie eine digitale Rechnung, zum Beispiel als PDF-Datei per E-Mail-Anhang, ist die E-Mail selbst grundsätzlich nicht aufbewahrungspflichtig. Sie ist sozusagen der Briefumschlag der Rechnung. Stellt die E-Mail selbst jedoch die Rechnung dar, weil sie ohne Dateianhang alle Rechnungsdaten enthält, muss sie archiviert werden. 

Der Spezialfall: Was gilt für die Archivierung elektronischer Kontoauszüge?

In elektronischer Form übermittelte Kontoauszüge sind auch in dieser Form aufzubewahren. Die bloße Aufbewahrung eines Papierausdrucks genügt nicht den Aufbewahrungspflichten des § 147 AO. 

Elektronische Kontoauszüge sind die Kontoauszüge, die dem bzw. der Steuerpflichtigen von der Bank (z. B. im Onlineportal oder im Onlinebanking-Programm) zur Verfügung gestellt werden, etwa Kontoauszüge im TIF- oder PDF-Format. 

Elektronische Datensätze des Kontoauszugsmanagers (DATEV), Daten des tse:nit bankings oder Datensätze zur Konvertierung aus Starmoney, SFirm oder anderen Online-Banking-Programmen, die von Steuerpflichtigen zum Importieren in die Buchführungs-Software abgerufen werden, sind keine elektronischen Kontoauszüge. 

Wer ist für die Aufbewahrung verantwortlich?

Für eine ordnungsgemäße Aufbewahrung sind stets Unternehmer:innen, Steuerpflichtige oder Kaufleute verantwortlich. Das gilt auch dann, wenn Sie einen Dritten mit der Erstellung der Buchführung oder der sonstigen Aufzeichnungen beauftragt haben. 

Archivierungspflichten: Was sind die Folgen der Nichteinhaltung?

Die Nichteinhaltung der Aufbewahrungsfristen, beispielsweise durch vorzeitige Vernichtung oder Beschädigung der Unterlagen, stellt einen Verstoß gegen handels- und steuerrechtliche Buchführungsvorschriften dar. Rechtliche Aspekte zur Strafbarkeit sind in der Abgabenordnung (AO) und im Strafgesetzbuch (StGB) verankert. Schlimmstenfalls drohen Geldstrafen oder sogar Haftstrafen. 

Ersetzendes Scannen:  Was sind die Besonderheiten?

Oft stellt sich die Frage, ob Papierbelege nach dem Einscannen bedenkenlos vernichtet werden können. Es bestehen ernsthafte Bedenken, ob die Finanzbehörde dennoch die Originalbelege anfordern darf. Die Frage ist differenziert zu betrachten und hängt vom Einzelfall ab. 

Das Ersetzende Scannen ist von der Finanzverwaltung in den GoBD (Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) geregelt worden. Wichtig: Somit existiert eine Regelung ausschließlich für das Steuerrecht und nicht für andere Rechtsgebiete. 

Welche Ausnahmen gelten für das ersetzende Scannen?

Im Steuerrecht gibt es jedoch Einzelfälle, in denen das sogenannte Vorsteuervergütungsverfahren greift und das ersetzende Scannen nicht zulässig ist. Dies betrifft beispielsweise Unternehmer:innen, die keine Inlandsumsätze erzielen, aber dennoch einen Vorsteuerabzug in Deutschland geltend machen möchten. Dann ist die Vorlage von Rechnungsoriginalen zwingend erforderlich (§ 62 Abs. 2 UStDV). 

Eine weitere zwingende Ausnahme bilden Abschlüsse und Bilanzen – einschließlich Zwischenabschlüsse und Eröffnungsbilanzen –, die im Original aufbewahrt werden müssen. Auch notarielle Verträge, Urkunden, gerichtliche Entscheidungen und Verfügungen sowie bestimmte behördliche Dokumente, etwa zollamtliche Bestätigungen bei steuerfreien Ausfuhrlieferungen im nicht kommerziellen Reiseverkehr, dürfen nach dem Einscannen nicht vernichtet werden. Wichtig: Originale sind ebenfalls aufzubewahren, wenn die Scanqualität unzureichend ist und die Lesbarkeit nicht gewährleistet werden kann.  

Was sind die Voraussetzungen für das ersetzende Scannen?

