
27. Januar 2025
Einheitlicher EU-Rechtsrahmen für innovative Unternehmen: Das “28. Regime”
Die Europäische Kommission arbeitet an der Einführung eines einheitlichen Rechtsrahmens für innovative Unternehmen innerhalb der Europäischen Union. Das Vorhaben trägt den Namen “28. Regime”. Dieses Konzept soll es Unternehmen optional ermöglichen, unter abgestimmten einheitlichen Regeln in der gesamten EU zu operieren, ohne dabei die nationalen Gesetze der Mitgliedstaaten zu ersetzen. Es umfasst wesentliche Bereiche wie Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht, Arbeitsrecht und Steuervorschriften.
Ziele des 28. Regimes
Das Hauptziel des 28. Regimes ist es, bestehende nationale Barrieren im Binnenmarkt abzubauen und Start-ups sowie innovative Unternehmen davon abzuhalten, in die USA oder andere Regionen abzuwandern. Mit einem einheitlichen Markt, der rund 450 Millionen Verbraucher:innen umfasst, soll die Wettbewerbsfähigkeit Europas gestärkt und die Grundlage für eine erfolgreiche technologische Zukunft gelegt werden.
Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, betonte in ihrer Rede beim Weltwirtschaftsforum in Davos die Bedeutung dieses Schrittes. Sie hob hervor, dass das 28. Regime nicht nur die Innovationskraft Europas fördern, sondern auch wesentlich zur Erreichung der Klimaziele beitragen könne.
Was sind “innovative Unternehmen” im Sinne des 28. Regimes?
Im Kontext des 28. Regimes werden als “innovative Unternehmen” insbesondere junge, schnell wachsende Firmen verstanden, die sich durch technologische Neuerungen und kreative Geschäftsmodelle auszeichnen. Solche Unternehmen agieren häufig in Bereichen wie Informationstechnologie, Biotechnologie, erneuerbare Energien und anderen zukunftsorientierten Sektoren.
Das 28. Regime zielt darauf ab, diesen Firmen einen flexiblen und harmonisierten Rechtsrahmen zu bieten, der ihnen die Expansion innerhalb des europäischen Binnenmarkts erleichtert. Dadurch soll Europas Wettbewerbsfähigkeit im globalen Innovationsumfeld gestärkt werden.
Wie soll das “28. Regime” konkret ausgestaltet sein?
Das vorgeschlagene “28. Regime” ist ein optionaler, einheitlicher Rechtsrahmen, der parallel zu den bestehenden nationalen Regelungen der Mitgliedstaaten existieren soll. Unternehmen könnten dadurch die Flexibilität gewinnen, entweder die bestehenden nationalen Regelungen oder das 28. Regime zu wählen, je nachdem, welches Modell ihren Bedürfnissen besser entspricht.
Zu den abgedeckten Bereichen gehören:
- Gesellschaftsrecht: Vereinfachte und einheitliche Regelungen für Unternehmensgründungen und -führung sowie Umwandlungen und Strukturierungen.
- Insolvenzrecht: Harmonisierte Vorgaben, die insbesondere den Schutz von Gläubigern und Sozialkassen berücksichtigen.
- Arbeitsrecht: Einheitliche Standards, die die Mobilität von Arbeitskräften und Unternehmen erleichtern.
- Steuervorschriften: Klare und transparente Vorgaben, die grenzüberschreitende Geschäftsaktivitäten unterstützen.
Ein solcher harmonisierter Rechtsrahmen könnte insbesondere Unternehmen, die in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind, erhebliche Vorteile bieten, wenn administrative Hürden abgebaut und Transaktionskosten reduziert werden.
Umsetzung und Zeitplan
Die Europäische Kommission plant, bis Ende 2025 einen konkreten Vorschlag für das 28. Regime vorzulegen. Nach der Vorlage des Vorschlags wird es intensive Verhandlungen und Abstimmungen zwischen den EU-Institutionen, darunter dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union, geben.
Ein genauer Zeitplan für die vollständige Implementierung des Regimes hängt von diesen legislativen Prozessen ab. Genanntes Ziel ist es jedoch, den neuen Rechtsrahmen so schnell wie möglich in Kraft zu setzen, um Start-ups und innovativen Unternehmen baldigen Zugang zu den Vorteilen eines harmonisierten Binnenmarkts zu bieten.
Chancen und Herausforderungen
Das 28. Regime bietet sowohl Chancen als auch Herausforderungen für Unternehmen in der EU:
- Chancen:
- Erleichterung grenzüberschreitender Tätigkeiten durch harmonisierte Regelungen.
- Abbau von administrativen Hürden und Kosteneinsparungen.
- Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft europäischer Unternehmen.
- Herausforderungen:
- Notwendigkeit einer sorgfältigen Abstimmung mit bestehenden nationalen Rechtsordnungen.
- Möglicher Widerstand einzelner Mitgliedstaaten, die befürchten, dass Unternehmen ihren nationalen Rechtsrahmen verlassen.
Unsere Einschätzung
Das geplante 28. Regime der EU stellt eine bedeutende Initiative dar, um Europas Position als globaler Innovationsstandort zu stärken. Für Unternehmen, die im Binnenmarkt tätig sind, könnte der optionale Rechtsrahmen vielversprechende Perspektiven bieten, würde jedoch gleichwohl eine genaue Analyse der jeweiligen individuellen Vorteile und Herausforderungen erfordern.
Der Plan des 28. Regimes würde zwar eine Regelung schaffen, die es ermöglicht, die Notwendigkeit zu umgehen, dass sich alle 27 EU-Regierungen auf komplexe Finanz-, Rechts- und Steuerreformen einigen müssen, bevor ein europäisches Unternehmen sich grenzüberschreitend auf diese berufen kann. Die Einführung des 28. Regimes erfordert jedoch trotzdem die initiale Zustimmung der EU-Regierungen und des Europäischen Parlaments. Das rechtliche Verfahren könnte daher dauern, und es bleibt ungewiss, ob es erfolgreich abgeschlossen und das 28. Regime anwendbar wird. Ähnliche Vorschläge wurden in der Vergangenheit blockiert. Angesichts der Dringlichkeit, innovative Unternehmen in Europa zu halten, gibt es nun einen erneuten Vorstoß für eine übergreifende Zusammenarbeit in der EU.
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