6. März 2024
Einlagenrückzahlung an stille Gesellschafter:innen unterliegt der Insolvenzanfechtung
Bei der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens besteht die Gefahr, dass Zahlungsleistungen an Gesellschafter:innen angefochten werden können. Das ist schon länger bekannt. Jedoch wurde nun durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom Dezember 2023 auch eine Haftung für den Fall von stillen Gesellschafter:innen bejaht. Welche Auswirkungen dieses Urteil auf das Gesellschaftsrecht hat, lesen Sie hier.
Was ist eine stille Beteiligung von Gesellschafter:innen?
Die stille Beteiligung stellt eine im Handelsgesetzbuch geregelte Art der Unternehmensfinanzierung dar. Grundsätzlich liegt eine stille Beteiligung an einer Gesellschaft vor, wenn der Gesellschafter nicht an der Unternehmensführung beteiligt ist, aber trotzdem Einlagen geleistet hat. Oftmals sind diese Beteiligungen nicht eintragungspflichtig – mit Ausnahme der Aktiengesellschaft.
Eine stille Beteiligung hat einen großen Vorteil: Die stillen Gesellschafter:innen sind am Gewinn des Unternehmens beteiligt, eine Verlustbeteiligung kann jedoch vertraglich ausgeschlossen werden. Dieses Konzept kann für diejenigen Gesellschafter:innen günstiger sein, die nicht namentlich auf der Gesellschafterliste erscheinen möchten. Das liegt daran, dass die stillen Gesellschafter:innen nicht ins Handelsregister eingetragen werden müssen.
Für Gesellschaften ist eine solche Beteiligung ebenfalls attraktiv. Trotz Eigenkapitalgewinnung können keine weiteren kontrollbefugten Akteure mitspielen. Das kann vor allem für Start-up-Unternehmen nützlich sein, da durch diese Vorgehensweise die Flexibilität der Geschäftsführung bewahrt bleibt.
Das Urteil des BGH vom 14.12.2023 zu stillen Gesellschafter:innen
Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom Dezember 2023 die Frage entschieden, ob auch die Einlagen eines stillen Gesellschafters der Insolvenzanfechtung unterliegen.
Ein stiller Gesellschafter einer GmbH & Co. KG hat sich seine Einlagen zu Teilen auszahlen lassen. Als das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, hat der Insolvenzverwalter den beklagten Gesellschafter unter dem Gesichtspunkt der unentgeltlichen Leistung gemäß § 134 InsO auf Rückgewähr der Auszahlungen und Rückzahlungen in Anspruch genommen.
Konkret ging es vor allem darum, ob eine Auszahlung an den stillen Gesellschafter einen Scheingewinn darstellt und somit unentgeltliche Leistungen im Sinne von § 134 InsO darstellt.
Wenn
- an den Anleger rechtsgrundlos gezahlt wird und
- keine gleichwertige Gegenleistung der Gesellschaft gegeben ist,
dann ist, so laut dem BGH, diese Auszahlung nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar.
Der BGH hat dies bejaht und den Beklagten dazu verurteilt, die Zahlungen zurückzuerstatten. Die Gewährung eines Anspruchs auf Rückzahlung einer stillen Beteiligung stelle eine dem Darlehen gleichgestellte Forderung dar.
Folgen für die Praxis von stillen Gesellschafter:innen
Dass die Rückzahlung einer stillen Einlage ein Jahr vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens angefochten werden kann, sollte bei der Beteiligungsentscheidung berücksichtigt werden.
Von diesem Risiko bleiben jedoch diejenigen verschont, die unter das Kleinbeteiligungsprivileg des § 39 Abs. 5 InsO fallen. Hierzu gehören vor allem nicht geschäftsführende Gesellschafter:innen, die nicht mehr als 10 Prozent am Haftkapital der Gesellschaft beteiligt sind. Wer also diese Voraussetzungen erfüllt, kann relativ risikofrei diese Finanzierungsalternative wählen.
Unsere Einschätzung
Durch das Urteil des Bundesgerichtshofs wird deutlich, dass die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger vorliegt, wenn die angefochtene Leistung die Befriedigungsmöglichkeiten der Gläubiger verkürzt, beziehungsweise gefährdet. Daher ist es wichtig, dass stille Gesellschafter:innen vertraglich abgesichert sind für den Fall, dass ein Insolvenzantrag gestellt wird. Falls Sie hierzu Fragen haben, sprechen Sie uns gerne an.