Für eine ordnungsgemäße Nutzung des ersetzenden Scannens und risikolose Vernichtung von Papierbelegen sind eine revisionssichere Archivierungssoftware und eine Verfahrensdokumentation erforderlich. 

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Im Allgemeinen gilt ein Archivsystem als revisionssicher, wenn sichergestellt ist, dass Dokumente vom Eingang bis zur endgültigen Speicherung – und auch danach – weder verändert noch verloren gehen. 

Ersetzendes Scannen: Wie steht es um die Beweiskraft vor Gericht?

Die Beweiskraft eingescannter Dokumente vor Gericht bleibt umstritten. Insbesondere ist fraglich, ob digitalisierte Rechnungen denselben Beweiswert haben wie Papieroriginale. Allgemein kann eine digitalisierte Rechnung ähnlich wie eine Fotokopie oder ein Mikrofilm als Beweismaterial des Augenscheins wahrgenommen werden (§ 371 Abs. 1 S. 2 ZPO). Ihre Anerkennung hängt jedoch von der objektiven Beweiswürdigung des Gerichts ab.  

Da digitalisierte Belege weder bei Unternehmen noch bei Privatpersonen als Urkunden gelten, kommen nur von Notaren oder Behörden erstellte Dokumente als solche infrage (§ 371b ZPO). Daher sollte im Einzelfall geprüft werden, ob die Vernichtung von Papieroriginalen die Beweislage verschlechtern könnte – eine Abwägung zwischen Kosteneinsparung und rechtlichem Risiko. 

Für die gerichtliche Beurteilung ist es jedoch besonders relevant, dass bei elektronischer Aktenführung die inhaltliche und bildliche Übereinstimmung zwischen dem gescannten Beleg und dem Papieroriginal gewährleistet ist. 

Verfahrensdokumentation erstellen

Angesichts immer komplexerer Geschäftsabläufe ist eine Verfahrensdokumentation unerlässlich. Sie trägt maßgeblich zur Einhaltung der GoBD bei und erhöht die Wahrscheinlichkeit der Anerkennung durch die Finanzbehörde. Letztlich sollte die Belegverarbeitung über die gesamte Aufbewahrungsfrist hinweg nachvollziehbar dokumentiert sein. 

Nicht nur die reine Belegablage (inkl. Digitalisierung), sondern auch andere elementare Prozesse sind zu dokumentieren: Rechnungserstellung (Faktura), Rechnungsversand, Zahlungsverkehr, Personalwesen, Wareneinkauf. Darüber hinaus sind die Strukturen des Unternehmens unter Einbeziehung der digitalen Infrastruktur nachzuhalten. Eine Verfahrensdokumentation, die sich ausschließlich auf die Belegablage konzentriert, ist weder sachgerecht noch vollständig. 

Wenn Sie das Ersetzende Scannen, d. h. die Digitalisierung von Papierbelegen mit anschließender Vernichtung des Papiers, praktizieren wollen, muss der Prozess der Digitalisierung ( Einscannens, Archivierung, Weiterverarbeitung) in der Verfahrensdokumentation detailliert beschrieben werden.

Wie verläuft der Digitalisierungsprozess?

  • Identifizierung der buchführungs- und aufzeichnungspflichtigen Belege, die originär in Papierform vorliegen und empfangen werden 
  • Digitalisieren der Belege nach Posteingang: Scan per Scanner / Foto per Smartphone 
  • Im Anschluss an Digitalisierung: Vernichtung der originalen Papierbelege 

Was ist in der Verfahrensdokumentation zu beschreiben? 

  • Ablauf 
  • Verantwortliche Person 
  • Vertretungsregelung 
  • Häufigkeit 
  • Zeitliche Abfolge 
  • Voraussetzungen und zu beachtende Vorgaben 
  • Technische Rahmenbedingungen wie Scanner, Drucker, Software, System, Datensicherheit, Backups und  
  • Datenschutz 

Alle am Verfahren Beteiligten müssen die einmal erstellte Verfahrensdokumentation kennen. Diese muss ihnen jederzeit zugänglich sein. Das tatsächlich durchgeführte Verfahren und die tatsächlich eingerichteten Maßnahmen müssen der Dokumentation entsprechen und regelmäßig sowie unverändert angewendet werden. Wichtig: Änderungen am Verfahren und/oder an den Maßnahmen müssen Sie dokumentieren. 

