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11. Dezember 2024

UPDATE: Einnahmen-Überschuss-Rechnung: Woran Sie als Unternehmer:in zum Jahreswechsel denken müssen

Kategorien: Steuerberatung

Viele Gewerbetreibende und Freiberufler:innen müssen keine Bilanzen erstellen, sondern können ihren Gewinn im Rahmen der sogenannten Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) ermitteln. Sie sind sogenannte Einnahmen-Überschuss-Rechner. Das betrifft beispielsweise Ärzt:innen, Physiotherapeut:innen oder Rechtsanwält:innen. Lesen Sie hier, woran Sie als Selbstständige bzw. Selbstständiger beim Jahreswechsel denken müssen, wenn Sie zu dieser Gruppe gehören.

Wer darf eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellen?

In § 4 Abs. 3 EStG ist geregelt, dass folgende Steuerpflichtige ihren Gewinn anhand einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellen dürfen:

  • Steuerpflichtige, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen
    und
  • Steuerpflichtige, die auch (freiwillig) keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen

Sofern ein Unternehmen nicht beispielsweise schon aufgrund seiner Rechtsform zur Bilanzierung verpflichtet ist, kann es eine EÜR erstellen. Solche Rechtsformen können unter anderem Kapitalgesellschaften, einige Personengesellschaften, eingetragene:r Kauffrau/-mann und so weiter sein. Weitere Voraussetzung für Gewerbetreibende ist allerdings, dass folgende Grenzen nicht überschritten werden:

  • Umsatz weniger 800.000 Euro (vorher 600.000 Euro) und 
  • Gewinn weniger 80.000 Euro (vorher 60.000 Euro) 

Diese Grenzen wurden zum 1. Januar 2024 angehoben. 

Freiberufler:innen (wie beispielsweise Ärzt:innen, Physiotherapeut:innen oder Rechtsanwält:innen) können – unabhängig von einer möglichen Überschreitung dieser Grenzen – eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellen. Sie sind generell von der Bilanzierungspflicht ausgenommen, können aber freiwillig bilanzieren.

Was ist eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung?

Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist eine vereinfachte Art der Gewinnberechnung für Kleinbetriebe und Freiberufler:innen. Die Gewinnermittlung erfolgt hierbei durch Gegenüberstellung von Betriebseinnahmen und -ausgaben. Maßgebend ist hier der Zeitpunkt des tatsächlichen Zu- und Abflusses der Betriebseinnahmen beziehungsweise -ausgaben. Es gilt das Sogenannte „Zufluss- / Abfluss-Prinzip“. Auf den Zeitpunkt der wirtschaftlichen Zugehörigkeit kommt es hierbei nicht an. Hier noch einmal im Detail:

Betriebseinnahmen
-Betriebsausgaben
——————————
= Gewinn oder Verlust

10-Tagesfrist ist zum Jahreswechsel beachten

Abweichend von diesem „Zufluss-/Abfluss-Prinzip“ ist die sogenannte „10-Tages-Regelung“ zu beachten. Diese ist in § 11 Abs. 1 Satz 2 und § 11 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG geregelt. Demnach sind Einnahmen und Ausgaben – abweichend vom Zeitpunkt des tatsächlichen Zahlungsein- oder -ausgangs – im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zu erfassen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Es handelt sich um wiederkehrende Einnahmen oder Ausgaben, die beispielsweise aufgrund eines Vertragsverhältnisses bestehen. Also beispielsweise Mieten, Telefonkosten, Versicherungsbeiträge und Ähnliches.
  • Der Zahlungsein- oder -ausgang erfolgt innerhalb von zehn Tagen vor oder nach dem Ende des Kalenderjahres. Also zwischen dem 22. Dezember und dem 10. Januar.

Umsatzsteuervorauszahlungen, Umsatzsteuererstattungen und Lohnsteuerzahlungen am Jahresende

Zu den regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen zählen auch die monatlichen beziehungsweise vierteljährlichen Umsatzsteuer-Vorauszahlungen (nicht aber die Umsatzsteuer-Jahreszahlung oder -erstattung!) sowie die Lohnsteuerzahlungen.