Elektronische Dokumentenarchivierung: Welche technischen und organisatorischen Voraussetzungen sind zu beachten?

  • Stetige Verfügbarkeit und sofortige Lesbarkeit aller Geschäftsunterlagen innerhalb der gesamten Aufbewahrungsfrist 
  • Schutz vor Fälschung und Verlust: Vernichtung der Originale erst nach vollständiger Datensicherung 
  • Ordnungsgemäße und funktionierende Datensicherung muss gewährleistet sein. 
  • Ordnungsmäßigkeit des Archivierungsprozesses hinsichtlich technischer Ressourcen und Verfahrensdokumentation 
  • Nach Scanvorgang: Weiterbearbeitung nur mit elektronischem Dokument 
  • Komplette Farbwiedergabe bei gescannten Belegen lediglich bei Beweisfunktion (etwa Minusbeträge in Rot, verschiedene Farben bei Zeichnungs-, Sicht- und Bearbeitungsvermerken) 
  • Als Scan kommt jede Möglichkeit zur bildhaften Erfassung in Betracht, z. B. auch Fotografien 
  • Vollständigkeit der gescannten Belege (auch AGBs). 
  • Aussagekräftige, plausible, vollständige Verfahrensdokumentation 

Unsere Einschätzung: Was Sie zu den Aufbewahrungsfristen im Jahr 2025 beachten müssen

Als Unternehmer:in sollten Sie die Archivierungspflichten von Unterlagen kennen. Lassen Sie größtmögliche Sorgfalt walten. In Zweifelsfragen stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite. 

Achten Sie auf diesen Grundsatz: Alle digitalen Belege müssen im Original digital archiviert werden – ein Ausdruck reicht nicht. Legen Sie großen Wert auf Ihre IT sowie auf die Datensicherheit einschließlich regemäßiger Backups. Dokumentieren Sie alle Prozesse, Maßnahmen und Strukturen. Das wird immer wichtiger, und die Finanzbehörde verlangt es. Das lehrt uns die Erfahrung aus vielen Betriebsprüfungen. 

Das ersetzende Scannen ist eine vielversprechende Möglichkeit, um einerseits der Papierflut Herr zu werden und andererseits den Weg der Digitalisierung mit dem Einsatz effizienter Prozesse einzuschlagen. 

Aufbewahrung von Unterlagen: Welche Tipps ergeben sich für den geschäftlichen Alltag?

Auf die Problembereiche des ersetzenden Scannens haben wir Sie  auf aufmerksam gemacht. Unser Vorschlag zur aktuellen gesetzlichen Lage: Scannen Sie Ihre Belege ein, nutzen Sie die Möglichkeiten der digitalen Buchhaltung, z. B.  mit DATEV Unternehmen online, und optimieren Sie Ihre digitalen Prozesse, etwa mit der elektronischen Rechnungsfreigabe. 

Papierbelege archivieren Sie in einer einfachen Ablage. Nehmen Sie sich einen Karton und legen Sie die Papierbelege nach dem Scannen chronologisch nach Eingang ab. Beschriften Sie den Karton („Beleg-Eingang vom … bis zum …“) und stellen Sie diesen in Ihr geschütztes Archiv. 

Urteile, Mahnbescheide und Prozessakten sollten Sie erst nach 30 Jahren vernichten. Das ist die allgemeine Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). 

Ganz persönliche Dokumente und Unterlagen empfiehlt es sich länger, ggf. sogar ein Leben lang aufzubewahren: Zeugnisse, Ausbildungsurkunden, Berufszertifikate, Gutachten und Stellungnahmen von Ärzt:innen, Geburtsurkunden, Heiratsurkunden, Sterbeurkunden, Familienbücher sowie Unterlagen für die Rentenkassen, z. B. auch Gehaltsabrechnungen und Sozialversicherungsunterlagen. Es gilt: In dubio pro Archivierung. 

Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie Fragen haben oder Unterstützung benötigen. Wir helfen gerne dabei, den Status quo zu analysieren. Dann können wir Ihnen Verbesserungspotenziale aufzeigen und zusammen digitale Strukturen aufbauen und bei Ihnen implementieren. Gestalten Sie in Zukunft ihre Prozesse effizienter: Mit digitaler Buchführung und ordnungsgemäßer Dokumentation. Kontaktieren Sie uns, wir freuen uns auf Ihre Anfrage. 

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