Die Umsatzsteuervoraus- und Lohnsteuerzahlung für den Monat Dezember ist jeweils grundsätzlich am 10. Januar fällig. Bei Vorliegen einer Dauerfristverlängerung ist die Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat November am 10. Januar fällig. Somit liegt die Fälligkeit grundsätzlich innerhalb des 10-Tages-Zeitraums. Sofern die Zahlung auch innerhalb des 10-Tages-Zeitraums erfolgt, ist die Zahlung – ungeachtet vom tatsächlichen Zahlungsabfluss im Folgejahr – im Vorjahr zu berücksichtigen.

Allerdings ist zu beachten, dass die Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung und Lohnsteuerzahlung für Dezember 2024 auf den 10. Januar 2025 fällt, was ein Freitag ist. Somit liegt die Fälligkeit innerhalb des 10-Tages-Zeitraums.  

Wenn dem Finanzamt ein SEPA-Lastschriftmandat vorliegt und das Konto des bzw. der Steuerpflichtigen eine ausreichende Deckung aufweist, gilt die Zahlung bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit als geleistet. Das gilt auch, wenn das Finanzamt den Betrag tatsächlich erst außerhalb des 10-Tages-Zeitraums abbucht.

Verlängerung der Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlungen und Lohnsteuerzahlungen

Fällt die Fälligkeit einer Umsatzsteuervorauszahlung oder Lohnsteuerzahlung auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, verlängert sich der Zeitpunkt der Fälligkeit automatisch auf den nächsten Werktag, der dann automatisch außerhalb des 10-Tages-Zeitraums liegt (§ 108 Abs. 3 AO).

Vorsteuerabzug bereits im Zeitpunkt des Vorliegens der Rechnung

Der Vorsteuerabzug kennt allerdings keine 10-Tages-Regelung!
Bei Eingangsrechnungen, die bereits im Vorjahr beim Steuerpflichtigen eingehen, und die erst im Folgejahr bezahlt werden, ist der Vorsteuerabzug bereits im alten Jahr gegeben und muss auch dort im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung beziehungsweise Umsatzsteuererklärung zwingend geltend gemacht werden. Das gilt ungeachtet des tatsächlichen Zahlungsabflusses.

Praxishinweis 

Das im Beitrag erwähnte Verfahren beim Bundesfinanzhof (Az. VIII R 25/20) wurde inzwischen entschieden. Der BFH hat mit Urteil vom 16.02.2022 entschieden, dass es für die Anwendung der 10-Tages-Regelung ausreicht, wenn die Zahlung innerhalb des 10-Tages-Zeitraums erfolgt. Der Fälligkeitszeitpunkt ist nicht maßgebend.  

Unsere Einschätzung

Die Anhebung der Grenzen für die EÜR stellt eine weitere Erleichterung für Kleinbetriebe  dar. Mehr Unternehmen können nun von dieser vereinfachten Form der Gewinnermittlung profitieren, was Zeit und Kosten spart. 

Trotz der Vereinfachungen bleiben die Regelungen zum Jahreswechsel komplex. Es ist weiterhin wichtig, die korrekte zeitliche Zuordnung von Umsatzsteuervorauszahlungen und Lohnsteuerzahlungen zu beachten, um Fehler bei der steuerlichen Berücksichtigung zu vermeiden. 

Die Entscheidung des BFH zur 10-Tages-Regelung bringt mehr Klarheit und Flexibilität für Steuerpflichtige. Es ist nun sicher, dass allein der Zahlungszeitpunkt innerhalb des 10-Tages-Zeitraums für die Anwendung der Regelung ausschlaggebend ist. 

Angesichts der stetigen Änderungen im Steuerrecht empfiehlt es sich, regelmäßig Rücksprache mit einem Steuerberater zu halten, um alle Vorteile der EÜR optimal zu nutzen und potenzielle Fallstricke zu vermeiden. Wenden Sie sich bei Fragen an unsere Steuerberaterin Stefanie Anders. 

Kontaktformular

Stefanie Anders

Partnerin und Steuerberaterin

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